wermaumendeen
Dr. Th, Er war am 6. Januar 1738 zu Stade geboren,
machte jeine Studien in Hamburg und Göttingen, und wurde
am 24. April 1761 unter die Candidaten des Hamburgiſchen
Miniſteriums aufgenommen. Nachdem er am 15. Juni 1762
aue<g in Stade Candidat geworden war, wurde er am
29. April 1763 zum Paſtor in Horneburg und von da am
14. Mai 1769 an die St. Pauli-Kirche in Hamburg gewählt.
Am 29. April 1813 hätte er ſein 50 jähriges Jubiläum als
Prediger feiern“ können, wurde aber leider zu nicht geringer
Betrübnis ſeiner zahlreichen Verehrer und Freunde in der
Stadt wie in der Vorſtadt aufs unvermutetſte daran verhindert.
Er begab ſich nach Stade; am 3. Januar 1814 ward ſeine
Kirc<e und jeine Amtswohnung von den Franzoſen zerſtört.
Er iſt nicht wieder hierher zurü&gekehrt, ſondern hat, da
jeine Geſundheit dur; Alter wie durch die Leiden der
Franzoſenzeit jehr gelitten hatte, im Februar 1819 ſein Amt
freiwillig niedergelegt, und iſt am 16. Juni 1824 zu Stade
geſtorben. ?*) Sein Nachfolger wurde Paſtor H. G. Horn.*)
Eine handſ<riftliche Fortſetzung von Dr. Janſſen's „Aus8-
führl. Nachrichten uſw.“*) nennt Heidritter „durch Alier,
Erfahrung und Einſichten, wie durß Achtung und Liebe
ſeiner Gemeindeglieder gleich ausgezeichnet.“
2. Die Marienſtraße wird Ed>ernförderſtraße
heißen, wohl zum Andenken an den großen Sieg, den die
Schle3wig-Holſteiner am 5. April 1849 unter Jung manns
Oberbefehl über die beideu großen däniſchen Kriegsſchiffe
ChriſtianVUlI und Gefion bei EFernför de errungen haben.
3. Die Wilhelmſtraße wird in Wilhelms8platz
umbenannt, wa38 auch ihrer Geſtaltung beſſer entſpricht.
4. Die WilhelmsSſtraße in der Zollvereinsniederlage
wird künftig Merkurſtraße heißen. Merkur war in der
griehiſchen Götterlehre der Götterbote und der Beſchütßer
de3 Handels. Die Zollvereinsniederlage hat ſtets Handels8-
und Geſchäft3zwe>en gedient, und auch ein Poſtamt iſt hier;
beide3 findet in dem Namen des Gottes ein paſſende3 Symbol.
5. Endlich wird die Carlſtraße künftig Balduin-
ſtraße beißen, aber den Grund dafür vermag ich nicht anzugeben.
Durc< Vorſtehendes ſind die Auffäße über die Ham-
burgiſchen Straßennamen in Jahrgang 1897-98 dieſer
Zeitung ergänzt. Die wichtigſten neuen Straßennamen in
den ehemaligen Vororten behalte ich einem zweiten Auffjate vor.
Schulinſpektion durch Bürger.
Ein Verſuch, die unterricht3geteßlichen Beſtimmungen über die Inſpektion3-
Kommiſſionen zu erläutern.
Von Dr. L. Bornemann.
„Dezentraliſation iſt das A und O unſerer Wünſche.“
So ſchrieb vor zehn Jahren einer der tüchtigſten preußiſchen
Oberlehrer in ſeiner Schrift „Staat und Erziehung“.
I< bin gewiß, daß derſelbe, nachdem er jezt zum Gym-
naſialdirektor ernannt iſt, nicht anders denkt.
Dezentralifation iſt das Weſen der beſtehenden
Hamburgiſhen Sculverfaſſung von 1870. Glücliche
Dezentraliſation =- auf dem Papier!
Nach dem Geſeß unterſtehen die Schulen der „Ver-
waltung und Aufficht“ (8 9) der Bezirk <ulkommiſſionen ;
in ihrer Hand liegt auch die ſpezielle Schulinſpektion.
Man hat ſich leider -- oben und unten -- gewöhnt,
Sculinſpektion als ein Stü> polizeilichen Amtsverfahrens
aufzufaſſen. Nac<h Art derjenigen Polizei, die mit dem
Publikum auf geſpanntem Fuße ſteht. Ganz anders hat
Dörpfeld mehrfaH das Weſen eine8 Schulinſpektor38 ge-
zeichnet : er fei der wahre „Schulpfleger“. Mit Bezug
1) 3. A.+R. Janſſen Dr., Ausführliche Nachrichten über die ſämt:
liGen evangeliſchen - proteſtantiſchen Kirchen und Geiſtlichen der freien
und Hanſeſtadt Hamburg und ihres Gebietes ujw. Hamburg 1826,
Seite 150 und 151. -- Paſt. IJ. Lieboldt, die St. Pauli Kir<he ehemals
und jetzt, Seite? 24.
2) erwählt 5. Dezember 1819, geſtorben 30. Mai 1849.
3" im Beſitze des Vereins für Hamburgiſche Gej<i<hte.
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auf den Lehrerſtand ſagt Ludwig Wieſe in ſeinen „Päda-
gogiſchen Idealen und Proteſten“: „Die Aufſicht [wird]
den Ginzeinen, der tüchtig und des Vertrauens wert iſt,
ſoweit der Zwe> des Ganzen es irgend zuläßt, gewähren
laſſen müſſen, im Sinne W. v. Humboldts, der bei
ſeinem Antritt der Unterricht8verwaltung für
notwendig erklärte, mehr als vorher geſchehen,
das Gewiſſen der Menſchen an die Stelle
äußerer Kontrolle treten zu laſſen“. Gewiſſen,
nicht Polizei!
Bei Geldinſtituten ſind überraſchende Kaſſenreviſionen
von Wichtigkeit. Aber [o gewiß jedes Schulkind ein an-
vertrautes Kleinod iſt und wiederum das geiſtige Beſitz-
tum ſein wertvollſte Stü, ſo zwecklos ſind Schul-Kaſſen-
reviſionen nach jenem Muſter, jo unwürdig die Furcht
vor ihnen als Triebfeder des Lehrer3: oder wer bildet
ſich ein, dieſer (geiſtige) Schatz ließe ſich „herzählen“ ?
Vielmehr, wenn ander3 das Lehramt ein Vertrauenszamt
iſt, jo jollte man doh zu den Hauptlehrern und Schul-
leitern, die man nach Bewährung beſtellt oder zugelaſſen
hat, wenigſtens die Zuverſicht haben, daß ſie den regel-
mäßigen Verlauf des Unterricht3 nach der ſ<hulted-
niſchen Seite hin ſtets und ausreichend im Auge halten.
Dagegen ſind für die im Intereſſe des Staates
erforderliche Inſpektion und für die ſtändige Beobachtung
des Schulbetriebes im Bezirf einſichtige Bürger die
geeigneten Perſjönlichfeiten, zumal wenn ihnen der tech-
niſche Beirat eines Schulrat3, eine38 Hauptlehrer8, eines
Privatſchulvorſtehers, etwaiger „fungierender Lehrer“
innerhalb der Schulkommijfſion geboten wird. Was iſt
denn das weſentliche Intereſſe de8 „Staate8“ an der
Sculauffiht? Dies, daß ihm kein erwerbs8unfähiges
und für die Gemeinſchaft 5e8 Volks8lebens ungenügend
vorbereitetes oder auch geiſtig und körperlich verfrüppeltes
Geſchlecht zuwächſt. Ob mehr Wiſſen erworben werde,
al8 zur Lebensführung eines redlichen und verſtändigen
Bürger38 gehört, das iſt eine Sorge, die ihn al8 Staat
für die Allgemeinheit nicht3 angeht. Alſo ſind Bürger
zur Inſpektion grundſäßlich kompetent.
Aber wenn es nun einmal unter den heutigen Leben8-
verhältniſſen für erforderlich aus8gegeben wird, daß ein
„Bürger“ durc<h eine fogenannte „Realſchule“, nemlich
eine „militärberechtigte“ Realſchule gegangen ſei, jo find
auch für dieſe Schulart und die damit zujammenhängenden,
bö3 verfahrenen Fragen de38 Volk8wohl3 denkende Bür-
ger, aber nicht zuerſt und lediglich Schulbeamte zum Urteil
berufen. Natürlih nicht zur Abnahme des famoſen
Militärexamens, von dem wir hoffen dürfen, daß e3 bald
verſchwindet (hat doch der bairiſche Krieg8miniſter letzthin
erflärt, die Näilitärverwaltung habe am GEinjährigen-
Inſtitut abſolut kein Intereſſe, ja von Seiten der Militär-
verwaltung wäre e8 im Hohen Grade wünjchenswert,
wenn dieſes Inſtitut nicht beſtehen würde); wohl
aber ſollen ſich nachdenkende Bürger in die damit zu-
ſjammenhängenden Lebensfragen vertiefen, etwa ob jener
Realſchuldrill die eigens dafür ausgeworfenen öſſentlichen
Gelder für die Gemeinſamkeit wirklich verzinſe, ferner
wie für fähige Schüler aus niederem Stande der Mit-
genuß einer verſtändig eingerichteten Mitteli|<hulbildung,
eventuell mit Anſchluß an die oberen Fachſchulen zu exr-
möglichen fei u. dergl. m.
Wer übrigens am beſten und genaueſten den Ein-
fluß einer Schule auf Körper und Geiſt, Willen und Ge- -
müt des Kindes beurteilen kann, das ſind die Gltern
ſelbſt (alfo durchaus „Laien“), ſofern ſie nur einen
offenen Bli>d für die Gniwiklung ihrer Lieblinge be=
halten und nicht durhg Angewöhnung faliher und irrez
führender Maßſtäbe (3. B. Ablegung des Einjährigen=
examens) geblendet und verdummt find. Freilich, eins
bleibt wahr: das endgültige Urteil geben nicht die
jeweiligen Eltern, auch nicht die teilnehmenden Bürger
des Bezirks, no€g; weniger Shulräte, Schulinſpektoren