Full text: Zeitschrift für Philosophie und Pädagogik - 15.1908 (15)

6. Leitgätze zur Refqrm des Religiongunterrichts im ungeren Schulen 3927 
 
der allgemeinen Fortbildungsschule in der Regel als unerreichbares Tdeal 
betrachtet zu werden pflegt, ist gleichwohl mit der letzteren ernstlich zu 
erstreben. 
6. Leitgätze zur Reform des Religiongunterrichts in 
unseren Schulen?) 
Grundlinien eines neuen Lehrplans 
Von W. Rein in Jena 
»Der Mensch muß viel Religion haben, 
da der gewöhnliche theologische Unterricht 
Sie biSher noch nicht ganz auszurotten ver- 
mochte. « Jean Paul 
A. Kritik des bisherigen Religionsunterrichts. 
Der Religiongunterricht bleibt vielfach ohne Kinfluß auf die geistige 
und Sittliche Entwicklung ungerer Jugend, weil er an Schweren Mängeln 
leidet. Zu ihnen rechnen wir folgende : 
1. Der Religiongunterricht bewegt gsich in den Bahnen einer Kirch- 
lichen Dogmatik, die mit den religiöSen Überzeugungen vieler ungerer 
Familien nicht mehr übereinsümmt. Sie gind dem Neu-Protesftantismus 
zugeneigt, der die wisgengchaftlichen Krrungenschaften der freien modernen 
Theologie in gich aufgenommen hat, während der Religionsunterricht in 
den Bahnen des alten kirchlichen Dogmenglaubens gich bewegt, Von 
diesem Zwiespalt muß der Religionsunterricht befreit werden, wenn er 
wirkungsvoll werden 8011. 
2. Auch der Lehrer befindet gich vielfach im Gegengatz zum vor- 
gegehriebenen Kirchenglauben und kann deghalb nur mit innerem Wider- 
Streben den Unterricht erteilen. Wo aber die Wärme des Herzens fehlt, 
kann keime Wirkung auf das Gemüt der Jugend erwartet werden. Der 
Lehrer mnß von diegem inneren Zwiespalt, der Seine Freudigkeit lähmt, 
befreit werden, wenn Sein Religiongunterricht wirksam werden Soll. 
3. Die Krrungengchaften der neueren Psychologie und Didaktik fanden 
ebenso wie die der neueren Theologie auf den Religiongnnterricht nur aus- 
nahmsweise Anwendung. Er bewegt glich in alten, ausgefahrenen Gleigen. 
Dazu rechnen wir: 
a) Die Anordnung des Lehbrstoffes nach konzentrischen Kreigen; 
b) Die Überfülle des Lehrstoffes (didaktigcher Materialismug) ; 
6) Die Verfrühung der Lehrstoffe (Verbalismug); 
d) Die Verwendung des Katechigmus im Schulunterricht; 
e) Die allzugroße Stundenzahl; ?) 
!) Biehe die »Stimmen zur Reform des Religiongunterrichts«, I. Heft, Preis 
75 Pf. I1 Heft, Preis 80 Pf. Langensalza, Verlag von Hermann Beyer & Söhne 
(Beyer & Mann). Verner die Aufsätze von Prof. Dr. Thrändorf in der Zeitchrift 
für Phil. u. Päd. 
?) »vehr wichtig ist auf dem gegenwärtigen Punkt der geschichtlichen Ent- 
wicklung, daß in der Schale durch ein recht begonnenes Maßhalten mit dem Reli-
	        
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