Pädagogiſche Rundſchau.
Begräbnis von K. Melchers in Bremen. Unter un-
zewöhnlich großer Beteiligung wurde am Montag, den 26. März, die
ſterbliche Hülle Karl Melchers', des langjährigen verdienſtvollen Vorſikenden
des Bremiſchen Lehrervereins zu Grabe getragen. Die Kapelle des
Rhiensberger Friedhofes, wo der Sarg, welcher unter der Fülle der
Kränze faſt erdrückt wurde, aufgebahrt war, vermochte bei weitem nicht
die Zahl der Leidtragenden, unter denen ſich auch der Chef des Volks-
ſchulweſens, ſowie die Schulaufſicht8beamten befanden, zu faſjen. Die
Gedächtnisrede hielt Herr Paſtor Dr. Kalthoff. Derjelbe führte aus,
daß M. ein Mann war, bei dem Beruf und Perſönlichkeit ſich deckten.
Er war ein Pädagoge großen Stils. Überall ſuchte er die höheren
Geſicht8punkte zu finden, de8halb war er nicht nur ein ausgezeichneter
Lehrer, ſondern ein berufener Führer ſeiner Kollegen. Er fämpfte für
die Freiheit der Schule und für die Befreiung von läſtigem Büreau-
kratiSmu8. Zn politiſcher Hinſicht fand er ſeinen hervorragenden Plaß
auf ſeiten des Freiſinnes. Redner zeichnete ſodann M. als einen treuen
Familienvater und wies den Söhnen das hohe Ziel, eines ſolchen Vaters
würdig zu ſein. =- Nachdem der Sarg zur Gruft getragen war, riefen
vie Herren Chr. Maas, als Vertreter des Bremiſchen Lehrervereins,
ſowie Herr H. Möller-Hamburg, als Proponent der „Geſellſchaft der
Freunde des vaterländiſchen Schul- und Grziehung8weſens“ dem Ge-
ſchiedenen herzlihe Worte der Liebe und Verehrung nach. Zum
Schluß intonierte der Lehrer-Geſangverein, der in der Kapelle einen Choral,
ſowie das Mendelsſohnſche „Wie ſelig ſind die Toten“ geſungen hatte,
das Flemmingſche „Über den Sternen wohnet Gottes Friede“. --
Auch ver geſchäftsführende Ausſchuß des Deutſchen Lehrervereins
ſandte mit herzlichen anerkennenden Worten einen prächtigen Lorbeer-
kranz mit der Widmung: „Seinem treuen Mitkämpfer. Der Deutſche
Lehrerverein.“
England. (Zum Antrag Coym.) Am 7. April iſt beiden
Häuſern ein Zuſaß zum Unterricht8codex vorgelegt worden, betr. höheren
Elementarunterricht. 70 höhere Elementarſc<hulen beſtehen bereits in
England und Wales. Die Regierung ſchlägt vor, die Schulen mit
Staatsgeldern zu unterſtüßen. Die aufzunehmenden Kinder (zwiſchen
11 und 15 Jahren) müſſen die Gewähr bieten, daß ſie dem höheren
Unterrichte mit Nuten beiwohnen werden. Die erſten 2 Jahre ſollen
höhere Elementarkenntniſſe vermitteln ; in den 2 lekten Jahren ſoll das
Hauptgewicht auf wiſſenſchaftlihe Vorbereitung für den Kaufmannsberuf
gelegt werden. | | -
Das preußiſche Staat3miniſterium hat beſchloſjen, den Real-
gymnaſial-Abiturienten das Recht zu erteilen, Mevizin ZU
ſtudieren. Nunmehr werden wohl auch die übrigen deutſchen Regie-
rungen dem Beiſpiele Preußens folgen. Durch dieſen Beſchluß iſt einem
allgemein gehegten Wunſche weiter Bevölkerungskreiſe entiprochen worden
Die Greifswalder Ferienkurſe finden in diejem Jahre in der
Zeit vom 16. Juli bis 4. Auguſt ſtatt. Zur Behandlung kommen
Deutſc<, Engliſch, Franzöſiſch, Religion, Pädagogik, Geſchichte, Erdkunde,
Naturkunde. Preis der Teilnehmerkarte 20 H., Zimmer mit voller
Penſion 18--25 K., ohne Penſion 5--8 HK, Mittag 0.75--1.-- M
Anfragen (Poſtkarte mit Antwort benutßen !) ſind unter der Adreſſe Ferien-
kurje, Greifswald zu ſchien. .
Der dritte Sommer im Deutſchen Lehrerheim zu Schreiber:
hau iſt der Titel eines kleinen Heftes, das gegen Einſendung von 0.30 H.
vom Verfaſſer, Hauptlehrer Winkler in Schreiberhau, zu beziehen iſt.
Das Heft enthält Jahre8- und Kaſſenbericht, Urteile von Kollegen, die
im lezten Sommer vort geweſen ſind, ſowie die Aufnahmebeſtimmungen.
Vom Büchermarkt.
Weltgeſchichte zum Konverſatiouns-Lexikon vonDr. W. Sh wahn,
- Dr. M. Manitius8 und Dr. Th. Rudel. In 2 Bd. Mit 32 Bil-
dern in Farbendruck und Holzſchnitt, auf Tafeln und im Texte, nach
Max Henze und Ernſt Marx. Wilh. Kuli>e, Dresden. 1900.
BiSher iſt der erſte Teil des erſien Bandes erſchienen, 354 S.
gr. 8 umfaſſend. Schließt ſich den beſſeren und beſten Konverſ.-Lex., be-
ſonder8 Bro>haus und Meyer, an. Der in dieſen Werken niedergelegte
umfangreiche geſchichtliche Wiſſensſtoff iſt hier in zuſammenhängender
Form dargeboten und ſo zu ſagen aufgeſchloſſen. Die Stichwörter des
Konverſ.-Lex. ſind durch ven Dru> kenntlich gemacht,
um etwaiges Nach-
ſchlagen von Einzelheiten zu erleichtern. Klare, gut le8bare Schreibart,
Benubung der neueren Forſchungen, eingehende Berückſichtigung der
Kulturgeſchichte (auch der Geſchichte der Erziehung) und Beigabe „zeit-
tafel“-artiger Überſichten zeichnen das Werk aus; dasſelbe iſt -- und
nicht nur den Beſitzern eines Konver).:Lex. =- zu empfehlen, um ſo mehr,
als der Preis: 20 M. für zwei Bände von je über 1000 S. mit reichem
Bilderſchmuck, ſchön gebunden, ſehr mäßig genannt werden muß.
A, Gieſeler. Der Religion3sunterricht auf der Unterſtufe im
Anſchluß an das bibliſche Anſchauungsbild. Ausgeführte Lektionen.
1538 S. A. 1.80, geb. 4. 2.40. Greiner & Pfeiffer, Stuttgart.
I. Pünjer und H. Heine. Lehr- und Lejebuch der eng-
liſchen Sprach e für Handelsſchulen. 303 S. 4. 2.50, geb. M. 3.
Carl Meyer (G. Prior), Hannover.
Die neue „„Weltgeſchic<te“. Der nunmehr abgeſchloſſen
vorliegende IV, Band der Helmoltſchen „Weltgeſchichte“ * iſt
in ver Reihe des Erſcheinens der zweite des Geſamtunternehmens.
Obwohl ſeit der Ausgabe des I. Bandes nur ein reichliches halbes Jahr
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vergangen iſt, läßt ſich doch heute ſchon Überſehen, daß der Grund-
gedanfe de8 Werkes eingeſchlagen und gezündet hat. Dieſen Grund-
gedanken, den der Herausgeber des Werkes im erſten einleitenden Ab-
ſchnitt des I. Bandes ſowie in der „Zukunft“ (vom 22. Auguſt 1896
und 11. Februar 1899) und der „Beilage zur Allgemeinen Zeitung“
(vom 26. Oktober 1899) ausführlich. dargelegt hat, brauchen wir nicht
noc<mals zu erörtern : unſere Leſer ſind ja darüber ſchon ausreichend
unterrichtet. Wer etwa die „Geographiſch - ſyn<hroniſtiſche Überſicht der
Weltgeſchichte" von Theodor Dielis mit dem Werke Helmolts vergleicht,
wird ohne weiteres zugeben müſſen, daß die univerſalhiſtoriſche Methode
im letzten halben Jahrhundert unbedingt große Fortſchritte gemacht hat.
Der vorliegende Band, der die Länder und Völker und die
geſchichtlichen Ereigniſſe am Mittelländiſchen Meere umfaßt, verdankt
ſeine Abgrenzung und Anordnung dem Streben, nah der im I]. und
TIT. Bande beſorgten Behandlung des Stoffs, den die fünftauſendjährige
Geſchichte des Orients darbietet, und vor dem eigentlichen Eintritt in
den europäiſchen Weſten erſt die Schwelle gehörig zu betrachten, auf
der ſich dieſer Übertritt geſchichtlich vollzogen hat. „Auf der
Schwelle vom Orient zum Occident“, jo könnte man in
gehobener Sprache den Band betiteln.
Der einleitende Abſchnitt über die Mittelmeervölker ſtammt
noch vom Reichögrafen Eduard von Wilczek her, dem am
17. Oktober 1897 der Tod die Feder aus der Hand genommen hat.
- In dieſer vom Herausgeber ſelbſt überarbeiteten Abhandlung wird der
Beweis geliefert, daß das Meer nicht bloß trennende Eigenſchaften bietet,
ſondern beſonder8 deShalb hiſtoriſchen Wert hat, weil es die Gegenjäte
mildert und die Maſſen eint. Wilczek - Helmolt38 Einleitung hat den
Beruf, die Brücke vom Orient zum Occident zu ſchlagen; ſie will in
einem Zuge genoſſen ſein.
Danach hat Dr. C. G. Brandis (Charlottenburg) die Rand-
völker des öſtlichen Mittelmeer8 und des Schwarzen Meers
in ihrer hiſtoriſchen Entwickelung verfolgt: eine ſchwierige, aber vor-
trefflich gelöſte Aufgabe. In den Rahmen des Bandes fügte ſich ferner
des Roſtocker Profeſſor8 Dr. theo]. Wilh. Walther außergewöhnlich
intereſſante Schilderung der Anfänge und der öſtlichen Entfaltung des
Chriſtentums ungezwungen, wie ganz von ſelber, an der allein
richtigen Stelle ein. Von der Südküſte des Mittelmeers, die in der
Geſchichte Nordafrikas durc<ß Dr. Heinrich Schurß eine ſehr
anſprechende Behandlung gefunden hat, geht es dann über das Wajjer
hinüber nach Südeuropa.
Der ſtreng durc<geführten Anlage des Ganzen entiprechend, hatte
die Schilderung der geſchichtlichen Entwickelung Südeuropas auch
ihrerſeits wieder die oſtweſtliche Richtung : von der Balkanhalbinſel über
die Apenninenhalbinſel nach der Pyrenäiſchen Halbinjel einzuſchlagen.
Hier floſſen nun für die beiden Gebiete der Balkanhalbinſel und Jtaliens
die Quellen ſo reichlich, daß, um die Handlichkeit des Buches zu bewahren,
ein Schnitt vorgenommen werden mußte, der, weil er ja nur praktiſchen
Zweden dient, den Strom der Geſchichte ſelber natürlich nicht hemmt. Dem-
zufolge iſt nur das „klaſſiſche Altertum“: Alt-Griechenland von Prof. Dr.
Rudolf v. Scala (Inns8bruck) und Alt-Rom von Prof. Dr. Julius Jung
(Prag), dem IV. Bande noc< einverleibt worden, während die weitern
Schifale von Byzanz, Griechenland und Jtalien im V. und VI. Bande
zu ihrem Rechte kommen werden. Die ſpaniſch-portugieſijc<e Ge-
ſchichte, geſchrieben von dem ſchon obengenannten Bremer Ethnographen
Heinrich Schurt, konnte dagegen in ununterbrochenem Fluſſe zur
Darſtellung gelangen. Das überaus ſleißig gearbeitete Regiſter umfaßt
auch diesmal wieder 1*/2 Bogen des großen Formats.
Die vielgerühmte Sorgfalt, die das Bibliographiſche Inſtitut
ſeinen ſchönen Verlagswerken angedeihen läßt, ſpricht deutlich auc< «aus
der Ausſtattung des vorliegenden Bandes. Als wahre Perlen der
Chromolithographie ſind zu bezeichnen: die von Gillieron direkt nach
ven Originalen des Athener Muſeums gemalten „Griechiſchen
Altertümer“, die Alexanderſ<la<t, entſchieden die genaueſte
Wiedergabe de3 berühmten Moſaiks, die „Etrurijc<hen Altertümer“
und der „Thronende Chriſtus“ aus der Hagia Sophia. Her-
vorragendes iſt auch in der ſchwarzen Reproduktionstechnik geleiſtet
worden: z. B. die „Hochſtadt von Pergamon“, eine nach den
neueſten Forſchungsergebniſſen von Dr. Bohn gezeichnete Rekonſtruktion,
das „Römiſche Forum“ in zwei Anſichten, das „Maujoleum
der Galla Placidia zu Ravenna“ und der „Angriff bas-
kiſcher Carliſten“ vorzüglich gelungen. Und Kenner der ſonſt
meiſt vernachläſſigten Übergangszeit vom Altertum zum Mittelalter
werden ſich beſonder8 erfreuen an der Neuheit einer Karte von
„Italien im 4. und 5. nachchriſtlichen Jahrhundert“ mit
den Biſchofsſiten. Kurz: des Neuen und Eigenartigen, des Zuverläſſigen
und Intereſſanten beſchert uns dieſer Band jo viel, daß er ſeinerſeits
wieder dazu beitragen wird, dem Unternehmen zu der Menge von alten
Freunden zahlreiche neue zu gewinnen.
1 Weltgeſchichte. Unter Mitarbeit von dreißig erſten Fach-
gelehrten herausgegeben von Hans F. Helmolt. Mit 33 Karten,
47 Farbendruktaſeln und 127 j<warzen Beilagen. 8 Bände in Halb-
leder gebunden zu je 10 Mark over 16 brojchierte Halbbände zu je
4 Mark. Vierter Band. Die Randländer des Mittelmeeres.
Von + Eduard Graf Wilczek, Dr. Hans F. Helmolt, Dr. Karl Georg
Brandi8, Prof. Dr. Wilh. Watther, Dr. Heinrich Schurt, Prof. Dr.
Rudolf von Scala, Prof. Dr. Karl Pauli und Prof. Dr. Julius Jung.
Mit 8 Karten, 7 Farbendructafeln und 15 ſchwarzen Beilagen. Xx,
574 Seiten. ; groß 8".