Full text: Hamburgische Schulzeitung - 8.1900 (8)

belegenen Hartwig Heſſe-Stifts benannt; die Straße trägt 
vom erſten Januar 1900 an den vollen Namen des ver- 
dienten Manne8: Hartwig Heſſe-Straße. -- Die Kirchen- 
ſtraße wird in Zukunft Rautenbergſtraße heißen und zwar 
zum Andenken an Johann Wilhelm Rautenberg, welcher 
von 1820--1865 Prediger in St. Georg war. Er war 
am 1. März 1791 zu Moorfleth al8 Sohn eines Bäder- 
meiſter8 geboren, trat 15 Jahre alt als Unterlehrer in das 
Grüning'ſche Inſtitut auf dem Hamburger Berg (jekt St. 
Pauli) ein, vertauſchte aber dieſe Stellung bald mit einer 
gleichen, in dem Inſtitut eines Herrn Bettac in Altona. 
Hier ſc<hloß er herzlihe Freundſchaft mit dem Candidaten 
PBeterſen,*) welcher damal38 ebenfalls bei Bettac unter- 
richtete, und Peterſen's Einfluß iſt e8 wohl hauptſächlich 
zuzuſchreiben, daß Rautenberg jich zum Studium der 
Theologie entſ<loß. Freilich hatte er die dafür nötigen 
Vorkenntniſſe in den alten Sprachen nachzuholen, und trat 
daher 20 Jahre alt ins Johanneum ein und zwar in die 
Quarta. Seinem energiſchen Fleiß gelang es jedoch, das 
Fehlende in verhältniSmäßig kurzer Zeit nachzuholen, jo daß 
er ſchon im Sommer 1813 auf die Kieler Univerſität gehen 
fonnte. Hier hat er, infolge der traurigen Zeitverhältniſſe, 
mit mancherlei Mißgeſ<hi> zu kämpfen gehabt, und mußte 
zunächſt für ſeine Exiſtenz ſorgen. Endlich konnte er jeinem 
Studium leben, das er dann in Berlin fortjezte. Im 
Februar 1818 wurde er unter die Zahl der h.eſigen Candi- 
daten aufgenommen, und wurde am 3. September 1820 
zum Prediger in St. Georg gewählt. Hier hat er faſt 45 
Jahre lang gewirkt, und durch ſeine hingebende Treue im 
Beruf, ſeine wahrhafte Frömmigkeit, jeine raſtloje Thätig- 
feit und ſeine Wohlthätigkeit ſich als Prediger in der da- 
maligen Vorſtadt St. Georg in hohem Maße das Vertrauen 
und die Liebe ſeiner Gemeinde erworben. Er war ein 
<Haraktervoller Mann, der allerdings durch die große Ent- 
ſchiedenheit, mit der er das von ihm für richtig Erkannte 
vertrat, ſich auch manchen Gegner erwe&te. Rautenberg 
ſtarb am 1. März 1865, und ward am 6. März desjelben 
Jahre3 unter großer Beteiligung ſeitens der Gemeinde auf 
dem St. Georg3-Kir<hofe beſtattet.?) Da da3 Terrain diejes 
Kirc<hof3 aber demnächſt für die Eijenbahn-Anlagen in An- 
ſpruch genommen werden foll, jo hat man im Oktober 1899 
die ſterblichen Überreſte Rautenberg8 nach dem Zentralfried- 
hofe zu Ohls8dorf in ein Familiengrab überführt, wo jpäter 
auch ſeine vor ihm verſtorbene, in Bergedorf beſtattete 
Gattin ihre letzte Rubeſtätte finden foll. Der auf Rauten- 
bergs Grabe befindlich geweſene Grabſiein iſt in einer Niſche 
an der St. Georgs8kir<he aufgeſtelt worden, während ein 
Denkſtein, welchen die Schüler der Sonntagsſchule ihm am 
1. März 1891 ſezen ließen, in dieſer Schule einen Ehren- 
plat erhalten wird. Dadurch und durch die Umbenennung 
der Kir<enſtraße in Rautenbergſtraße wird das An- 
denken des wohlverdienten Manne3 in Ehren gehalten werden. 
-- Alſterweg und Bleicherſtraße werden künſtig einen 
Straßenzug bilden, und Shmilinskv ſtraße heißen. -- Der 
am 20. April 1891 verſtorbene Herr Heinrih Sc<hmilinsky 
vermachte in Gemeinſchaft mit ſeiner Gattin jein Vermögen 
einer milden Stiftung, durc< welche elternloſen unverforgten 
jungen Mädchen, geborenen Hamburgerinnen evangelij<er 
Konfeſſion, die Mittel zur Vorbereitung auf einen nüßlichen 
Beruf, und [o lange ſie unverehelicht bleiben, auc< eine ſreie 
Wohnung in einem zu erbauenden Stiſte gewährt werden 
ſollen. Letztere8, das S<milin3ky-Stift, ijt inzwiſchen an 
der Bleicherſtraße zwiſchen Tüngel- und Knorreſtraße erbaut 
worden, und e8 gewährt auch älteren Lehrerinnen und 
Gouvernanten, die nicht mehr unterrichten können, freie 
Wohnung. Auch dieſe Damen müſſen geborene Hamburger- 
!) Später war Peterſen erſt Prediger in Ottenſen, dann in 
Schle8wig am Dom. 
>) Vergl. Lexikon der hamb. Scriftſteller V1., Seite 168 |f. Eine 
ausführliche Biographie Rautenbergs iſt 1866 erſchienen: F. A. Löwe, 
Lic. Th., Denkwürdigkeiten aus dem Leben des Johann Wilhelm 
Rautenbera. 
19 
 
 
 
ie zi zetor nan weer es ed ent 
innen und evangeliſcher Konfeſſion ſein. Dem Begründer 
dieſer wohlthätigen Stiftung zu Ehren iſt demibiSherigen Straßen- 
zug Alſterweg--Bleicher ſtraße der Name Schmilinsky- 
ſtraße beigelegt worden. | 
An zwei angeſehene Ärzte, die lange Jahre hindurch 
in St. Georg thätig geweſen ſind, Dr. Carl Chriſtoph 
Conrad Ca3par (1778--1836) und Dr. Karl Rudolf 
Ca3par (1813--1898)»), ſoll die künftig Casparſtraße 
heißende Friedrichſtraße beim Allgemeinen Krankenhauje 
erinnern?). In der Nähe befinden fich die ſchon bei ihrer 
Anlage nach verdienten Oberärzten des genannten Kranken- 
hauſes benannten Straßen: Bulauſtraße, Knorrejtraße 
und Tüngelſtraße. 
Zu erwähnen iſt endlich noc< die Umbenennung der 
Minnaſtraße (Hammerbrook) in Olgaſtraße; ich vermag 
jedoc< nicht zu ſagen, weſſen Andenken dadurch geehrt werden joll. 
4. St. Bauli. Folgende kürzere Straßen werden:j e 
zwei zu einem Straßenzuge vereinigt, wobei der ge] perrt 
gedrudte Name bleibt, der andere aber wegfällt : 
Bergſtraße--Silberſa&ijtraße, 
Grabentwiete -- Aſhlſtraße, 
Langereihe =“- Reeperbahn, 
kleine Peterſenſtraße--Hörmannſiraße, 
neue Roſenſtraße--S <hanzenſtraße. 
Die erſte und zweite Bernhardſtraße, die erſte 
und zweite Grichſtraße, und die erſte und zweite Fried - 
richſtraße verlieren die Zuſätze „erſte“ und „zweite“ und 
heißen fünftig nur Bernharditraße, Erichſtraße, 
Friedrichſtraße. Dagegen ſind die öſtliche, mittlere und 
weſtliche Querſtraße in der Zollverein3niederlage neubenannt 
al3 erſte, zweite und dritte Seitenſtraße, welche Namen 
allerding3 nicht mehr Inhalt als die früheren haben. Von 
der großen Beterſenſtraße wird das Stüc zwiſchen 
Trommelſtraße und Lincolnſtraße zu letterer gezogen, 
während der übrige Teil Am Nobisteich genannt wird. 
Im 13. Jahrhundert und zwar ſeit 1258 bildete ein“ Bach, 
der als Bach (rivus) Herwarde3hude bezeichnet wird, 
die Grenze zwiſchen dem Gebiet der Stadi Hamburg und 
dem der Grafen von Holſtein-Schauenburg. Diejer Bach ent- 
ſprang in einem Walde etwa in der Gegend der heutigen Straße 
Schulterblatt und floß ſüdlich zur Efbe. Im Jahre 1247 war 
bier ein Kloſter erbaut worden, das denſelben Namen wie der 
Bach führte; ſc<on 1295 wurde e3 an die Alſter verlegt, 
unter Beibehaltung des erſten Namens. Der Bach Herwardes- 
hude muß anfangs ziemlich waiſerreich geweſen fein, da er 
auf dem Gebiet des Kloſter3 eine Mühle trieb ; dieſe ging 
aber im Laufe des 14. Jahrhunderts ein, und an ihre Stelle 
trat eine kleinere, wie ſie der dur< die Lichiung des erwähnten 
Waldes verringerten Waſſerkraft des Baches entſprach. 
Vielleicht iſt dieje kleinere Mühle ſcherzhaft eme Pfekrer- 
mühle (Pepermole) genannt worden, wonac< jener Bach 
der Pepermolenbe> hieß. Im 17. Jahrbundert waren 
Teiche nördlich und ſüdlich der Landſtraße, die den Namen 
No bisteiche führten und zwar nach dem nabegelegenen 
Nobis3krug, der 1328 zuerſt genannt wird.*) Die endgültige 
Erklärung dieſes Namen3 iſt noch nicht gelungen ; jedenfalls 
ſteht er in keinem Zuſammenhang mit der Inſchrift „Nobis 
bene, pnemini male“ an den TIhorpfeilern des ehemaligen 
Nobi3thor8 9) Die Teiche find längſt wieder veri<wunden; 
die Erinnerung an ſie wird in obigem Straßennamen erhalten. 
Der Pepermolenbed> hieß ſpäter der Grenzbac<h und 
iſt jezt im eine Sielanlage umgewandelt worden. 
Ganz neu benannt ſind folgende Straßen: 1. Die 
Kirchenſtraße. Sie wird künftig Heidritterſtraße beißen, 
und zwar zur Erinnerung an Paſtor Johann Georg Heidritter 
1!) Letzterer wohnte lange Zeit am Steindamm, nahe der Bö>mann: 
ſtraße. An der Stelle ſeines und eines benachbarten Hauſes befindet 
juh jekt das große Etagenhaus No. 76. 
*) Vgl. Dr. Obſt a. a. O. 
3) Vgl. Ehrenberg, Altona, unter Schaumburgiſher Herrſchaft, 
Heft 1, Seite 27-31 und Excurs 1. 
5) Vgl. Ehrenberg, a. a. O. Heft Il/111, Seite 41 und 42, 1owie Anh. 1.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.