Full text: Hamburgische Schulzeitung - 3.1895 (3)

freien. Man wird zugeben müſſen, daß =- die An- 
nahme der Weltimmanenz des Abſoluten, deren hohe 
Wahrſcheinlihkeit dur<h die Naturwiſſenſchaften wie das 
philoſophiſche Nachdenken in gleiher Weije verbürgt 
wird, vorausgeſeßt = aus dem Weltprozeſſe mancher- 
lei wichtige Daten metaphyſiſchen Charakters, betreſſend 
das Weſen des Abſoluten und die Zwecke, die es durch 
den Weltprozeß zu erreichen ſtrebt, abgeleitet werden 
können: nur muß man bei derartigen Verſuchen mit 
größter Vorſicht zu Werke gehn und ſich nicht vermeſſen, 
alles erſ<ließen zu können. Soviel aber wird man 
behaupten dürfen, daß das Abſolute ein in der Cnt- 
widelung begriffenes, alfo ein nicht jhon vollkommenes, 
ſondern erſt Vollkommenheit erſtrebendes, daß es ein 
im Kampfe, im Ringen begriffenes Prinzip iſt; daß 
dieſer Kampf, den es beſtändig kämpfen muß, nicht auf 
allen Punkten einen glülichen Ausgang nimmt, daß 
derſelbe däher oft von nettem wieder aufgenoumien, 
no< einmal dur<gefämpft werden muß. Mit einem 
Worte: e8 muß anf die Gottheit der Begriff des Tra- 
giſchen angewandt werden, doch ſo, daß der des Endlich- 
Sieghaften die Oberhand behält. 
Aus allen dieſen Ausführungen hat ſich ergeben, 
daß als Peſſimiſten ſtrikter Obſervanz nur Schopen- 
hauer und folche gelten können, die ſich ihm auf Gnade 
und Ungnade ergeben, wie 3 B. Denßen. Diejer An- 
ſhaunnasweiſe zufolge iſt, um hier ein kurzes Refume 
zu geben, die beſtehende Welt die ſchlechteſte unter allen 
möglichen: wäre ſie nur noc< ein wenig ſchlechter, ſv 
könnte ſie überhaupt nicht mehr exiſtieren. Die Summe 
des Leids iſt unendlih, das ihr gegenüberjtehende 
Glü&s-Maximum dagegen verſchwindend klein. Die 
fortſchreitende Kultur, worunter nichts anderes als das 
Wachſen der Intelligenz verſtanden wird, verntehrt noch 
das Leiden beſtändig. Die Menſchen ſind böſe, voll 
Egoismus und Bosheit. Jeter, der das eigene Wohl 
will, iſt grenzenlos, wenn auch ganz fruchtlos; dieſe, 
velc<he das fremde Wehe will, geht bis zur äußerſten 
Grauſamkeit. Freilich jind auch die Menſchen des Niit- 
leids fähig, aber dasſelbe iſt bei den meiſten viel zu 
ſchwach entwickelt, um dem Egoismus die Spiße bieten 
zu können, iſt zudem au< ganz belanglos, da es doh 
das Leid nicht aus der Welt zu ſchaffen, kaum zu 
mildern vermag. Ja, in richtiger Konſequenz des Sy 
ſtems darf es auch das gar nicht, da es Jonſt die 
Wirkung des Leids, den Willen zur Verneinung des 
Yebens zu veranlaſſen, abſc<wächen würde =- höchſtens 
ven Tieren gegenüber kann es fich auch äußerlich bes 
thätigen. Die Wurzel alles Elends, all des „Schlechten“ 
ift das allem Seienden zu Grunde liegende, ti ihr in 
die Erſcheinung tretende Prinzip: dies iſt ſelbſt ein 
ſchlechtes, der das Leben bejahende, das Sein begeh- 
rende Wille -- das Streben des Willens iſt grenzen- 
[l3s, es geht raſtlos vorwärts ins Unendliche. Dies 
fIhlimme Prinzip jedoch kann und muß geläutert wer= 
den, der das Leben bejahende Wille muß in den das- 
felbe verneinende umſhlagen: tritt dies Phänomen bei 
allen Menſchen ein, jo iſt das Ende der Welt herbei- 
gefommen, die Erlöſung vollzogen, und es tritt an die 
Stelle der Welt des Lebens „Sanſara“ das „Nir- 
wana“.-- (Schluß folgt.) 
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Offener Brief au Herru --e--, 
In der Vorausſezung, daß die Redaktion mir no<h 
einmal das Wort zu einer Entgegnung geſtattet, gebe 
ich zunächſt meiner Freude darüber Ausdru>k, daß auch 
Sie Herrn Halben ſo verſtanden haben wie ich. So- 
dann fomme ic< zum Beweiſe, daß ich einen jo harten 
Vorwurf niht verdiene, Ihrem Wunſche naß und teile 
den Leſern der Schulzeitung die Fortjezung meines 
Berichtes, der im Beſike der Redaktion ſich befindet, 
mit. Sie lautet: „Wenn troßdem in den Kreiſen der 
Volksſ<hullehrer nicht die gleiche Befriedigung hHerri<t 
wie bei den höheren Lehrern, ſo kommt das daher, daß 
dieſe Gehaltzerhöhung nicht allen Lehrern in gleichem 
Maße zuteil geworden iſt. So erhielten die Lehrer, 
welche in eine andere Gehaltsklaſſe aufrücten, oder 
feſt angeſtellt wurden, eine ganz andere Crhöhung als 
die Lehrer, welche in derjelben Gehaltsklaſe verbleiben 
mußten. Ein weiterer Grund zur Unzuſriedenheit liegt 
in der Verquickung der Ünderung des Gehaltsgejeßes 
mit der Gehaltsregulierung. Hätte man die beideit 
Gegenſtände nicht verquickt, würde die Zufriedenheit 
bei den Volksſchullehrern viel größer fein.“ Was 
haben Sie mir uun noch vorzuwerfen? Die BVeröffent- 
lihung eines übereilten Satzes, der beſſer ungedruct 
geblieben wäre. (Da ich den Bericht teilweije während 
der Verſammlung drucfertig liefern mußte, konnte das 
leicht paſſieren). Ihre Übrigen Ausfälle gegen die 
„Hamb. Nachr.“ berühren mich nicht, da ich weder für 
die Tendenz, noF für die Redaktion derſelben verant- 
wortlich bin. Sie aber hätten fich ein großes Verdienſt 
erworben, wenn Sie die irregeleitete öffentliche Mei- 
nung in richtige Bahnen gelenkt hätten, indem Sie ji 
mit einem Cingeſandt an die Redaktion der „Hamb. 
Nachr.“ wandten. Als Berichterſtatter habe ich zu be- 
richten, durdjaus aber nicht das Recht, Kritik zu üben. 
Wo9Ö haben Sie jemals geſehen, daß ich durc) eine Fuß- 
note Kritik geübt habe? Würden Sie meine Berichte 
häufiger gelefen haben, würden Sie die Beſtätigung 
meiner Worte finden. Aus Jhrem Artikel habe ich nur 
Das genonumen, „was mid) perſönlich angeht oder nicht 
angeht;“ ſollte ich vielleicht Herrn Halben verteidigen, 
oder die Redaktion der „Hantb. Nahr.“? BWeides ſtand 
mir niht zuu Daß ich mit Ihnen gleicher Meinung 
bin betreffs unſerer Gehaltsverhältnijje, beweitt Ihnen 
dod) am beſten meine „Zeitungsſ<reiberei.“ Wonn 1i< 
dazu nicht gezwungen wäre, würde ich ganz entſchiede!1 
den danit verbundenen Ärger und die verſjiedenein 
Anfeindungen nicht ertragen. MWeimn Sie zum Schluß 
die Ironie zum Gradmeſſer der Chrenhaftigkeit des 
Charafters machen, dürften Sie mir gegenüber ganz 
entſchieden den kürzeren ziehen. Und nun zum Shluß: 
Da Zhnen mein Gruß „Gotti befohlen“ 1o wenig ge- 
fallen hat, will ich Ihnen und mic auf eine beyjere 
Zukunft ſ<on in dieſem Leben, die es uns erſpart, 
einen ſolhen Kampf um unſere GehaltSregulierung zu 
führen, vertröjten. 
--cK. 
<afenamentnen, 
Vom Büchermarkt. 
Wie bringen wir unſere Schüler 
tüchtigen Rechtichreibung? Cin Beitrag 
ſtändnis der neuen Rehtſqhreibung und zu ihrer Be- 
handlung im Unterrichte von Eruſt Heſſe, Shuldirok- 
tor. Dresden, Verlag von Alwin Huhle. 1895. Preis 1 M. 
Ein vortreffiiches Werkhen, das jeder Lehrer nicht 
zu einer 
zum Ver-
	        
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