112 Szelenyi über Finäczy: Geschichte der Erziehung.
trifft, wenn er nachweist, daß die von Rousseau gepriegene „natürliche“
Erziehung sgehr oft unnatürlich und andergeits kulturfeindlich igt. Nach
der kurzen Behandlung der Revolution folgt etwas verspätet der
Pietismus (A. H. Francke), aber damit ist zugleich der beste Übergang
zur deutschen Aufklärung gewonnen, deren Schilderung mit Rochow,
J. Velbiger und den Philanthropisten wieder zu den bestgeschriebenen
Abschnitten des Buches gehört. In Verbindung mit dem Neuhumanismus
bekommen wir nicht nur eine prächtige Schilderung dieger Richtung,
Sondern auch eine Zeichnung ihres Verhältnisges zu“ Realigmus und
Philanthropismus. Bs folgen knappe, aber wertvolle Würdigungen von
Schiller, Herder, W. Humboldt, Goethe -- wie in diegem Buch über-
haupt von Deutschland begonders viel die Rede ist. Wieder ein Glanz-
punkt des Werkes isb dann das Kapitel über J. H. PestalozziL Auch
hier hält Sich der geinen Gegenstand immer gouverän beherrschende
Vf. von jeder Übertreibung fern, die geit P. Natorp gerade inbezug
auf Pestalozzi Sehr oft zu merken ist. Er bemerkt, daß Pestalozzis
Lehrmethode Sehr mechanigch war und daß man einen formellen und
einen materiellen Unterricht, wie er wollte, nicht unterscheiden kann.
Aber drei Wahrheiten ind es, die Pestalozzi für die Methodik festgestellt
hat: 1. Daß Jeder Unterricht der Natur des Kindes folgen, d. h. be-
Jauschen muß, wie es Kenntnisse erwirbt. - 2. Unterricht ohne Selbst-
tätigkeit des Kindes ist unmöglich. 3. Die dritte Wahrheit endlich ist
die Lückenlosigkeit. Die größte Bedeutung Pestalozzis aber liegt auch
nach PF. in Seiner aufopfernden pädagogischen Pergönlichkeit.
Im letzten Teil finden wir -- wie erwähnt --- eine Geschichte
der ungarischen Prziehung und zwar in der prägnanten Bedeutung des
Wortes: also nicht eine Geschichte der pädagogischen Theorien, wie
in den bigherigen Abschnitten, denn Solche gibt es in Ungarn im 17.
„und 18. Jh. noch nicht. Dieger Teil ergänzt in mancher Beziehung
das dankenswerte Werk M. v. Kärmaäns „Ungarisches Bildungswegen“
(Budapest 1915), welches das ungarische Bildungswesen im Rahmen west-
europäischer Kulturbestrebungen von den ältesten Zeiten bis 1848 in
großen Zügen entwickelt.
Zusammentasgend können wir gagen, daß auch dieger 4. Band aich
würdig den früheren anreiht und eine geistesgeschichtliche Leistung
ersten Ranges darstellt, welche verdienen würde, auch in deutscher
Sprache veröffentlicht zu werden. Bis dies geschehen kann, mögen
Sich die Leger unserer Zeitschrift mit diegem kurzen Augzug begnügen.
Budapest. Kdmund von Szelenyi.
Druek von 8, Buchbinder (H, Duske) G. m. b. IHH., Neuruppin.