Full text: Zeitschrift für Geschichte der Erziehung und des Unterrichts - 17.-19.1929 (17 bis 19)

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8 Kluge: Der Humanismus des 16. Jh, in seinen Bezieh. z. Kirche u. Schule. 
 
Büchermachens, der industriellen Intelligenz, 80 beschwört er den Geist 
des Altertums und tastet dem Ineinanderspielen von Gegenwart und 
Vergangenheit nach. Allerdings Steht neben dieger Bindringlichkeit 
geiner Belehrung die Hingeitigkeit, fast Bigenginnigkeit geiner Dogmatik, 
das berufsmäßige Besserwisgen. Man kann gagen: er wußte alles, was 
er Schließlich als reite Frucht eimer tieſdringenden und umſfassenden 
Denkerarbeit hervorbrachte, Schon von vornherein. Fine Entwicklung 
iSt in Seinen Schriften nicht wahrzunehmen; es ist, als habe gein Geist 
die ehernen eindeutigen Linien Seiner geliebten antiken Vorbilder nach- 
gezeichnet, die Sein Charakter nun Statuarisch widerspiegelt. Er 1ist 
einer der fertigsten Menschen -- wie alle geborenen Magister. Auch 
hierin eine prononzierte Individualität. 
Ich will im folgenden 80 wenig das Schulprogramm des „Normal- 
rektors“ -- mit einem Rankeschen Ausdruck -- und „Stundenplan- 
künstlers“, wie ihn Paulsen nennt, aufrollen wie die pädagogischen 
Angichten der andern Humanisten, die das Werk enthält oder deren 
Sonderschriften mir vorlagen?), darlegen, Sondern aus den EKinzelzügen 
ein Gegamtbild des humanistischen Bildungswegens entwerfen, -- wie man 
denn den Humanismus heute anders als vor 50 Jahren nur noch als Gesamt- 
erscheinung im Querschnitt belrachten kann. Diegem Zweck haben die 
von mir benutzten Schriften noch nicht gedient. Sie enthalten unendlich 
mehr als das, was die Zeit in Schul- und Erziehungsfragen mitzuteilen 
für nötig hielt; Sie Sind Ausdruck und Abbild der gegamten Kultur- 
atmosphäre, alles dessen, was mit Sprache, Bildung, Lebens- und 
Weltanschauung und Religion zugammenhängt. Dies ist nicht allzuviel, 
denn die Zeit war eng, und die Menschen standen unter ihrem Zwang. 
Durch ihre Hornbrillen gehen gie aut ihre Antiquiertheit herab, kindliche 
Weise, die ihre Weigheit in Traktätchen zu verhökein guchen, Produkte 
Sozialer Gegebenheiten oder ahasverische Menschentypen, wie gie Uun- 
abhängig von Zeit und Umwelt aus dem Zwang individueller Figen- 
Schaften entstehen. Man lernt eins daraus: den Humanismus -- 
humanistisch aufzufassgen, als ein Ding sui generis, ein Gleichnis Seimer 
Selbst, Schlicht und natürlich, der Wisgenschaft zum Dank, die jedes 
Problem -- wenn auch nur, um dem Geist gein Incognito zu wahren -- 
1) Ich nenne die wichtigsten. Der 1. Band der Institutio wird aus- 
Schließlich von Sturm bestritten. Der 2. Band gruppiert sich um die Städte, 
die damals Bildungszentren waren, und enthält in geinem ersten Teil Reden 
mehrerer Professoren an Sturms Straßburger Akademie, darunter M, Bogceh, 
M. Junius, V. Erythraeus, in geinem zweiten Teil (hier mit 2b bezeichnet, weil 
die Seitenzählung neu anfängt) Abhandlungen des Hier. Wolf-Augsburg, 
J. Rivius-Meißen, G. Praetorius-Magdeburg und Reden bei Eröffnung der hohen 
Schule in Altdorf bei Nürnberg. Im 3, Band kommen etwa ein Dutzend 
Gelehrte zu Wort, darunter J. Garcaeus, P. Eber, V. Strigel, P. Vincentius, 
St. Prätorius, J. Grunius, L. Dick. Für die übrigen Namen verweise ich 
auf die Abkürzungen. Von den klassischen Humanisten Sind herangezogen 
R. Agricola (+ 1485), Erasmus (+ 1536), Stellen aus dem Briefwechsel des 
€. Mutian (+ 1526) und J. Reuchlin (+4- 1522); auch finden gelegentlich 
Hinweise auf die Reformatoren statt.
	        
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