50 I1 Teil: Literarische Rundschau, 1. Abschnitt: Bingehende Besprechungen.
zu Schaffen. Und nicht eher wird dieses Pädagogik der Zukunft, die nach Be-
antwortung der obigen Frage gich als .notwendig heraugstellt, und die eine
„Jentsgche“ gein will und muſs, aich Anerkennung erzwingen, als bis gie auf
wisSenschafttlich unantastbarem Fundament errichtet ist. Auf einer Solchen Bagis
allein wird es möglich Sein, dann weiterbauend dev noch lebendigen reichen
Ideengehalt der nunmehr verworfenen Systeme zu erhalten und harmonisch mit
dem Schatze moderner Erkenntnisge und Forderungen zu verbinden.
Das 80 postulierte Fundament zu legen und damit den Weg zu einer wirk-
lich objektiv begründeten, modernen Pädagogik zu weigen unternimmt, von den
bisher ausgeführten Gedanken ausgehend, die kleine Schrift von Dr. Hans
Zimmer in Leipzig „Volkstumspä dagogik, Langengalza, Schalbuchhandlung
von F. G. L. Greſzler 1904“. Als Herausgeber der im gleichen Verlage er-
Scheinenden „KlasSiker der Pädagogik“ geit Jahren mit den einschlägigen Fragen
vertraub und einem weiteren Kreise von Fachgenossen als wisgenschaftlicher
Pädagog durch eine Reihe von Veröffentlichungen bekannt, geht der Verfagser
in der erwähnten Schrift daran, auf Grund langjähriger Beschäftigung und Er-
wägung dieger prinzipiellen Fragen Sein Schon früher an verschiedenen Stellen!)
in kurzen Zügen entworfenes Programm in den Grundlinien darzulegen und der
Fachwelt zur Beurteilung anheimzustellen.
Nicht ein geschlosgenes System gedenkt er auf den wenigen Seiten vor-
zulegen, denn zu einem Solchen fehlen vorläufig noch alle Vorarbeiten, begonders
die historischen, nur Andeutungen Sollen es Sein, prinzipielle Erörterungen, aus
denen das Bild einer Zukunftspädagogik, wie es dem Verfasger in der Seele lebt,
Sich in den Umrissgen aber Schon vollkommen klar und Scharf umrisgen
ergeben Soll.
Den Ausgang Seiner Darlegungen nimmt er von der Yolkstumswissenschaft.
Sie liefert ihm allein die brauchbare Grundlage für eine Pädagogik, die imstande
iet, allen berechtigten Ansprüchen der Gegenwart und Zukunft dauernd zu ge-
nügen. Die biSherige wissenschaftliche Pädagogik baut, wie Schon eingangs kurz
erwähnt, au? der Philosophie auf und bedient Sich der Ethik und der Psychologie
als ihrer unentbehrlichen Hilfswissenschaften. Aber philogophische Systeme gind
Sübjektiv und damit wandelbar, Sie können deshalb niemals den danernden Maſs-
Stab für die Erziehungslehre abgeben. Dazu bedarf es eines Objektiven, Dauernden.
Es gibt aber nur gin Solches, das Volkstum „als Summe der Wegensbegsonder-
heiten eines Volkes, als die psycho-physgische Mischung, die den Deutschen zum
Deutschen macht“. Die „philogophische“ Pädagogik wechsglt fortwährend nicht
nur ihren Inhalt -- wie bei fortschreitender Erkenntnis gelbstvergständlich ist ---
Sondern auch ihr Prinzip -- bald Idealisemus, bald Realismus, hie Optimismusg,
hie Pessgimismus. -»- Das Volkstum dagegen ist etwas Dauerndes, objektiv Fest-
Stellbares, auf dem Grunde des Volkstums allein kann deghalb eine dauernd
„herrgchende“, eine deutsche Pädagogik aufgebaut werden. Daraus ergibt sich
zunächst, daſs es eine internationale Pädagogik nicht geben kann, weShalb man
die auf das Volkstum gegründete Pädagogik schlechthin als „Deutschtums-
pädagogik“ bezeichnen kann. -
Das Ziel jeder Pädagogik ist die planmäſsige Einwirkung des Erziehers auf
den Zögling. Dieges Ziel muſs wisgenschaftlich -- d. h, nicht rückständig und
1) Am ausführlichsten bisher in dem Buche von Hans Meyer, „Das deutsche
Volkstum* Leipzig und Wien, Bibliogr. Institut, 2. Aufl, 1903 im 12. Abschnitte:
„Die deutsche Erziehung und die deutsche Wisgenschaft“. S. begonders das Schluſs-
kapitel Bq. I], S. 401 ff.