Full text: Hamburgische Schulzeitung - 3.1895 (3)

'Das Buch iſt von hohem- völkerkundlichen Wert. 
Jeder Band führt 100 Sagen, Geſchichten, hiſtoriſ<he 
Erinnerungen u. 7. w. dem Sagenſchaze des deutſ<hen 
Volkes zu. Es iſt ein Volksbuch, welches nicht allein 
Intereſſe für den gelehrten Sagen- und Geſchic<htsforjcher 
hat, ſondern na< Form und Anordnung nicht verfehlen 
wird, in allen Volksſhichten Aufmerkſamkeit und beitäl- 
lige Teilnahme zu erregen. Die „Hannoverſchen Ge- 
ſchichten und Sagen“ beweiſen, ſo fern fie nicht ſpeziell 
Landesgeſchic<hten aus alter Zeit bringen, fondern von 
- mythologiſchem Gehalt ſind, die Einheit und Zuſjammen:- 
gehörigkeit des geſamten dentſchen Geiſtes. 
amerwendeemmteenur mengunnewer tenternan nemme mann 
ZZG Gn 
Aus Hamburg. 
Schulwiſſenſchaftlicher Bilduugsverein. 
4. Arbeitsverſammlung (2931. des Vereins). 
Sonnabend, d. 9. XL, 7%. h. Anweſend etwa 40 
Perſonen. =- 
Vor Eintritt in die Tagesordmung ergreiſt Herr 
Lieberg das Wort zu folgender Erklärung: „Wir alle 
tehen noh unter dem Eindru> des ſchönen Fettes, 
welches wir am Sonnbend voriger Woche feierten. J< 
hatte die Ehre, auf Einladung der Getellichaft den 
Schulwiſſenſchaftlichen Bildungsverein dort zu vertre- 
ten wid brachte bei dieſer Gelegenheit Glückwünjiche 
dar, welche der Geſellſchaft Gedeihen und Beſtehen bis 
in die feruſten Zeiten erhofften. Damit iſt von jelbjt 
die Deutung abgewieſen, welche meinen vor 14 Tagen 
an dieſer Stelle geſprochenen Worten =- entgegen der 
Auffaſſung mehrerer mir nahe ſtehenden Kollegen =- 
von dem Berichterſtatter eines hieſigen Blattes gegeben 
wurde. Wenn dieſer behauptet, die Geſellſchaft werde 
inmner einein Mann an ihre Spitze zu ſtellen wiſſen, mit 
dem man verkehren könne, fo antworte ich: „Cinver- 
ſtanden, lieber Koliege!“ 
In ganz vorzüglicher Weiſe hält darauf Herr Dr. 
Kotelmann, Herausgeber der Zeitſchrift für Scdulge- 
fundbeitspflege, ſeinen Vortrag über „Shulgeund- 
heitspflege in England.“ 
Die Schulen nehmen in England in hygieiniicher 
Beziehung eine ziemlich hohe Stufe ein. Was zunächſt 
die Luftverhältniſſe betrifft, ſo ſmd dieſelben in höheren 
wie in niederen Schulen ganz außerordentlich gümtige. 
Zum Teil rührt das daher, daß die einzelnen Anjtal- 
ten über ſehr reiche Mittel verfügen und außerdem ein 
ſehr hohes Schulgeld fordern. Die Klaſſen haben ein 
jo großes Ausmaß, daß ſelbſt bei der Maximalzahl 
von 40 (in höheren) reſp. 60 (in niederen Sculen) 
Schülern hinreichende Luftmengen vorhanden ſind. Auf 
jedes Kind wird 10 Quadratfuß Raum gerechnet. Zit 
dieſer in einer Klaſſe nicht vorhanden, ſo werden zwei 
Schulzimmer dur4 Fortijhieben einer Glaswand zu 
einem vereinigt. Beſondere Lüftungs- und Heizeinrich- 
tungen ( Warmwaſſerheizung) ſorgen für zwedent- 
ſprechende Lüftung im Winter wie im Sommer. Von 
denſelben wird ein ſehr ausgiebiger Gebrauch gemacht. 
Auch in der Pauſe können die Kinder viel friſche Luſt 
ſchöpfen. Überall jind aroße Schulhöfe mit Drainage 
und Nivellement mit Asphaltböden. Zum Teil iind 
die lachen Dächer der Schulgebäude ſelbſt zu Erh09- 
lungspläten eingerichtet und in diejem Falle mit Bäu- 
men in Kübeln und mannigfachen Topfpflanzen ver- 
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ſehen. Gewöhnlich beſteht ein Schulgebäude aus Par- 
terre, erſter und zweiter Etage. Ju der zweiten Ctage 
ſind die Knaben, in der erſten die Mädchen; im Par- 
terre befindet ſih die infant 8school. Mädchen uud 
feine Kinder benutzen den Schulhof, die Knaben das 
Dach als Spielplaßp. Die Stodwerke ſind unter ſich 
nur dur< eine ſ<male, allein für die Lehrer zugäng- 
lihe Treppe verbunden. Bei ungünſtiger Witterung 
halten ſich die Kinder im „Rekreationsjaal auf, einem 
von drei Seiten mit Glaswänden verſehenen Naume, 
der auch als Feſtraum benußt werden kann. Außer 
ven gewöhnlichen Höfen beſigen viele Anſtalten, öffent- 
lihe und private, noch ausgedehnte Parks. 
Für Reinlichkeit der Kleidung und des Leibes iſt 
aufs allerbeſte geſorgt. Wie im Mittelalter auch in 
Deutſchland, ſo find in England überall Waich- und 
Badeeinrihtungen in Hülle und Fülle vorhanden. Das 
Royal College for the Blind bejißt Yogar ein Schwinmz- 
bad. Zur nachfolgenden Erwärmung iſt jodann ein 
Skating-Rink vorhanden. Brauſebäder ſind in den 
Volksſhulen nicht vorhanden, doch finden ſich bejondere 
Waſchzimmer mit Waſchbecken in außerordentlich großer 
Zahl. Auf die Reinlichkeit des Mundes und der Zähne 
wird beſonderer Wert gelegt. Jede Bolksſhule hat 
ihren Zahnarzt, der anfangs zweimal, väter eimal 
wöchentlich die Zähne unterſucht. Auch die Schulhäujer 
ſelbt zeichnen ſich dur< Reinlichfeit aus. Sie betißen 
einen Fußboden aus Pitch-Pine-Holz mit Betonunter- 
lage. Die Wände ſind bis zur Höhe von 1,2 m in 
allen Schulen mit Kacheln bekleidet; darüber ſindet 
ſich waſchbare Olfarbe. Auch die Wandtafeln (aus 
Siefer) und die Bänke ſind fo eingerichtet, daß mög 
lichſt wenig Staub erzeugt wird und die Reinigung 
ſehr leiht auszuführen if. Fußbretter fehlen gänzlich. 
In jeder Schule befinden iich beſondere Garderoben- 
räume an der gemauerten Breitſeite des Rekreations- 
ſaales, oft auch beſondere Tro>enräume für naſe Kleider. 
Aborte dürfen mur für die Lehrerinnen ünmierhalb des 
Hauſes angelegt werden. Für die Kuaben befinden ſic 
fich auf dem Dache, für die Mädchen auf dem Scul- 
hofe. Sie find fehr hell, luftig und haben Oberlicht. 
Ueberhaupt trägt es zur Reinlichkeit der engliſchen 
Klaſſenzimmer bei, daß ſie jehr heil nnd. Das geiht 
muß von links kommen, darf unter feinen Umitänden 
von vorn oder hinten einfallen. Da jedoch) auch nach- 
mittags unterrichtet wird und zwar bei (Gaslicht 
(Shmetterlingsbrenner), fo iſt die Zahl der Kurzichtigen 
in den Londonern Schulen keine geringe. 
Sonſt it der Geſundheitszuſtand der engliſchen 
Schuljugend ein günſtiger. Die Kinder machen einen 
friſchen, geſunden EindruEs. Kommen Infektionskrank- 
heiten vor, fo werden die ganzen Schulhäuſer desinnziert. 
Die höheren Schulen haben ihre Sulärzte, während 
die niederen Schulen in dem der Centralbehörde ange- 
hörenden ärztlichen Beirate einen Mann beſitzen, der 
über zwe&entiprehende Einrichtung beim Bau der 
Schulhäuſer wie bei vielen anderen Gelegenheiten ent- 
ſcheidende Stimme hat. 
Was die körperliche Ausbildung betrifft, fo iſt für 
dieſelbe ſowohl durch kräftige Nahrung als auch dure 
zwedmäßige Übungen geſorgt. Erſtere wird auf Ver- 
anlaſſung vieler prwaten Vereine unentgeltlich veradb- 
reißt, während die letzteren in Turnübungen (an 
amerikaniſc<en Geräten = unſer deutſches Turnen Ut 
in England unpopulär) und Spielen (Fußball, Cricket,
	        
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