Schmizlein: Die S0ogenannten Schulpredigten des 16., 17. und 18. Jahrhunderts. 31
Jäggen und also nur gelegentlich gehalten wurden. Von diegen Schul-
predigten ist auch eine ziemliche Anzahl gedruckt worden, 80 daß wir
Schließlich über die Entwicklung dieser Einrichtung, über die Art der
Predigten und ihren Inhalt aus dieger „Schulpredigtliteratur“ ein deutliches
Bild gewinnen und erkennen, welche Stellung gie in der Gegcehichte der
Erziehung einnehmen. Ks erscheint darum ein näheres Eingehen auf diegse
'Schulpredigten nicht unangebracht, zumal ihnen, Soviel ich Sehe, bis jetzt
keine begondere Beachtung geschenkt worden ist.!)
Es mögen zuerst einige Angaben gemacht werden über Erwähnung
Solcher Schulpredigten in Kirchen- und Schulordnungen.*) Schon die Kur-
SächgiSche Instruktion für die Visitatoren (1528) verlangt, daß die Prediger
die Leute ermahnen Sollen, ihre Kinder zur Schule zu gchicken. Ähnliche
Bestimmungen enthält die Clevische Kirchenordnung 1533; die Straß-
burger bestimmt,*) daß jährlich vier gemeine „Kinderberichte“* ab-
gehalten werden Sollen; an dem jeweils vorhergehenden Sonntag wird eine -
Predigt über die Kinderzucht gehalten. Die Prediger haben die Litern
zu güter Erziehung ihrer Kinder und Fürgorge für die Schulen zu ermahnen
nach der HessiSchen Ordnung vom Jahre 1537, der Wittenberger Reformation
von 1545, der WaldeckSchen Kirchenodnung 1556; die Nordhauser Schul-
ordnung von 15833) schreibt vor, die Pfarrer Sollen die Schulen ins Kirchen-
gebet eingchließen, in der Beichte Bürger, Obrigkeit und Schulmeister an
ihre Schulpflichten erinnern und Sie auffordern, arme Schüler zu unter-
Stützen. Endlich befehlen einige Kirchenordnungen, daß die Pfarrer Jähr-
lich ein- oder mehrmal besondere Predigten zu diegem Zweck halten, Sich
al80 nicht bloß auf gelegentliche Mahnungen beschränken, 80 die 8Schon
genannte Straßburger Kirchenordnung von 1534, dann die Württembergische
Schulordnung von 1559; Sie bestimmt :*) „die Geistlichen haben mindestens
zweimal im Jahr Schulpredigten zu halten. In diegen werden Sie die
Eltern ermahnen, die Kinder fleißig zur Schule zu Schicken, nicht zu nach-
Sichtig gegen Sie zu Sein, auch nicht zu leicht ihnen zu glauben, wenn
Sie über ihre Lehrer klagen“. Schließlich wurden für diese Schulpredigten
begondere Tage bestimmt, 80 in Straßburg der Osterdienstag; wo ein Schul-
fest gefeiert wurde, war dessgen Tag eigentlich gelbstverständlich der ge-
eignetste Zeitpunkt, darum bestimmt die Nordhauger Schulordnung 1583,
"daß am Gregoriusfest der Pfarrer an St. Nicolai eine begondere Predigt
zu halten hat; auch in Annaberg fand Solche Predigt am Gregoriusfest
Statt;") in Leipzig wurden am Sonntag vor dem Gregorinusfest die Bürger
1) Kine kurze Erwähnung findet Sich in K. A. Schmids Enzyklopädie d.
g68, Hrz.- und Unterrichtswesens 8, S. 121 im Artikel „Schulleben“.
27) Vgl. auch Mertz, S. 50f.
8) Mertz S8. 478.
4) Im „Kinderbericht“ werden die Artikel des Glaubens, das Vaterunger
und die zehn Gebote aufs kürzeste erklärt.
7 Mertz 8. 619f.
6) Württemberg S8. 526. |
7) Vgl. Bartusch: Mitt. d. Ges. I. dtsche. Erz. u. Schulgesch. 7, S. 249.