Pharus: Pharus - 6.1915, Halbjahrband 1

Pharus - 6.1915, Halbjahrband 1 (6)

Bibliographic data

Periodical

Persistent identifier:: 100317230X

Title:: Pharus

Subtitle:: katholische Monatsschrift für Orientierung in der gesamten Pädagogik

Document type:: Periodical

Publisher:: Auer

Publication year:: 1910

Place of publication:: Donauwörth

Language:: German

Collection:: Religionspädagogische Zeitschriften

ZDB-Nummer:: 2557049-3

Access restriction:: OPENACCESS

Periodical volume

Persistent identifier:: 100317230X_11

Title:: Pharus - 6.1915, Halbjahrband 1

Document type:: Periodical volume

Publisher:: Auer

Publication year:: 1915

Collection:: Religionspädagogische Zeitschriften

Access restriction:: OPENACCESS

Periodical issue

Title:: H. 4

Document type:: Periodical

Structure type:: Periodical issue

Collection:: Religionspädagogische Zeitschriften

Access restriction:: OPENACCESS

Article

Title:: Luis

Subtitle:: Roman ; [Fortsetzung]

Author:: Lhande, Pierre

Translator:: Schlesinger, Coloman

Person in original:: von Pierre Lhande. Autorisierte Uebersetzung von C. Schlesinger

Document type:: Periodical

Structure type:: Article

Collection:: Religionspädagogische Zeitschriften

Link zum Katalog:: 100317230X-11-1373664089077-70

Access restriction:: OPENACCESS

Eine vorzügliche Taktik, wie sie wohl in keinem Lehrbuche aufgezeichnet ist; denn das Herz allein, und zwar nur ein besonders gefühlvolles Herz, kennt deren Gesetze. Solche reine und bevorzugte Seelen wie Jose-Jesus haben ihre eigene stumme Sprache. In ihren Blicken, in ihrer Haltung, in ihrem Lächeln, in ihrem ganzen Benehmen liegt etwas merkwürdig Gewinnendes und Bezauberndes. Es ist. als ob eine eigene Würde, Hoheit und Erhabenheit von ihnen ausströme, und man fühlt sich schon besser, wenn man noch kaum in ihren Schatten getreten ist. In der Tat nahm Luis' schroffe Wildheit unter dem kaum merklichen Einflüsse des Waisenknaben nach und nach ab. In seine sonst so kalten und bitteren Blicke kam ab und zu ein milderer Zug. Auf seinem Pult stand nicht mehr die Abbildung jener Soldaten des Hochländer-Regimentes, sondern das Bild der schmerzhaften Gottesmutter, die Kopie eines hübschen Madonna-Bildes zu Granada, das ihm Jose-Jesus geschenkt hatte. Gegen seinen Präfekten zeigte er sich nicht mehr so stolz und hochmütig wie sonst. Ein- oder zweimal sprach er sich auch mit P. O'Leary offener aus über das, was ihn drückte, freute oder über irgendein gutes Vorhaben. ?. Herbert benützte jeden dieser schwachen, zaghaften Versuche, um den Knaben vorwärts zu bringen. Er hörte ihm willig zu, bestärkte ihn, oft ermunterte er ihn gleich oder doch später zu einem weiteren Schritte auf dem Wege der Besserung. Nach seiner Ansicht konnte die Erziehung des Willens bei einem Kinde überhaupt nur etappenweise erfolgen. Er besaß die Gabe, den Fortschritt seiner Zöglinge nach den Schwierigkeiten und Hindernissen zu beurteilen und zu bemessen. Er führte sie nie gleich zwei Stufen höher, bevor noch die erste Stufe erreicht war, und er begnügte sich nicht mit der ersten Stufe des Fortschrittes, wenn die zweite schon einmal erstiegen war. Er ließ kein Erschlaffen des Willens zu, sondern gab ihm stets Gelegenheit, seine Festigkeit neu zu erproben, aber auch keine Entmuti gung, indem er keine zu hohe Anforderung stellte. Diese Erziehungsmethode hatte er aus seiner eigenen frühesten Erziehung geschöpft. Er hielt auch für die sittliche Erziehung jene kraftvolle Trainierung für nützlich, wie sie für die körperliche Erziehung in den englischen Unterrichtsanstalten üblich ist. Er betrieb die Willensbildung der Zöglinge ebenso klassenweise, wie er selbst von Klasse zu Klasse bei den Sportübungen aufgestiegen war bis zur Meisterschaft des trefflichen, unüberwindlichen Führers in allen Sportspielen. Gerade dieses schon an und für sich gediegene System war so recht geeignet für den armen, stets sich selbst überlassenen Luis. Sein Wille hatte schließlich noch weniger gelitten als sein Herz. Er war immerhin eine entschlossene, feste, männliche Natur. Dieser Wille mußte nur von edleren Triebfedern in Bewegung gesetzt werden; statt von Genußsucht und Stolz von dem ihm bisher ganz unbekannt gebliebenen lebendigen Pflichtgefühl. Als er sich einmal recht zusammengenommen hatte, sagte ihm P. Herbert: „Luis, ich bin recht zufrieden mit deinen Noten im Betragen. Du wirst mir ver sprechen, es nächste Woche auch so zu machen ... Gibst du mir dein Wort darauf? ... Das genügt mir, denn ich weiß, du wirst es halten." Der Präfekt drang bei seinen Zöglingen besonders auf Beharrlichkeit. Die fiel nun Luis gerade besonders schwer. Aber P. Herbert half ihm auch beständig mit ermunternden Blicken und Worten: „Nur zu, Luis! Es muß gehen! Noch diese Woche!"

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