M. Enderlin: Experimentelle Didaktik. 59
lichen, allgemein verbindlichen Prinzipien und Methoden. Daran hat es uns bisher
immer gefehlt. Deghalb wäre zu wüngchen, daſs Lays „Experimentelle Didaktak“
die Wirkung hätte, hier in Zukunft eine Änderung herbeizuführen. Also auf ans
Werk! Es gilt, „die Didaktik vom Ssterilen Flugsande, gebildet durch rohen
Empirismus, blindgläubige Dogmatik, müſsige Spekulation, unbefugte Generalisation,
rechthaberische Dialektik, auf den fruchtbaren Ackerboden der wisgenschaft-
lichen, experimentellen Forschungsmethode zu verpflanzen, zu gleicher Zeit der
überwuchernden Oberflächlichkeit, der kritiklosen Kritik, den spitzfindigen Kün-
Steleien, dem niedrigen Drill ein Ende zu bereiten und die Kräfte für die experi-
mentelle Forschungsmethode . . . frei zu machen“ (VIIL).
„Die Pädagogen mit moderner Lebensanschauung im edeln Sinn des Wortes
Sind der pädagogisch-dogmatischen Behauptungen Satt, und die Methodiker wollen
nicht mehr von den Brogamen leben, die von dem "TTiSche der Philosophie und
der theoretischen Psychologie herabfallen. Sie Sehnen Sich nach Mitteln, um zur
Gewiſgheit zu kommen, um den didaktischen Schein von der Wahrheit zu unter-
Scheiden und zu trennen; Sie erstreben die Didaktik als Wiggenschaſft“ (691).
Allerdings wird die Didaktik ja wohl nicht ausschlieſslich und restlos auf
experimenteller Bagsis zu errichten Sein, auch nicht, wenn man wie Lay das ver-
Standen haben will, Beobachtung, Massenprüfung, Statistik usw. mit einbezieht.
Es wird immer Fragen genug geben, welche die Didaktik für Sich allein memals
zu lögen imstande sgein wird und bezüglich deren gsie Sich der Mithilfe des Anthro-
pologen, Anatomen, PhySiologen und Hygienikers vergichern muſs. Bine Solche
Frage wäre z. B. die nach dem pSychologiSchen Bedürfnis für gewisse Stoffe auf
den verschiedenen Altersstufen, die im Interesse eines vernünftigen Lehrplans
einer dringenden Lösgung bedarf, namentlich, weil mir Scheint, dals gerade in
dieser Beziehnng heutzutage noch viel zu viel gesündigt wird. Man denke nur
an den Rechenunterricht. Kine andere Frage wäre die nach der psycho-physischen
Kapazität für einen Stoff d. bh. nach dem höchst zulässigen Maſs von Stoff und
Übung, welche man dem Kinde im äuſsersten Valle angedeihen lassen darf,
wenn man nicht dysproportionale Verhältnisse in der Gehirnentwickelung an-
bahnen will.
Das alles aber hindert nicht, vorderhand mindestens die Bearbeitung der-
jenigen didaktiSchen Fragen in Angriff zu nehmen, die durch Beobachtung,
Massenprüfnung, Statistikk und Kxperiment zu lösen Sind, und das Sind weitaus die
meisten. Und vielleicht wird dann auch eintreffen, was Lay 8. 688 8agt, und
wovon wir wünschen, daſs es als Wirkung SgSeines vortrefflichen Werkes, auf
dessen Studium kein Pädagoge verzichten kann, Sich bald bewahrheiten möchte:
„Im allgemeinen ist wohl auf keinem anderen Gebiete die Kritik kritikloser
als auf dem der Pädagogik. Das didaktisch-psychologische Experiment wird auch
hier eine heilgame Änderung herbeiführen. Man wird nicht mehr Meinung gegen
Meinung stellen -- jede läſst Sich philogophiSch und psychologisch und durch Be-
rufung auf „gute Erfahrungen“ bemänteln; von jetzt an wird es heifsen: Experi-
mente können nur durch Experimente widerlegt werden. Jüs iSt auch zu hoffen,
dals man bald nicht mehr von der Methodik dieses oder Jenes Mannes Sprechen
wird als einem individuellen System von Gedanken, Sondern von der Didaktik
als einer Wissenschaft --- Wissenschaft als Aufgabe oder 1Ldee gefaſst
nan Neues leicht und friedlich eingliedern kann.“
*
, der