8 11. Teil: Literarische Rundschau. 1. Abschnitt: Eingehende Besprechungen.
vor aller Erfahrung vorhanden, aber es ist real zugleich ein AposSteriori, ingofern
es doch nur in der Erfahrung und mit jeder Erfahrung uns zum Bewuſstsein zu
kommen vermag.
Wie nun der Verſasser den Raum- und Zeitbegriff ausführlich entwickelt --
er unterscheidet einen metaphysisSchen, pSychologisSchen und empirisch-intuitiven
Raum -- und die Notwendigkeit des Kaugalitätsgesetzes für unger Denken in dem
Naturgegetz der Seele nachweist, muſs hier übergangen werden.
Kbeuso würde es über den Rahmen dieger Besprechung hinausgehen, dar-
zulegen, in welcher Weise das pSychologische Naturgesetz auf die Gebiete der
Psychologie, der Logik und der Sprachwisgenschaft angewandt wird, und wie es
zugleich Kriterien bietet für die Festlegung des Unterschiedes von Mensch und
Pier, von Mann und Weib, von Wissenschaft und Knyst.
Es kam uns hier nur darauf an, die Hanuptgedanken des grundlegenden
metaphysiSchen wie die- Prinzipien des aufbauenden "Peils kurz anzudeuten, um
dadurch das Interesse weiterer Kreise auf dieses Werk hinzulenken, das eingehend
Studiert und. als Ganzes erfaſst Sein will, um recht verstanden und gewürdigt zu
werden. Und als Ganzes iSt es eine Sehr beachtenswerte Erschemung, da es mit
dem Gedanken einer Weiterbildung der Kantischen Lehre Ernst macht und in dem
„Naturgesetz der Seele“ und der Art, wie dasselbe begründet und angewandt wird.
eine wirklich neue, mit grofsem Scharfsinn und Streng logischer Gebundenheit
entwickelte Hypothese bietet.
Als einer Neuerscheinung auf erkenntnistheoretischem Gebiete Sollte ihm
vor allem auch die Aufmerksamkeit der Lehrerwelt zu teil werden, und dies um
«0 mehr, als der Verfasser --- gleich Herbart und Lotze -- durch die Annahme
ciner Seele dem ersten Erfordernis einer für die Schule brauchbaren Auffassung
entspricht und in Seinem der intellektualistiSchen Lehre Herbarts entgegengesetzten
Voluntarismus -- ähnlich wie Wundt und andere -- eine Richtung vertritt, welche
mehr und mehr an Boden gewinnt und auch nicht ohne Einfluſs auf die Schule
bleiben kann. Es ist höchst interessant, wie hier nicht nur der Zusammenhang in
Fühlen, Erkennen, Wollen, Empfinden und Begehren in einem geistigen Mechanis-
mus auf der Grundlage der Willenstheorie anschaulich dargelegt, Sondern zugleich
auch gezeigt wird, wie der Satz bezw. das Urteil dadurch entsteht, daſs die geistigen
Gleichgewichtspunkte des Erkennens und Empfindens durch einen Willengakt ver-
bunden werden und immer erneut mit naturgegetzlicher Notwendigkeit verbunden
werden müssen.
Was das Buch dem aulserhalb des engeren Kreises der FachphiloSophen
Stehenden noch ganz besonders Schätzenswert macht, ist eine eingehende Analyse
der erkenntnistheoretischen Gedanken ICants, die zum Verständnis der Ausführungen
wegentlich beiträgt und zugleich in die. Lehre Kants tiefer einzuführen geeignet
izt. Der Verſasser muſste Sich Ja mit Kant auseinandersetzen und daher vor
allem dessen Lehre gründlich kennen. Er hat Sich aber auch eine ebenso tietf-
gehende wie umfasSsende Kenntnis der Kantliteratur angeeignet, was Ihm in den
Stand Setzt, die verschiedensten Angichten über umstrittene Punkte der Kantischen
Philosophie heranzuziehen und kritisch zu beleuchten. Und wenn er dabei häufig
genug in die Lage kommt, Kant gegen Interpretationen in Schutz zu nehmen, die
auch nach unserm Dafürhalten dem vinne der Kantischen Ausführungen nicht
gerecht werden, So wird er andererSeits ireilich Selbst diesem Yorwurf nicht immer
vanz entgehen, So z. B., wenn er voraussetzt, Kant habe unter Raum und Zeit
fertig im Geiste liegende, nicht aber funktionelle Formen verstanden. Indessen
Solehe Verschiedenheiten der Auffassung kommen. begonders wenn Sie, wie im an-