Full text: Zeitschrift für Kinderforschung - 26.1921 (26)

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B. Mitteilungen. 
1. Das Taubstummenwsesoen in Thüringen. 
In Thüringen überließ man bis etwa Mitte des vorigen Jahrhunderts 
die Taubstnmmen ihrem Schicksal. Ds wurden, veranlaßt durch Männer, 
die im Geiste Pestalozzis wirkten, auch für Sie Taubstummenschulen 1835 
in Coburg, 1843 in Hildburghaugen, 1847 in Schleiz und 1858 in Weimar 
gegründet, Während die beiden Angtalten in Hildburghausgen und Schleiz 
mit dem Lehrergeminar verbunden waren, wurde diejenige in Weimar 
Sogleich gelbständig gemacht. In Schleiz wurde die Verbindung mit dem 
Seminar bald, in Hildburghausen erst Ostern vy. J. gelöst. Infolge der 
Kleinstaaterei war aber nicht nur die Organigation der vorhandenen Taub- 
Stummensgchulen verschieden, Sondern es herrschte überhaupt in der Yür- 
Sorge für die Tanbstummen in den einzelnen Staaten Thüringens die größte 
Vergehiedenheit. Meiningen, Weimar, Reuß hatten eigene Schulen, Gotha 
brachte geine taubstummen Kinder nach Coburg, infolge eines Zerwürf- 
nigges mit dem Brudergtaat im letzten Jahrzehnt aber nach Brfurt, Kinige 
Kinder von Schwarzburg- Rudolstadt wurden nach Hildburghaugen, andere 
nach Schleiz gebracht, wieder andere erhielten gar keinen gachkundigen 
Unterricht, Wie und wieweit Altenburg und Schwarzburg-Sonderghaugen 
für ihre taubstummen Kinder gegorgt haben, entzieht Sich ungerer Kenntnis. 
Nach dem Zusammengehluß der Gliedstaaten zu einem Bundesstaat ist die 
Vereinheitlichung des Taubstummenbildungswegens und eine einheitliche 
Vortentwicklung deggelben dringendes Bedürfnis. 
Der Verein der Thüringieschen Taubstummenlehrer erstrebt nun diese 
Vereinheitlichung und hat der Staatsregierung eine Denkschrift über diege 
Frage eingereicht, aus der wir folgendes als die Kernpunkte geiner Be- 
SchlüsSse auch hier mitteilen wollen. 
Da in Thüringen immer noch Taubstumme ohne eine ihrer Bigenart 
angepaßte Ausbildung anfwachsen, erklärt der Verein thüringischer Taub- 
Stummenlehrer die Sofortige Einführung des in den Preistaaten Weimar, 
Meiningen und Gotha bestehenden Schulzwanges für Taubstumme 
auch in den übrigen thüringischen Gliedstaaten für unbedingt erforderlich. 
Bs wird empfohlen, Solange nicht für Thüringen ein einheitliches 
Volksschulgesetz und damit in Verbindung einheitlich gesetzliche Be- 
Stimmungen betreffs FVürgorge für gehörleidende und S8prach- 
gebrechliche Kinder gescbaffen 8ind, Solange das Schulzwangsgegetz 
für Taubstumme von Sachsen, Meiningen oder Weimar auf die in Frage 
kommenden Gliedstaaten zu übertragen. 
Es ist dringend notwendig, daß alle taubstummen Kinder in Thüringen 
Schon von Ostern nächsten Jahres ab dles Segens eines Sachkundigen Unter- 
richts teilhaftig werden. 
Um einen Überblick darüber zu erhalten, wieviele Solcher Kinder in 
den Staaten, in denen kein Schulzwang eingeführt iSt, vorhanden gind,
	        
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