Full text: Zeitschrift für Geschichte der Erziehung und des Unterrichts - 5.1915 (5)

74 Mitteilungen d. „Gegellsch. f. deutsche Brziehgs.- u. Schulgeschichte“. 
 
Wenn ich hier im Auftrag der Bayerngruppe unserer Gegellschaft 
dem Andenken des in voller Manneskraft aus ungerer Mitte Geschiedenen 
einige Worte der Krinnernng widme, 80 muß ich die Freiheit erbitten, 
zuerst den Verguch einer Schilderung des fast überreichen wtrebens zu 
machen, das Sein Leben erſüllte; erst 80 erhalten die zwei Starken Bände 
der „Monumenta Germaniae Paecdagogica“, die er geschaffen, ibre rechte 
Stelle in Seinem Lebenswerk. Geboren war Karl Reißinger im J. 1871 
zu Beerbach bei Krlangen, wo Sein Vater als Pfarrer wirkte; Lateinschule 
und Gymnasium beguchte er zu Windsbach und Bayreuth (dorthin war Sein 
Vater inzwischen versetzt worden), die Universitätsstudien machte er in 
Krlangen und Aünchen. Kr hat in München den Unterricht von 16. Wölfflin, 
W. Christ und R. Schöll genossen, die damals, alle noch in voller Frische, als 
eine hochangeSchene Philologentrias wirkten; aber die Stärksten Anregungen 
hat er doch in Krlangen, das für ihn auch durch die Mitgliedschaft bei der 
„ÜUttenruthia“ die wahre alma mater war, empfangen; insbegondere trat 
er in ein enges Schülerverhältnis zu 1“. Heerdegen, aus dem Später eine 
herzliche Vreundschaft ZzwiSchen dem älteren und dem Jüngeren Manne 
geworden ist. Die philologische Korrektheit, die alles auszeichnet, Was 
aus Seiner Feder floß, und die ramentlich auch Seiner Arbeit ſür die 
Schulgeschichie zugute gekommen ist, hat er Sich wohl nicht zuletzt in 
Neerdegens Schule angeeignet; auch die PWähigkeit, große Stoffmengen 
übersichtlich zu behandeln, konnte er bei den von Heerdegen besonders 
gepflegten SemasSiologischen Studien entwickeln. 1893 bestand er unter 
den Krsten das Staatsexamen, 1893 besuchte er das neugesSchaffene 
pädagogische Seminar am Krlanger Gymnasium, wo er durch die ausge- 
zeichnet praktische Art von Cb. Schöner stark gefördert wurde; dann 
ſolgte der übliche, ziemlich wechgelreiche „Cnrsus honorum“ durch links- 
und rechtsrheinische bayerische Gymnagien: Landau in der Pfalz, München 
(Maximiliansgymnasium), Speyer, wieder München (Realgymnagium, dann 
Maximiliansgymnasium), Ansbach, wohin er 1908 als Gymnagialprofessor 
ernannt wurde, ohne ſreilich die Stellung dort anzutreten, zuletzt Krlangen, 
an dessgen Gymnasium er im nämlichen Jahre vergetzt worden ist. Aber 
dieses bewegte Berufsleben wurde noch Sehr viel wechselvoller durch die 
Reisen, die er im Zusammenbhang mit besonderen Studien ausführte. Im 
J. 1897 hatte er als klassischer Philologe in Krlangen den Doktortitel 
erworben mit der Disgertation „Über Bedeutung und Verwendung der 
Praepositionen ob und propter“ (der I. "Teil Disgeration und zugleich 
Landauer Gymnasialprogramm 1897, der 11. 1900 Gymnagialprogramm 
Yon Speyer, --- zuSammen über 9 Bogen); die tüchtige Arbeit brachte ihm 
außer der dauernden Wertschätzung der Mitarbeiter auf dem Gebiet der 
bhistoriSchen Krforschung der lateinisSchen Sprache noch das bayerische 
archäologische Reisestipendium ein, in dessgen Genuß er 1900/1 Italien, 
'Punis, Griechenland, Teile der Türkei bereiste, --- gewiß das tiefstgreifende 
Krlebnis für Seine wissenschaftliche Weiterentwicklung und innerlich eine 
um 50 reichere Kpoche, als die Vahrt nach dem Süden in ihrem ergten
	        
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