Full text: Zeitschrift für Geschichte der Erziehung und des Unterrichts - 17.-19.1929 (17 bis 19)

6 Kluge: Der Humanismus des 16. Jh. in Seinen Bezieh. z. Kirche u. Schule. 
 
Studien ungehindert ihren Zwecken dienstbar machen. Und diese 
Studien passen Sich -- im Unterschied zu dem religiös indifferenten, 
ja feindseligen Humanismus in Italien -- der Religionsbewegung in 
dem Maße an, daß sie gerade eine neue Regsamkeit auf den Gebieten 
der Theologie und des kirchlichen Lebens erwecken. Davon u. S. 24. 
Bei fortschreitender Entwicklung macht man aber die Beobachtung, 
daß innerhalb der Geschichte der geistigen Bewegungen die Einbeziehung 
verwandter Kulturkreise, die von den im Kulturgemeingchalten lebenden 
Völkern gleichzeitig erlebt werden, zur Notwendigkeit wird. Die 
historische Vergleichung läßt auch bei Ausschluß des Kulturzusammen- 
hangs und der geistigen Wechselwirkung gleichartige Kntwicklungs- 
formen innerhalb jedes Kulturkreises beobachten?). Diese Analogie 
zwiSchen dem Gang Jedes Kulturablaufs kann Systematizch nur durch 
eine Zusammenarbeit mehrerer Disziplinen untersgucht werden. Im 
vorliegenden Vall wird außer nach der Sprachwisgenschaft, die dem 
Humanismus das Mittel Seiner Gegenständlichkeit ist, nach der Wissen- 
Schaft und Kunst überhaupt gefragt werden mügsen, in der die Bildung 
der Zeit ihren Ausdruck hatte. Sodann berührt Sich der Humanismus 
aufs innigste mit der Religion, Sofern die Richtung des menschlichen 
Bewußtseins und Gefühls auf das Göttliche dorch den Stand der 
Geisteskultur wesentlich bestimmt wird; er streift die Gegellschaft und 
das Volkstum, den Inbegriff Seelisch-kultureller, nicht wesentlich be- 
wußter Gemeinsgamkeiten, insofern Seine Kultur die Gestaltung an- 
nehmen oder ablehnen mußte, die durch die Worte bezeichnet wird. 
Br Selbst ist eine Gemeinschaftserscheimnung, eim Strukturbegriff des 
Sozialen Lebens, dessen Vorm durch Staat: und Obrigkeit bestimmt 
wird: in Schule, Hochschule, Kirche. Ich beanspruche also den Begriff 
Humanismus in doppelter Bedeutung: 1) als die Einwirkung der 
antiken Kultur auf die Völker des europäischen Kulturkreiges und 
2) als ein Bildungsideal und emen EKrziehungsfaktor. Beide Vormen 
hängen eng zusammen, denn ein Kulturgut wird immer zur Objekti- 
vation und zum Weiterbestand der Vermittlung an andere bedürfen 
-- das Mittel hierfür Sind die Gelehrtenschulen und die durch zie 
Hindurchgegangenen --, und andergeits ist die Kxistenz einer Bildungs- 
idee immer Ausdruck des Zusammenhangs, den ein Zeitalter mit den 
Schöpftern und "Prägern dieser Idee unterhält. Ich betrachte den Humanis- 
mus nach diesen beiden Seiten als Kulturfaktor und als Bildungsproblem. 
Die Untersuchung stützt Sich ausschließlich auf ein ausgedehntes 
Quellenstudium, in erster Linie reden die Origimale. Die Autoren- 
lektüre hat ja nicht den Zweck, für eime irgendwo Schon eimmal 
ausgesprochene Meinung einen neuen Beleg zu finden, gondern den, 
1) Über das „Denken in Kulturen“ vgl. meine Besprechung des Berg- 
Schen Buches „Der Einfluß d, Neuhumanismus auf d. höh. Schulwesen in 
Cleve-Mark“ in der Zs. f. Gegsch, d, Erz. u. d. Unt. 16 (1928), 8. 199-202. 8. 199.
	        
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