Full text: Zeitschrift für Geschichte der Erziehung und des Unterrichts - 5.1915 (5)

Schnizlein: Die 8ogenannten Schulpredigten des 16., 17. und 18. Jahrhunderts. 33 
 
nötigen Erust von der Sache gehandelt hätten. Dieger Vorwurf wurde 
übrigens auch anderswo erhoben; 80 Schreibt im J. 1568 der Doctor Theo- 
logiae und Professor zu Lauingen J. FV. Coelestinus in Seinem Büchlein 
„Von Schulen“ (€ 4 v, 5r): man finde wenige, „die da in der Kirchen 
auff der Cantzel der Schulen vil gedächten, dieselben Commendiereten vnd 
Jjre zuhörer vermaneten, das gie jre kinder zu den Schulen vnd Christlichen 
Studiis halten, gewehnen vnd aufferziehen wollten . . . Oder da gleich 
etliche Prediger der Schulen bißweilen gedenken, geschieht es doch wol 
in einem ganzen Jar kaum einmal vnnd dazu fein oblique, gelinde vnd 
obenhin, das jederman merckt, daß es jhnen ein Schlechter ernst Sein muß.“ 
Die hohe Meinung, die man von einem heilsamen Einfluß der Mah- 
nungen der Geistlichkeit auf die Hebung der Schulen hatte, hat nun in 
der Tat dazu geführt, daß in den protestantischen Ländern und Städten 
diese Schulpredigten zu einer Ständigen Kinrichtung wurden.?) Das 
oben 8S. 25/8 gebotene Literaturverzeichnis läßt dies deutlich erkennen. 
Man muß natürlich auch annehmen, daß wohl nur der kleinste "Veil der 
wirklich gehaltenen Schulpredigten dem Druck übergeben wurde; auch 
würde Sich wohl noch eine Weitere Anzahl gedruckter Predigten nach- 
weisen lassen: hierin Vollständigkeit zu erreichen ist dem Einzelnen gewiß 
unmöglich. | 
Wie lange der Brauch der Schulpredigten Sich gehalten hat, vermag 
ich leider nicht anzugeben; für die erste Hälfte des 18. Jh. Sind Sie noch 
bezeugt, Ja, in Aurich Sind Sie nach einer Angabe Bertrams erst 1733 
eingeführt worden; da wo man das Gregorinsfest und ähnliche Schnlfeste 
beging, mögen gie wohl ebensolange in Übung gewesgen Sein, als das Schul- 
fest Sich erhielt. Von Sogenannten „Kinderpredigten“, in denen den Kindern | 
eine einfache, ihrer Fassungskraft angepaßte Erläuterung des Katechismus 
in Predigtform oder eine Ausglegung 80nn- und feiertäglicher Evangelien 
und Kpisteln gegeben wurde, Sind diese „Schulpredigten“ nach Form und 
Inhalt Sowie nach dem Hörerkreis, an den Sie Sich wenden, völlig zu trennen; 
ebensowenig Sind Sie mit Schulpredigten zu vergleichen, wie Sie RegSewitz*) 
in Kloster Berge bielt. Auch. Predigten über „Kinderzucht“ oder Hr- 
ziehung der Kinder gind hier nicht einschlägig; bei manchen könnte freilich 
der Titel verführen, wie bei L. Cullmann, „Kinder-Predig, Was der Eltern 
- vnd Kinder ampt 8ey (Nürnberg 1588), oder P. Jenisch, Zehn Predigten 
von der Kinderzucht (1605?); GC. HF. Duttenhofer, Predigten über die Er- 
ziehung der Kinder (Stuttgard 1778), die nur die religiöge und Sittliche 
Unterweisung behandeln, dagegen von der Schule und dem Unterricht in ihr 
1) Über etwas Ähnliches in England, Predigten, die zu London bei. der 
Versammlung der christ]. Gegellschaft „for erecting charity-schools“ Jährlich 
gehalten wurden, s. J. H. Kirchhof, Juristische Abhandlung von dem, was die 
Rechte bey Erziehung der Kinder erfordern. Hamburg 1745. 8. 27/8. Von 
katholischen Predigten Sind mir nur einige des württembergischen Hoſkaplans 
Joh. Bart, Baumann (1779--1781 in Stuttgart gehalten) bekannt geworden. 
Doch gind es keine eigentlichen „Schulpredigten“. 
2) Vgl. E. Schöbel, Die päd. Bestrebungen v. F. G. Regewitz. Leipziger 
Diss. 1912. 8.8, 26. . . 
Zeitschr. f. Gesch. d. Erziebg. 1. d. Unterrichts. YV. 1. 1915, | 3
	        
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