Full text: Zeitschrift für Geschichte der Erziehung und des Unterrichts - 17.-19.1929 (17 bis 19)

16 Kluge: Der Humanismusg des 16. Jh. in Seinen Bezieh. z. Kirche u. Schule. 
 
Mittlerschaft Christi, Sakramente, Logik, Physik, Ethik, Astronomie). 
Der Redner beruft gich hierfür auf die Erzählung in des Jogephus 
„Antiquitates“ Lib. 1, Cap. 4, wo Adam oder geine Söhne ail dies auf 
zwei Tafeln aufzeichnen, die Sie aus Ziegeln und Steinen verfertigen, 
um Sie vor der Sündflut zu. retten. So geht es durch die ganze heilige 
Geschichte wie durch ein Raritätenkabinett, über die römischen Kaisger 
und Karl den Großen zur Gegenwart mit dem Ziel, nachzuweisen 
„magistratus officium esse gcholas excitare . . . ut Saint piletatis offi- 
cinae“. Noch möchte ich erwähnen, daß der gelehrte Setzer in einem 
Vorwort „ad pium lectorem“, das er dem Bericht über die Einweihungs- 
feier zu Altdorf vorausschickt, Sich ebenfalls das Thema getzt: die 
Schulgründungen sind im öffentlichen Interesse*). 
Es hat den Angehein, als ob die Humanisten Sich nicht allzuviel 
aus dem Staat und geinen leitenden Organen machten. Mag das eine 
Krbschaft des italienisgchen Humanismus gein, der auch mit kommu- 
nistischen Ideen spielte und nach F. Nietzsches Worten die Mißachtung 
der Autoritäten im Programm hatte*?), mag es im Wegen des Humanis- 
mus liegen, das völkerverbindend und weltumfassend und darum dem 
Staat imnerlich abgewandt ist. A. Bragadenus, ein venezianischer 
Patrizier, der die eigentümlich ilalienischen Elemente der autochthonen 
Renaissance zeigt, stellt Betrachtungen an über den Wechsel der 
politischen Theorien und Anschauungen von Umfang und Wirkung des 
Staats und schreibt?): „Kine wesgentliche Hilfe verschatft gich der 
1) Dasselbe bei Eber, P., Oratio de doctrina phygica. Witeb. 1550. 
Bl]. 7% u. Förster, J., Dictionarium hePraicum novum. Bagileae 1557. 9 Bl., 
912 S. 4" [Ex.: Berlin, Staats-B.) BI. 72%. Die Spur dieser Wunderlichkeit 
läßt Sich noch weiter verfolgen. Z. B. lehrte FP. Patritius (+ 1597 als Professor 
der Philogophie in Rom), daß Noah, als er aus der Arche ging, alle Weisheit 
niedergeschrieben und chaldäischen Priestern anvertraut habe. Carrierg, M., 
D. philos. Weltanschauung d. Reformationszeit. 2. Aufl. Leipzig 1887. 8. 54. 
Im 3. Dialog des L. Hebraeus (1460 -- ca. 1530) leiten die jüdischen Astro- 
logen die Kabbala samt vielen göttlichen und menschlichen Lehren von 
der mündlichen Überlieferung Adams ber. Vgl. Zimmels, B., Leo Hebraeus, 
ein jüdischer Philosoph der Renaissance. Breslau 1886. 3. 73. -- „Hebraicas 
literas ab Adam protoplasto nostro parente posteris relictas facile accipimus, 
cum et omnibus creatis nomina indiderit.“ Reisch Bl. 2». -- Die Praefatio des 
1. Bandes der Institutio sagt: Der erste Philosoph und Astrolog war Adam. 
Durch geine Benennung aller Dinge hat er keine geringen Kenntnisse be- 
wiegen. Aus demsgelben Grund ist er auch der erste Dialektiker (Institutio 2, 
S. 110). -- Burdach S8. 171 gieht in diesem „Adamkult“ den Drang nach dem 
menschlichen Urgrund. „Der Urmensch, wie ihn die kirchliche Anschauung 
nach bibl. Darstellung geformt hatte, erhielt eine neue Rolle, und die um 
Ihn gesponnenen Vorstellungen werden Yührer zum. Humanitätsideal.“ Hrst 
in Solchem Zusgammenhang versteht man die Adam-Laudatio des Pico von 
Mirandola und die bildende Kunst Michel Angelos. -- *) Institutio 2b, 
S. 1-12. -- 8) „Mengehliches Allzumenschliches“. Leipzig 1899. 8. 224. 
Vgl. Troeltsch 8. 534. -- *) Bragadenus 53. 40. Der Kosmopolitiamns der 
Renaisgance bei Burckhardt S8. 102; des Humanismus bei Kämme), H. J., 
Gesch. des deutschen Schulwesens. Leipzig 1882. 3. 325. Die geltsame unsoziale 
und inhumane Angicht der ital. Humanisten über die infimi homines, ihre 
Klassifizierung und Verwendung („ad bellum utiles“) wird später untersgucht. 
Bine Soziologie des Humanismus ist noch nicht gegschrieben.
	        
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