Dierks: Die erste Schulzeit. 17
Die erste Schulzeit.
* Buchbesprechung von Dierks in Schale i. W.
Dr. BE. von Sallwüärk, Geheimer Hofrat und Obergchulrat: Haus,
Welt und Schule. Grundfragen der elementaren Volksschul-
erziehung. Wiesbaden 1902. Otto Nemnich. 124 S. Pr. geb.
2,50 Mk., geb. 3,20 Mk.
Herm. Redeker u. Wilh. Pütz, Hauptlehrer: Der Gesmnnungs-
unterricht im ersten und zweiten Schuljahre. Zweite,
verbesserte und erweiterte Auflage. Dresden 1903. Bleyl u.
Kaemmerer. 149 S. Pr, geh. 1,80 Mk., geb. 2,25 Mk.
Mit, einem Schrei eröffnet der Junge Weltbürger Sein Erdenleben. Es war
das Signal zum Inbetriebgetzen der neuen, komplizierten Magchine Mensch. Aber
nicht nur das Signal, Sondern auch die erste treibende, belebende Kraft. Die
Lungen füllen Sich mit Luft, und der Bau beginnt Sein Leben und Weben. Die
Nerven nehmen ihre Tätigkeit auf, die Muskeln beginnen mit ihrer Arbeit. Was
wir da vor uns haben, ist ein Produkt ungerer Tage, ein Wesen unsgerer HLnt-
wicklungsstufe, wenn gich auch der Urahnen I1deen bei Seinem Aufbau betätigten.
Es Steht nicht auf einer Entwicklungsstufe der ontogenetischen Entwicklungs-
reihe, Sondern auf der letzten, die es erreichen konnte. Wohl, nicht
alle Sinnesorgane Sind vollendet, das Gehim ist noch nicht fertig,
der Kontakt noch nicht überall geschlossen. Aber mit Riegenschritten
geht's jetzt vorwärts; nur das Gehim gebraucht verhältnismäſsig lange
Zeit, aber nach Sechs Jahren ist auch dieses vollendet. Und das kleine Wegen
iSt augsgerügstet, Sich die Welt zu erobern. Sie bietet Sich ihm Selber an. Mit
taugend Reizen klopft“ Sie vermittelst der Sinnesorgane bei der Seele an. Diese
nimmt auf, Sammelt, ordnet, verknüpft. Aber verhältnismälsig ist's doch wieder
wenig, was Sich in der Seele bildet; denn es ist eng umgrenzt. In geiner engen
Umgebung, in der Familie, dem Vaterhause liegen die Wurzeln zu des Kindes Er-
kenntnissen, Gefühlen, Willenshandlungen. Die Eltern gind die ersten Erzieher
des Kindes. Und leider oft, Sehr oft ist das Kind „planmäſfsiger“, vorsätzlicher
„Drziehung“ ausgesetzt, die zu beschaffen ist, daſs man dem jungen Mengchen-
kinde einen Rousseauschen Erzieher wünschen möchte, der eifergüchtig darüber
wacht, daſs nur das Natürliche, Urwüchsige auf das Kind wirken kann.
Hat das Kind Sein Sechstes Jahr vollendet, dann nimmt Sgich der Staat
Seiner an. Preilich, natürlich ist das nicht, wenn das Erziehungswerk Jetzt geteilt
wird. Der eine Teil der Arbeit, die Erziehung durch den Unterricht, Stellt an
das Kind grofse Anforderungen. Früher hat's gelebt in kindlicher Freiheit, als
Souveräner Beherrscher Seiner Zeit. Nun heifst es, Tag für Tag Sich einige Stunden
zu geistiger Tätigkeit in der Schule zu versammeln, wo ein anderer Wille herrscht.
Ist das Kind im Siebenten Lebensjahre diesen neuen Anforderungen
gewachsen? Die Frage beantwortet v. Sallwürk gestützt auf Erörterungen und Gut-
achten mit Ja; Seine körperliche, geistige, Soziale Entwicklung iSt an diesem Zeit-
punkte Soweit gediehen.
Nun ist es aber eine eigene Sache um Solche Urteile, die Sich auf etwas
Pädag, Jahrbuch 11 B2