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im übrigen warten und wachsam dastehen. Er ist dem Höheren preisgegeben. Ihm in
dieser Haltung beizustehen, das ist die Auſgabe des Arztes.
Das Material des Buches ist empirisch, die Haltung aber gläubig. Damit, und vielleicht
auch mit der Übergetzung aus dem FranzösiSschen mag zusammenhängen, daß die Be-
griffe nicht immer Scharf genug umrisSsen Sind. Doch nimmt man das gern in Kauf.
Die Lektüre wirkt 80 befreiend und aufbauend, So freudig und tief, daß man Sein eigenes
Leben neu Schaut. Das 1ist die AbsSicht des Buches. Wendet es Sich auch bewußt nicht
an den Fachmann (die wisSenschaſtliche Bearbeitung erscheint später getrennt unter dem
Titel: Seelenkunde und Heilkunst), 80 wird um 80 mehr der Arzt, Seelsorger und Er-
zieher „Anregung zum Verständnis der ihm anvertrauten Mitmenschen“ finden.
Zürich. Arthur FiScher.
Alfred Mann. Denkendes Volk, volkhaftes Denken. Grundstein zum Bau der
deutschen Volkshochschule. Neuer Frankſurter Verlag, Frankfurt 1928. 148 S.
Dem Thema der Erwachsenenbildung Sind bisher noch wenig SySstematische Bearbei-
tungen gewidmet worden ; das vorliegende Buch siellt eine Solche dar. Da Sein Verfasser,
der Jetzige Direktor der Breslauer Volkshochschule, ein ehemaliger Schüler von mir iSt,
80 muß es genügen, wenn ich hier kurz und ohne perSönliche Stellungnahme auf dieses
Buch hinweise, in weichem Mann eine philoSophiSche und psychologische Besinnung auf
die Pädagogik der VolkShochschule volizieht. Der Inhalt Sei in Stichworten angedeutet.
Es werden füni Grundgesetze der deutschen Volkshochschule aufgestellt, die die Beziehung
zum Beruf der Schüler, deren Seibstlätigkeit, die Soziologische Notwendigkeit der Volks-
bildung, die pädagogischen Methoden der Arbeitsgemeinschaft und die Seinsformen der
Denkgegenstände zum Gegenstand haben. Die Begonderhbeit des „Volksdenkens“ wird
gegenstandstheoretisch und pSychologiSch dargestellt, die Stellung der Volkshochschule zu
den großen bewegenden Denkinhalten ungerer Zeit entwickelt. Die „Arbeitsgemeinschaft“
als die der VolkShochschule gemäße Form tritt als Endpunkt der deutschen Bildungs-
Entwicklung hervor, deren ſrühere Etappen die Lernschule und die Arbeitsschule Sind,
eine Pestalozzi-Gedenkrede Schlicßt das Buch.
HBamburg. W. Stern.
Prof. A. S. SalusSchny, Unterrichtismethoden für ein Kinderkollektivyv.
Charkow, Knigospilka 1926. 18 S.
Die Pädagogik der SowjJeiregierung Schenkt viel Auſmerksamkeit der Anerziehung von
kollektivistiSchen Neigungen bei Kindern. Der Autor vorliegender Arbeit nimmt an, daß
es unmöglich sei, einem Kinde außerhalb eines Kinderkollektivs kollektivistische Neigungen
beizubringen, und daß Solche Gewohnbheiten nur im Kinderkollektiv anzueignen Sind.
Jedoch ist der in der heutigen Soziologie angenommene Begriff des Wortes „Kollektiv“,
noch weniger der in der Pädagogik gebräuchliche Begriff klargestellt. Der Autor Kritisiert
die versSchiedenen Verguche, den Begriff festzustellen, insbeSondere die VerSsuche Bechierews
und Mc. Dougalls und Schlägt Seine eigene Definition des Begriffes „Kollektiv“, unter An-
gabe vollständig objektiver Kennzeichen vor. Unter „Kollektiv“ verstieht der Autor eine
Gruppe von Personen, zwiSchen denen gewisse Wechselbeziehungen entstanden Sind und
welche gemeinschaftlich auf diese oder Jene Reize reagieren. Diese Definition umfaßt
alle Typen von Kollektiven, doch Sind diese Typen ziemlich mannigfach. Der Autor bringt
auch geine eigene Klassilizierung der Kollektive in Vorschlag, die nach Seiner Voraus-
Setzung aus fünf Grundtypen bestehen Sollen, aus zweien von Sich aus entstandenen
(einem kurz- und einem langfristigen) und aus drei orgamgierten : einem 'anglrigügen,
einfachen und komplizierten.
Als Grundmethoden des Unterrichts in Kinderkollektiven betrachtet der Autor die B&-
obachiungsmethode und die Methode des natürlichen Experimentes.
Die objektive Erforschung des Verhaltens des Kollektivs erfordert eine Berückgichtigung
aller derjenigen Bedingungen, unter welchen das Kollektiv entsteht, wirkt und gsich aut-
löst.. Jeder Akt des Verhaltens eines Kollektivs ist durch endogene und exogene Reize
bedingt. Der Autor führt ein Schema für den Uuterricht eines jeden Typs eines Kollektivs
an. BeSonders interesSant iSt der Verguch des Unterrichts in von Sich aus entstandenen
Kollektiven von Kindern im Vorschulalter, in organigierten Kollektiven von Kindern im
Vorschulalter und in organigierten Kollektiven in der Schule
Der Versguch, die Organisgationsfähigkeit der Schulgruppen zu bestimmen, ergab inter-
esSante Daten. Es wurde auch genug Raum gelassen für Hinweise, die die Sstatistische
Bearbeitung der ErgebnisSe geben könnte. Es muß hier auch bemerkt werden, daß die
Methodik der Unterguchung der Kinderkollektive gegenwärtig bei breiten Kreisen von
Pädagogen und Pädalogen großes Interesse hervorgerufen hat.
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