Full text: Hamburgische Schulzeitung - 3.1895 (3)

Sage und Geſchichte: | 
Von Dr. 
33. Hamburgiſche Geſchichten und Sagen. 
O. Beneke. (Herz.) 7,00 M. 
34. Das Buh denkwürdiger Frauen. Von Ida von 
Düringsfeldt. (Spamer.) 7,00 M. 
35. In Schutt u. Aſhe. Von Juſtus. (Liebau.)0,50 M. 
36. Götter und Helden. Von Albert Richter. 
(Brandſtetter.) 4,00 M. 
37. Chronif von Fröſchweiler. (Beck.) 2,00 M. 
Aus der „guten alten Zeit.“ 
Der Oberkonſiſtorialrat He>er zu Berlin (geſt. 
1819) hat in einem Sculreglement zur Berbeſjerung 
der Landſ<ulen vorgeſchlagen, daß die Shulhalter oder 
Küſter jedesSmal, wenn ſie die Kinder aus der 
Schule entließen, auf den Kir<turm ſteigen und den 
Kindern nachſehen möchten, ob fie ſittſam und ordent- 
lic) nach Hauſe gingen! = In einem Katechismus von 
Philip Nikolai wird die Frage: „Beten die Kal- 
viniſten den Teufel an?“ mit Ja beantwortet und ihr 
Gott mit einem „Brüllochſen“ verglichen. =- Wegen 
dieſes erbärmlichen Buches wurde der Verfaſſer i. J. 
1608 zum Hauptpaſtor in Hamburg ernannt. Der 
Katechismus erlebte viele Auflagen und wurde in einige 
fremde Sprachen überſetzt. Rls 1657 der Titel 
Rektor in Sachfen eingeführt wurde, widerſetzte ſich 
Jakos Spizel in Ronneburg dagegen und ſagte: 
„II bin ein Schulmeiſter vocieret. ich will als Schul- 
meiſter ſterben!“ (Da haben unſere heutigen akademiſch 
gebildeten Lehrer doc< andere 2 aſichten über den W Wert 
und die Schönheit von Titeln.) 
Hofer, eint philojophitlher Sonderling, elden Wieland 
den öſterreichiſchen Routſeau nannte, legte ſeine Stelle 
als Schuldirektor zu Steyr in Oberöſterreich freiwillig 
nieder. Sein Entlaſſungsgeſuch lautete folgendermaßen: 
„GSxcellenz und Gnaden! I< bitte, daß ich aufhören 
dürfe zu fein Ihr gehoriamer Diener. A. Berghofer.“ 
Vor etwa 100 TJ. ſtörte ein ſJonderbarer Zufall die 
Ruhe in einem Dorfe des Bistums Speyer. Die 
Sculfinaben hatten jeit langen J. in diejem Dorfe das 
Ipfilon im Alphabete gleich hinter das I geſetzt. Der 
neue Schullehrer beſchloß, jich unvergänglichen Ruhm 
zu erwerben, indem er das Y von dem uſurpierten 
Ehrenplatze verjagte und es zwiſcheu das X und Z 
verwies, wohin es von rechtswegen gehört. Da ent- 
niand ein Turd<tbarer Lärm. Die Schulknaben wider- 
ſezten jic<h förmlich, die Bäter ergriſſen die Partei ihrer 
Kinder, und der Schulmeiſter war ſeines Lebens nicht 
mehr jider. Cs mußten einige hundert Dragoner ge- 
ſhit werden, um die Ruhe wieder herzuſtellen. 
Ein Mann in Berlin hatte von der Seelenwanderung, 
von der Einkerkerung der menſchlichen Seelen in Tiere 
und andere Weten gehört. Er habe, jprach er, dabei 
für ſich nur zwei Wünſche: den erſten, daß ſeine Seele 
nim einziehe in ein Charlottenburger Pferd, den 
zweiten, nicht in emen = Schulmeiſter. In der 
Fürſtenſ<ule zu Joachimsthal in der Mittelmark 
(1607 von dem Kurfürſten Joachim Friedrich geſtiftet 
und unter dem großen Kurfüriten nac<h Berlin verlegt), 
wurde des Tages ſiebenmal in der Vibel geleiten. =- 
Seger, Rektor der Stadtſchule zu Wittenberg, 
zugleich kaiſerlich gekrönter Poet, legte au? dieſen Titel 
einen außerordentlichen Wert. Man erzählt folgende 
Geſchichte von ihm. Er hatte ein Gemälde fertigen 
 
eren 
laten, auf welchem Chriſtus am Kreuze, unter dieſem 
Seger Jelbit ſtehend dargeſtellt war. Vor Segers 
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- deutlich für den Wert des 
„Herr Jeſus, liebſt du 
Des Heilands Antwort vom Kreuze herab 
lautete: „Ja wohl, mein fehr berühmter, ganz vor- 
treffliher und hochgelehrter Herr Niagiſter Seger, 
faiſerlich - gefrönter Dichter und würdiger Rektor der 
Schule zu Wittenberg, ich liebe dich!“ -- Valentin 
Friedland, auch Trozendorf genannt, geboren 
1490 im Dorfe Trozendorf bei Görliß, hörte zu 
Wittenberg Luther und Melanchthon, war aber jo arm, 
daß er nicht einmal ſoviel Tinte kaufen konnte, als er 
bedurfte, daher er ſich ſolche aus Kienruß ſelbſt bereitete, 
ſowie ſein Papier aus Birkenrinde. Als Rektor der 
Scule- zu Goldberg hatte er notdürftig zu leben; doch 
bevölferte ſein pädagogiſcher Beruf dieje Schule unge- 
mein, und man erzählt, er habe jeine Schüler oft aljo 
angeredet: „Gott grüß Cuch, Ihr Edele, Bürgermeijter, 
Ratsherren, Künſtler, Kaufleute, Krämer, Büttel, Henker 
Munde ſtanden die Worte: 
mich?“ 
und Lumpenleute!“ Zuweilen ſoll er 10h hinzugefügt 
haben: „Dies alles könnt Ihr werden, je nachdem 
Ihr Euch aufführt.“ == Unter dem 17/5. 1654 erging 
in Württemberg die Verordnung: Pajſtores ſollen 
die Schulmeiſter mht zuviel zu ihren Hausgeſchäften 
gebrauchen, als Holzjpalten, Schulden eintreiben, über 
Jeld gehen, Dreſchen, Gärteln 2. (Säch. Sculztg.) 
Vom Büchermarkt. 
Guſtav Boruyſcheuer: Deutich. Cine Sammlung 
von falichen Ausdrücken, die in der deutſchen Sprache 
vorfommen, nebſt der Berichtigung und Erklärung dieſer 
Fehler. Bonn. Hanttain. 2 M. 
(Es itt ein tröſtliches Zeichen unſerer Zeit, daß 
Der Deutſche anfängt, ſich mehr, als es ehedem geſ<ah, 
auf jein Deutich zu beſinnen. Bekanntlich Dat der 
Leipziger Gelehrte Dr. Wuſtmann ein gepfeſſertes B züch- 
lein =- „Allerhand Sprachdummheiten“ =- ge) ſchrieben 
und darin feinen Landsleiten wegen ihrer Deutijchver- 
derberei gehörig den Text geleſen. Das Born)<euer- 
iche Buch ift in mancher Hinſicht eine treffliche Ergän- 
zung des Wuſtmannſchen. Freilich ſIhießt Herr Born- 
ſcheuer nicht jelten über das Ziel hinaus, namentlich 
in dem Kapitel „Falſche Eigenſchaftwörter.“ Er will 
B. den Ausdru> „häusliher Kreis“ nicht gelten 
Efſen, den doch fein Geringerer als unſer Schiiler ge- 
adelt hat. Was gegen die „Slüdliche Che“ und die 
„vſtenlote Freiſprechung“ zu erimern iſt, bleibt uns 
ebenfalls unerfindlich. Dagegen ſchenken wir dem Ber- 
faſſer mit Vergnügen die von ihm gebrauchte Floskel 
„eine fur<tbar dumme Frage“ und manches andere. 
Ja, Tadeln iſt immer leichter als Beſjermachen! 
Paul Frank: Kleines Toutünſtlerlexifon, enthaltend 
kurze Biographien der Tonkünſtler früherer und neuerer 
Zeit. 9. revidierte und vermehrte Auflage. Leipzig, 
Merſeburger. 300 S. 1 M. geh. 
Die Verlagshandlung iſt be'trebt geweſen, die 
Brauchbarkeit des Tonkünytlerlerikons in der neuen 
Auflage noch zu erhöhen. Die vielen Auflagen jvrehen 
Werk<hens. 
->=D. 
Hannoverſche Geſchichten und Sagen. Geſan:- 
melt und herausSgegeben von Dr. phil. H. Weichelt: 
Vier Bände, je etwa 16 Bogen 89. Preis des Bandes 
geh. 1 M. 50 Pf., gebunden 2 M. Norden, Diedr. 
ltaws Verlag.
	        
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