Full text: Anzeiger für die neueste pädagogische Literatur - 33.1904 (33)

ſondern nach der Art der vor 
handenen Tonverbindung, und dieſe im violin- 
techniſchen Sinne zu über 
ſehen, dazu gehört viel Übung, der aber die Be- 
[ehrung im Sinne Kirſtens vorausgehen muß. Wir wünſchten ſein Büchlein, 
welches als Supplement zu jeder Schule gebraucht werden kann, von reht 
vielen Violinlehrern benußt zu ſehen. 
Der>s, E., Kgl. Muſikdirektor, Kurze Geſanglehre. (Sonder- 
abdrud aus Liederbuch für mittlere und höhere Mädchen- 
ſchulen und Lehrerinnenſeminare.) Breslau 1904. Max 
Woywod. 50 Pf. 
Der Verfaſſer ordnet jeinen Stoff in 4 Abſchnitte, von denen Abſchnitt I 
jich mit den Vorübungen zur Tonleiter (Tetrachord) , Abſchnitt 11 mit der 
- Tonleiter ſelbſt und Abſchnitt III mit den üblichen Transpoſitionen beſaßt, 
während Ubſchnitt IV die Molltonleiter behandelt. Eingeſtreut in dieſen 
melodiſchen Gang iſt ein Zyklus von rhythmiſchen, dynamiſchen und ſtimm- 
bildneriſhen Übungen, wie au< die Ausſprache von vornherein eine gründ- 
liche Beachtung erfährt. Daß die Übungen, die von Abſchnitt II1 ab viel- 
fach auch dem mehrſtimmigen Geſange dienen, faſt dur<weg von guter 
muſikaliſcher Faſſung ſind, möge nicht unerwähnt bleiben. Was unz3 an 
dem Ganzen nicht gefällt, iſt die offenbare Vernachläſſigung des harmo- 
niſ<en Elementes gegenüber dem rein melodiſchen. E38 gilt das be- 
jonders von Abſchnitt I und Il, in welchen der Verfaſſer zwar jedes einzelne 
der ſogenannten Grundintervalle ſorgfältigſt zu üben weiß -- au<h die 
Septime, ſo ſelten ſie vorkommt, wird den Kindern niht geſ<henkt -- in 
denen man aber vergeblich ſjucht na<h einer Akkordverbindung, etwa nach 
dem bekannten Muſter von I, IV, V, wie ſolches im Volköliede jo häufig 
zur Anwendung gelangt. Auch die Behandlung der Tonarten nach Se- 
funden -- Cdur -- D dur -- Gdur -- Fdur -- Adur -- Bdur uff. 
== läßt auf ein Vorwalten des melodiſhen Gedankenz, wahrj<heinlich ver- 
mijht mit Rücſichten auf Stimmbildung, ſchließen, für die wir un3 im 
gegenwärtigen Falle nicht zu begeiſtern vermöcten. Gewiß iſt das Ein- 
fingen in die Tonleiter und ihre Intervallverhältniſſe niht zu unterſchäten, 
aber das andere iſt niht minder wichtig. Das Eine tun, ohne das Andere 
zu laſſen -- da38 wird wohl auch hier das Richtige jein, -- Vielleicht ge- 
langen andere dur< die Lektüre des Büchleins zu einem anderen, dur<aus 
zuſtimmenden Urteile. Es ſei zu dieſem Zwecke der Beachtung jahverſtändiger 
Kreiſe gern empfohlen. | 
Fichtner, Otto, Methodiſche Übungen für den Geſang- 
unterricht. Leipzig 1903. Dürrſche Buchhandlung. 20 Pf. 
Wa3 der Der>si<en Methode zum Vorwurfe gemacht werden mußte, 
die Vernachläſſigung des harmoniſchen Elementes, davon hält ji der Ver- 
ſaſſer der gegenwärtigen Übungen glü&lih frei. Er benutzt vielmehr den 
Akkord als Grundlage für den ganzen melodiſchen Teil des Tonſyſtems, 
indem er die Tonleiter auf denſelben aufbaut. Das läßt fich gewiß ver- 
teidigen, wennſchon das gegenteilige Verſahren durchaus nicht zu verurteilen 
iſt, jofern die Harmonie im Verlaufe des Unterrichtes nur überhaupt zu 
ihrem Rechte gelangt, und das nicht erſt nach Jahren. Im übrigen fällt 
bei Fichtner ein merkwürdig langſamer Gang in bezug auf die Einführung 
der Notenſchrift ein. So erfahren die Kinder bis zum Ende des 5. Schul- 
jahres nichts von der Exiſtenz der Verſezungszeichen. (Soll bis dahin ohne 
ieden leiterfremden Ton gefungen werden?) G dur kommt erſt im 6. Schul- 
jahr an die Reihe, D dur, Adur und Ydur glüdli im 7., das ganze 8. 
Schuljahr wird ausgefüllt dur< Übungen in Moll und in der Chromatik, 
B dur und Es dur fallen bemnadh ganz aus -- das iſt ein Plan, für den 
Herr Fichtner gewiß ſeine Gründe gehabt hat, die aber nicht jeder billigen 
wird. Eine derartige Verſchleppung der Belehrung über ſo wichtige und 
naheliegende Dinge iſt unmöglich gut zu heißen, am allerwenigſten für 
Stadtj<hulen, die ſic do< gewiß ohne Shaden einer etwas ichnelleren Gang= 
art beſleißigen können. Daß der Verfaſſer in anderen Stü&en, ſo beſonders 
au<g was die Rhythmik anbelangt, ungleich rüjtiger ausj<hreitet, foll gern 
anerfannt jein. Auch ſei ausdrülich bemerkt, daß gegen die Anwendung 
der Zahlennote für den Anfangsunterriht nichts einzuwenden iſt. Zu dem 
oben angeregten Punkte aber bleibt allerdings zu wünſchen, daß nicht alles 
was „Lernen“ heißt auf die ſpäteren Schuljahre verſhoben wird. Andern- 
fall3 kann, wie man ſieht, ſelbſt für das Notwendigſte ſ<ließlich die Zeit 
zu knapp werden. -- Auch bezüglich der Fichtnerſhen Übungen möchten wir 
bitten, möglichſt ſelbſt zu prüfen. Erwägt man, wie verſ|hiedenartig die 
Anjichten über Geſangmethodik ſind, ſo iſt die Möglichkeit, daß einer gerade 
an dem Gefallen findet, was einem anderen Bedenken macht, durchau3 
niht ausgeſchlojſſen. Sofern da3 für Herrn Fichtner Erfolg bedeutet, würden 
„. wir uns desſelben nur freuen. 
Müller, Arthur, Vierſtimmige Geſänge für höhere Lehr- 
anſtalten. Unter beſonderer Berücfſichtigung des Umfanges 
und der Leiſtungsfähigkeit jugendlicher Stimmen. Berlin- 
Lichterfelde. Friedrich Vieweg. 1 M. 20 Pf. 
Die Sammlung bringt inſofern etwas Neues, al3 das Arrangement der 
Lieder ſo beſchaffen iſt, daß es eine zweifa<e Ausführung zuläßt, nämlich 
entweder für 2 Soprane, Alt und Bariton, oder für Sopran, Alt, Tenor 
und Bariton. Ein eigentlicher Baß fehlt alſo ganz, weil nac< der Meinung 
des Herausgebers tiefe Bäſſe unter den jugendlichen Sängern an Gymnaſien uſw. 
in der Regel nicht zu haben ſind. Das mag ſtimmen, mehr noch aber 
laborieren die betreffenden Anſtalten am Tenormangel. Inſofern dürfte ſich 
die Arbeit des Herausgeber3 doppelt nüßlich erweiſen. Daß die Lieder tat- 
jächlich dem angegebenen Zwee entſprechend eingerichtet ſind, kann mit 
gutem Gewiſſen beſiätigt werden. Da auch die Auswahl eine gediegene iſt, 
19 dürfte der weiteren Verbreitung der Sammlung nichts im Wege ſtehen. -- 
Meinhardt, E. L, Schulliederbuch, neu bearbeitet und mit 
einen! Anhange von Übungöbeiſpielen für das Gehör- und 
 
66 
| 
 
Notenſfingen verſehen von P. Hoffmann. 3. Aufl. Heft 2. 
Oberſtufe. Halle a. S. 1904. Richard Mühlmann. 40 Pf. 
Das Liederbuch ſte>t fich für den methodiſchen Teil offenbar ein ſehr 
beſcheidenes Ziel, und das wird für viele Verhältniſſe gut ſein, Als 
Sammlung hat es bereits jein Publikum und bedarf alſo keiner weiteren - 
Empfehlung. 
Bartmuß, Richard, Vierzehnleicht ausführbare Motetten 
für gemiſchte Kir<hen<öre. Leipzig 1904. Gebr. Hug 
& Comp. 1 M. netto, zehn Exemplare 7 M. 50 Pf. 
Feſtmotetten hätte der Komponiſt ſein Opus nennen können, denn ſie 
ſind lediglich auf die <riſtlichen Feſte bere<hnet, und das iſt kein Fehler, 
denn für dieſen Zwe> wird am meiſten kirhliche Chormuſik gebraucht. Daß 
der Herausgeber, als feiner Muſiker, wirkungs- bezw. ſtimmungs3voll zu 
ſchreiben vermag, iſt bekannt, Nicht jo ſehr, daß er auch im Stande iſt, be- 
ſheideneren Verhältniſſen Rechnung zu tragen. In den 14 Motetten hat er es 
wirklich getan. Sind ſie auch nicht gerade leicht, ſo enthalten ſie doch 
nirgends Schwierigkeiten, denen ein Chor von mittlerer Güte nicht zu be- 
gegnen vermöhte. Im Verhältniſſe zu der Wirkung, die ſie machen, jind 
jie wirklich nicht jHhwierig. Wir können das Opus nur empfehlen. 
Schindler, Heinrich, Liederbuch, enthaltend 53 au3ge- 
wählte Lieder. 11. Aufl. Korneuburg 1903. I. K. Buch- 
druckerei-Genoſjenſchaft in Korneuburg. 36 vu. 
Urſprünglich für öſterreihiſ<e Sculverhältniſſe beſtimmt, könnte dieſe 
Sammlung jehr wohl auc< anderweit Verwendung finden. Es würden in 
dieſem Falle nur die erſten 3 Lieder zu ſtreichen ſein. Die übrigen ſind 
allgemeinen Inhaltes. Kann empfohlen werden. 
Kluth, E., Direktor der Höheren Mädchenſchule zu Guben, 
Taſc<henliederbuc<h für Mädc<henſ<ulen, enth. 200 Lieder, 
Sing- und Jugendſpiele für Ausflüge von Sc<ulklaſſen. 
Guben, Albert König. 
Eine ſehr reichhaltige, für viele Zweke verwendbare, dabei handlich ein 
gerichtete Sammlung von Gedichten, zu denen die Kompoſitionen zumeiſt 
als bekannt vorauszuſetzen ſind. Das Büchlein wird gute Dienſte tun und 
gern gekauft werden. 
Deutſc<er Sang. Liederbuch für die turnende Sculjugend. 
Herausgegeben von der Turnvereinigung Berliner Lehrer. 
2. verm. Aufl. Berlin 1903. Weidmannſche Buchhandlung. 
10 Pf. 
Ein dem vorigen ähnliches Werk<en, nur von geringerem Umfange und 
dementſprechend billig. Sehr am Plazze iſt der dem Bändchen beigefügte 
Nachweis über die Liederjammlungen, in denen die Melodien zu den Texten 
zu finden ſind Bei Bedarf ſehr zu empfehlen. ' 
Opus 6. Nr. 1. 
Boyde, Karl, Zwei Weihnachtz3lieder. 
a Stunde“, für Violine, Sopran und Klavier bezw. 
Orgel. 1 M. Nr. 2. „Zitternder Glo>enſ<hall“, für Sopran 
und Klavier. Leipzig. Carl Merſeburger. 75 Pf. - 
Die beiden Weihnachtzlieder empfehlen fich durch „gute muſikaliſche 
Eigenſchaften, beſonders durch eine eindru>svolle Melodit, die durch ge- 
wählte Harmonik und reizvolle Rhythmik (Nr. 2) wirkſam unterſtüßt wird. 
Wir möchten dem zweiten Liede in jeder Beziehung den Vorzug geben. 
Nr. 1 hat in dem gleichnamigen Liede von Albert Beer eine jiarke Kon- 
turrenz. Dabei iſt freilich nicht zu überſehen, daß die von Boyde intentio- 
nierte Violinbegleitung für den Erfolg ſeines Liedes möglicherweiſe von 
Belang werden kann. Da die beiden Lieder auch den Vorzug ſinniger und 
wortſchöner Texte genießen, jo kann ihnen und ihrem muſitalijchen Urheber 
wohl mit ziemlicher Zuverſicht ein fröhliches „GlüEX auf“ mit auf den Weg 
gegeben werden. 
Wenger, Julius, Opus 27. Von Weihnacht zu Weih- 
nacht. Melodram in 2 Teilen. Chorpartitur, ſowie Klavier- 
oder Harmoniumbegleitung. 1 M. 20 Pf. Jede Stimme 
20 Pf. Textbuch 40 Pf. Stuttgart. Albert Auer. 
Die der Kompoſition zugrunde liegende, nach einer Novelle von Elſe 
May vom Komponiſten bearbeitete Dichtung iſt zwar nach Form und In- 
halt durc<aus anſpruchslos, aber, da ſie auf den Grundton <hriſtlicher Liebe 
abgeſtimmt iſt, gerade für die Weihnachtözeit außerordentlich pajjend, der 
muſikaliſche Teil beſteht aus einer kurzen Inſjtrumentaleinleitung, einigen 
ebenjolchen Säßen, die al3 Begleitung dienen, jowie aus verſchiedenen 
Chören. Letztere ſind zumeiſt bekannte Choräle und Volk8- bezw. Weih- 
nachtslieder. Um das Stü möglichſt vieljeitig verwendbar zu machen, 
ſind die Chöre in vierfacher Satzweije „gegeben, nämlich für „Gemiſchten 
Chor, Männerc<or und drei: und zweiſtimmigen Kinder- oder Frauenchor. 
Nimmt man dazu, daß ſchlicßlich auch durchweg einjtimmiger Geſang, 
ja auch eine Aufführung ganz ohne Geſang, aljo nur für Deklamation und 
Klavier oder Harmonium denkbar wäre, ſo eröffnet das dem Werkc<hen 
allerdings einen Wirkungskreis von ungewöhnlichem Umfange. Der Kom- 
poniſt rechnet aber auch nicht nur auf Gejangvereine aller Arten, jondern 
auch auf Kirchen, Schulen, Haus und Familie ujw. Am beſten paſſend dürfte 
e3 aber doH für die liebe Jugend ſein, und von dieſer dargeboten, verden . 
auch die Alten an dem ſtimmungsvollen StüFe herzliche Freude haben. Sei 
dasſelbe, als in jedem Betrachte leicht ausführbar, allſeitiger Beachtung 
beſtens empfohlen. M, YV. 
 
 
 
 
 
 
Verantwortlicher Schriftleiter : Dir. Dr. M. Jahn, Leipzig, Frankf. Str 22. Druc und Verlag von Julius Klinkhardt in Leipzig und Wien.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.