Full text: Pädagogisches Jahrbuch - 1.1903(1904) (1)

Bin Beitrag zur Grundlegung der Ethik. 63: 
 
gegenüber dem Fühlen; Gefallen und Miſsfallen Sind keine Merkmale der Gefühle, 
„wir erleben in ihnen ausschlieſslich Lust oder Unlust“. Gefallen und Miſsfallen 
Sind die ursprünglichsten Willengregungen. Wunsgch und Gefallen hängen zu- 
Sammen: „Soweit das Gefallen ungesäbtigt iSt, wird gewünscht.“ Ebenso knüpft 
Sich das Widerstreben an gattes Miſsfallen. Gefallen und Miſsfallen gind die 
eigentlichen Akte der wollenden Person, Widerstreben und Wünszchen aber 
Spielt die Rolle zuständlicher Erregungen. 
Daraus ergibt Sich dann das zweite Naturgesgetz des Willens: „Jede unge- 
Sättigte Regung des Gefallens, der eine entsprechende Sattere voranliegt, weckt 
ein Wüngchen, das um 8o stärker ist, je mehr Sich Jene ungegättigte Regung von 
dem Sättigungszustande entfernt, in dem wir die frühere Regung erfahren haben. 
Jede Regung des Miſsfallens weckt ein Widerstreben, das um 80 Stärker ist, je 
Satter der betreifende Unwert miſsfällt.“ 
Als drittes Naturgegetz Stellt der Verſfasger folgendes Zentrierungsgesetz 
auf: „Alle Regungen des ungesättigten Gelallens und Miſsfallens wirken zentrierend 
auf das Vorstellen. D. h. die Regungen ungegättigten Gefallens haben die 
'Pendenz, Solche Vorstellungen um Sich zu Scharen, durch deren Inhalt das Gefallen 
mehr und mehr gesSättigt wird. Alle Regungen des Milsfallens andergeits 
haben die Tendenz, einem Kreis Solcher Vorstellungen um Sich zu versammeln 
die das Miſsfallen immer ungesgättigter machen.“ 
Auf diesem Gesetz beruht auch die Entstehung der Ideale und 1deen. „Das 
Sind keine beliebigen PhantasSiegebilde oder Erfindungen der reinen Vernunft.“ 
bie Gedankenbilder eines Besseren Strömen leicht zu, Soweit es im bisherigen 
Brfahrungskreis möglich und nicht Assgoziationszusammenhang oder logischer 
Zwang dagegen Spielt. 
Weiterhin spricht der VertaSger von der Objeklosigkeit der Willens- 
regungen. „Die Willensregungen sgind nicht richtungslos, aber gegenstandslos, 
wir haben dadurch Ziele, kennen gie aber nicht. Brst Vorstellungen müssen uns 
Solche möglichen Befriedigungspunkte der Willensgregungen zum Bewuſstsein 
bringen, Willensziele, das Sind vorgestellte oder unvorgestellte Gegenstände, 
die, wenn gie wirklich werden, die Akte unsgeres Gefallens möglichst 
Satt, ungeres Milsfallens möglichst ungegättigt machen, “ 
Dadurch können wir von den ins Bewuſstsein tretenden Vorstelluingen über 
ungeren Willen getäuscht werden ; weil das unfreiwillig geschieht, nennt es Schwarz 
„Lüge des Bewulſstseins“. | 
11. Im zweiten Teil der Schrift werden die Normgesetze des Willens behandelt. 
Die Akte des Vorziehens oder Lieberwollens Sind die dritte Art, ursprünglicher 
Anſsgerungen, deren das Willensvermögen fähig ist. „Aus ihm werden gich restlog 
alle die Erscheinungen des Willenslebens erklären, die wir aus den TatSachen des 
bloſgen Gefallens und Milſsfallens heraus noch nicht verstehen konnten, ingbesondere 
die aittlichen Grundgegetze.“ Das Vorziehen wird unterschieden in das analytische 
und synthetische. AnalytiSch isb das Vorziehen oder Lieberwollen, das Sich 
nach dem Verhältnis von Solchem Bessgeren und Schlechteren richtet, das Schon 
vorher anderweitig geprägt ist. „Synthetisch ist das Vorziehen oder 
Lieberwollen, das erst durch Seinen eigenen Akt anzeigt, wo in einem gegebenen 
Falle das Bessere liegt.“ 
Pür das analytische Vorziehen ergibt Sich folgende Regel: „Das analytische 
Vorziehen richtet Sich nach den gegebenen Sättigungsverhältnisgen der Akte des 
Gefallens und Miſsfallens. Überall wo Solche kontrastieren. ist auch der Anlals
	        
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