Heinz Werner, Über magische Verhaltungsweigen im Kindegalſer 465
der geistigen Liebesfähigkeit und die spätere Durchdringung der Sexual-
gefühle durch persönlich gerichtete Wertgefühle. Vorzeitiges Körperhelden-
tum oder körperliche Berufsarbeit hindert die Entfaltung der Verstandes-
anlagen. Umgekehrt macht ein absichtliches oder durch die Lebensumstände
bedingtes Sichabsperren von der Triebwelt, ein Sicheinspinnen in eime Welt
der Ideale untauglich für die Aufgaben der Selbst- und Arterhaltung, untüch-
üg im Kampf ums Dasein und gegenüber den Forderungen des Gesell-
Schaftslebens. |
In welcher Weize der Junge Mensch am Ende Seiner geistigen Entwick-
lung Triebwelt und Wertwelt in Sich vereinigt und versöhnt, hängt, wie wir
Schon für den reifen Menschen gezeigt haben, von der persönlichen Eigen-
art ab, die durch Erb-, Fremd- und Selbstbildung bestimmend wird. Daß die
pbantasiemäßige Vortastung zu verschiedenen Zeiten im Laufe der Reifung
verschledene LösSungsmöglichkeiten als die endgültigen erscheinen läßt, 1ist
Selbstverständlich. Ebenso, daß das Suchen und Proben die wesentlichste
Ürsache für die ÜUnausgeglichenbheit des jungen Menschen für Seine inneren
Spannungen und Unruhen 1st. Man faßt die Reifezeit oft als Kampf des
nach Selbständigkeit drängenden Menschen gegen den Erziehungszwang
der Außenwelt auf. Gewiß 1st dieser Entwicklungsabschnitt ein Kampf, aber
in erster Linie ein innerer Kampf des triebgebundenen Ich mit dem wert-
gerichteten Ich.
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Über magische Verhaltungsweisen im Kindesalter.:
Von Heinz Werner.
Wenn wir von magisScher und magileartiger Haltung beim Kinde sprechben,
80 dürfen wir -- gemäß dem beutigen Stande der Forschung -- picht mit
einem ganz präzigen Begriffe von „Magie“ beginnen. Im Gegenteil ist es
vorteilhafter, das ganze Bündel der psychologisch Sicher Sehr verschieden-
artigen Denk- und Handlungsweisen dann mit dem Terminus „magisch“ zu
belegen, wenn es Sich um Einflußpnabmen auf Natur und Personen handelt,
die Jenseits einer „technischen“ -- im prägnantesten Fall naturwisSenschaft-
lichkaugalen -- FasSung liegen. Die magische Haltung befindet Sich zwischen
zwei extremen Polen: der mehr oder weniger Spielerischen Verbaltung auf
der einen, der echt religiöSgen auf der anderen Seite; wir finden beim Kinde
Selbst des früben Alters alle Übergänge von der einen zur anderen Form
verwirklicht. Nichtsdestoweniger muß betont werden, daß zu unterscheiden
iSt zwiSchen einer Frühform des Magischen, bei der das Magische kaum ab-
gelöst ist von einer natürlich-kindlichen Art zu handeln und zu denken und
1 Einige Stellen dieses Aufsatzes, insbesondere diejenigen, die gich auf die ersten Lebens-
jahre beziehen, finden gich gleichlautend in dem Anhang, den ich zu W. Sterns Psycho-
logie der frühen Kindheit, 5. Aufl, beigetragen habe.
Zeitschrift f. pädagog. Psychologie. 838