588 Kleine Beiträge und Mitteilungen
thoden und pädagogischen Auswirkungen“, immer in Hinblick auf die Beziehung,
zur Medizin und auf ihre Verwendbarkeit in der Kkinderärztlichen Praxis.1 Er
forderte ferner die Kinderärzte auf, die großen bisher noch unbenutzten Mög-
bchkeiten zu psychologischem Kindesstudium, die in ihren Säuglingsheimen und
Kinderkliniken vorhanden Sind, in Verbindung mit geschulten Psychologen aus-
zuwerien (in der Tat gibt es zwar Schon an psychiatrischen Kliniken, nicht aber
an Kinderkliniken psychologische Laboratorien). Zwei Jugendpsychilater: Hom-
burger (Heidelberg) und Pototzki (Berlin) Sprachen über die Psychopathologie des
Kindesalters und die Fürsorgemöglichkeiten für Schwer erziehbare Kinder --
wobei wiederum weitgehende psychologische Vorbildung des Kinderarztes gefor-
dert wurde. -- Aus dem Kreis der Kinderärzte selbst aber gab v. Pfaundler (Mün-
chen) anschauliche Bilder aus den Erfahrungen Seiner Privatpraxis über die
erzieblichen Mißstände vieler Elternhäuser, die er unmittelbar für Entstebung
und Firlerung von zahlreichen Krankheitserscheinungen des Kindes verantwort-
lich macht; er Schuf hier die Ausdrücke des „fehlerzogenen“ Kindes und der
„dyspädeutischen“ (auf Feblerziehbung beruhenden) Krankheitssymptome.
Sehr erfreulich war die Übereinstimmung aller Redner in der Anerkennung
Personalistischer Grundvoraussetzungen Sowie der Konvergenztheorie. Sowohl in
den plastischen Schilderungen einzelner psychopathischer Kinder, die Hom-
burger gab, wie in den Ausführungen Pfaundlers, der den Zusammenhang der
Seelischen Affektlage mit organischen Gesamtwirkungen einschneidender Art
betonte und hier das Wort „Verganzung“ brauchte, klang der Grundgedanke
von der einheitlichen Totalität der kindlichen Persönlichkeit durch. Beide
Sümmten meiner These zu, daß zwischen angeborenen Momenten vod Umwelt-
einflüssen nicht ein Rangyverbältnis mit Vorherrschaft des einen oder anderen
Faktors -- Sondern inmgste, in jedem Augenblick Sich erneuernde und vertiefende
Durchdringung angenommen werden müsgse.
Es darf die begründete Hoffnung ausgesprochen werden, daß diess Yerband-
lung eine bedeutende Annäherung zwischen Pädiatrie und pädagogischer Psycho-
logie, bzw. Psychopathologie eingeleitet babe.
2. Gleichzeitig tagte die 4. Sachverständigenkonferenz des deut-
Schen Vereins zur Fürsgorge für jugendliche Psychopatbhen. Dieser
Verein Stellt eine Arbeitsgemeinschaft von Psychopathologen, Heilpädagcgen,
Fürsorgerinnen dar und dient nicht nur der wissenschaftlichen Klärung des 80
Schwierigen und weitschichfigen Problems der Jugendpsychopatbhologie, Sondern
der praktischen Ausgestaltung der Psychopatbhenfürsorge. Wissengchaftlich am
bedeutsamsten war der Vortrag von Professor Homburger (Heidelberg) „Über
Typenbildung in der Psychopathie“. Homburger iSt einer der besten Kenner der
abnormen Jugendseele, die wir in Deutschland besitzen?, und Seine Klinik in
Heidelberg bildet einen Mittelpunkt zugleich psychlatrischer wie pädagogischer
Arbeit. H. bat nun in Seinem Vortrag, auf Seinen reichen eigenen Erfahrungen
w1e auf einer Umfrage fußend, Definitionen und Typeneinteilungen der Jugend-
PSYchopathie übersichtlich zusammengestellt und diskutiert. Für „Psychopathie“
gibt es zwei Hauptdefinitionen. Eine klinische: „Regelwidrigkeiten auf dem Ge-
1 Der Vortrag wird im Wortlaut demnächst erscheinen in der „Monatisschrift für Kinder-
beilkunde“, Abt. Verbandlungen.
? Vgl. Seine Psychopathologie des Kindegalters.