der Erziehung und des Lehrerſtandes.
Berausgegeben
von Lehrern und Lehrerinnen.
Kommiſſionär H. Reßler, Leipzig, Seeburgfſtr. 40.
Schriftleitung:
U. Struve, Hamburg-Eilbec>,
Jungmannſtr. 21, p.
Verlag:
Shröder & Jeve, Hamburg,
Kl. Reichenſtr. 9-11. Fſpr. 2080.
Die Hamburgiſche Schulzeitung erſcheint jeden Mittwoch in einem Bogen Großquartformat zum Preiſe von 1 Mark 50 Pfg. für das Vierteljahr.
Beilage: Die monatlich erſcheinende Jugendſchriften-Warte, Schriftleiter 5. Wolgaſt. -- Beſtellungen nehmen außer den Verlegern, alle
Buchhandlungen, Jeitungsgeſchäfte und Poſtämter an. -- Beiträge ſind an die Schriftleitung, Bücher zur Beſprechung an Herrn Hauptlehrer Martens,
Hamburg-St. Georg, Baumeiſterſir. 8, zu ſenden. Unzeigen werden für die Petitzeile von 63 mm Breite mit 20 Pfg., Beilagen nas Übereinkunft
berechnet. -- Poſt- Liſte Nr. 3188. -- Klagen über unpünktliche Zuſtellung ſind gefl. ſofort dem Derlage mitzuteilen.
8. Jahrgang.
Mittwo, den 18. Juli 1900.
Ür. 29.
Ferienausflüge für Kinder.
Die Anmeldungen von Kindern ſind ſo zahlreich, daß
es uns nicht möglich iſt, mit der un3 zur Verfügung ſtehenden
Anzahl von Führern und Führerinnen auch nur den geringſten
Anforderungen gere<t zu werden. Wir bitten daher die
werten Kollegen und Kolleginnen, welche geneigt ſind, an den
Ferienausflügen teilzunehmen, ſich bis ſpäteſtens Freitagabend
bei dem Unterzeichneten oder bis Sonnabendnachmittag
5 Uhr bei der Anmeldeſtelle zu melden. Al3 Entſchädigung
für ihre Mühe gewähren wir allen Führern je 1 M. außer
freier Fahrt und freiem Getränk (Brauſe).
JI. A. der Kommijſion für Ferienausflüge:
Willy Puls.
Inhalt: Eine Ferienreiſe na< Algier. Von G. Gruſt. -- Rüblicke
und Ausbli>se an der Jahrhundertwende. Vortrag von EG. Beger-
Leipzig. (Schluß.) -- Vom Landgebiet. -- Pädagogiſ<e Rundſc<au. --
Vom Büchermarkt.
Eine Ferienreiſe nach Algier.
Von G. Grutſt.
Das Wandern iſt des Müller8 Luſt, das Reiſen aber
it des Schulmeiſters Luſt. Die Zeiten, in denen das Reiſen
nur per pedes betrieben wurde, alfo ein wirkliches Wandern
war, find vorüber. Heute beſteigt man ſein Dampfroß und
durc<hbrauſt Entfernungen in Tagen, welc<e man früher kaum
in Wochen oder Monaten zurügelegt haben konnte. Das
luſtige Schulmeijtervölk<en begiebt ſich in den großen Ferien
gemeiniglih auf8 Reiſen. Als Angehöriger dieſer Nation
lenkte i< am Abend des lezten Schultages vor den großen
Ferien meine Schritte na dem Hannoverſchen Bahnhof,
um gleichfal8 eine Reiſe zu unternehmen. Dieſelbe ſollte
nicht nur über mein geliebtes Deutſchland, ſondern auch
über Europa hinau8gehen. I< wollte afrikaniſchen Boden
unter meinen Füßen haben. Gewiß wird manchem Leſer
Bedenken aufſteigen, der die Verhältniſſe des Schulmeiſter-
ſtandes kennt. Vier Wochen ſind uns zur Erholung gegeben.
Dieſelben können wir freilich auSmnußen, wie wir wollen.
Aber am Montag nach der vierten Woche haben wir morgens
7*/4 Uhr präziſe friſM; und erholt in der Schule zu ſein.
In vier Wochen ſoll eine Reiſe von Hamburg nach Afrika
und zurücd gemacht werden! Dies wäre vor Erfindung der
Lokomotive und der Dampfſchiffe ein Unding geweſen.
Heutigestag3 iſt das nicht ſ|<limm. Dabei war es durchaus
nicht meine Abſicht, |<nurſtra>s nach Afrika und dann zurüc-
zureiſen, ſondern link3 und recht8 alles, was die Welt Großes
und Schönes bietet, mir auch no< anzuſehen.
Zunächſt fuhr ich von Hamburg nach Baſel, der Ein-
gangspforte der Shweiz. Der Zug, der am Sonnabend,
9 Uhr abends den Hannoverſ<en Bahnhof verlaſſen hatte,
lief am Sonntag gegen 9 Uhr abend8 im Baſeler Zentral-
bahnhof ein. I< befand mich jetzt im Lande der Freiheit,
da3 Schiller uns jo ichön zu ſchildern verſtanden hat. Am
Morgen machte ich einen Spaziergang durch Baſel und über
die RheinbrüFen, wobei ich Gelegenheit hatte, von neuem
die Schönheit und Großartigkeit des Rheinſtroms8 zu be-
wundern. Überraſchend wirkt auf jeden Norddeutſchen die
grüne Farbe de3 Rheinſtrom38. Mit dem zweiten Morgen-
zuge fuhr ic na< Bern, der Hauptſtadt der Schweiz. Es
iſt eine altertümliche Stadt. Die Straßen beſten faſt ſämt-
lich keine Trottoir83. Die Häuſer haben ſonderbare pfeiler-
artige Unterbauten. Alle3, wa3 man an Bauten ſieht, iſt
ehrwürdig und jJolide. Mitten in der Stadt liegt das Rat-
haus. Beſonders intereſjant find dann an Bauwerken der
Kindlifreſſerbrunnen und der Uhrturm, der ein wirklich be-
wundern3würdiges Uhrwerk enthält. Der ganze Plaß vor
demjelben war um 2 Uhr, zu welcher Stunde ic mich hier
eingefunden hatte, gedrängt voll von Alisters und Ladies,
welche mit großen Krimſtehern, Lorgnetten und Monocles
bewaffnet, tbe admirable work in gurgelnden Lauten be-
wunderten. Außerhalb Bern3 liegt der berühmte Bären-
graben, in welchem immer einige Vertreter der Bärenfamilie
gehalten werden. Groß und klein nimmt lebhaften Anteil!
an der Bevölkerung dieſes Zwingers. In Erſtaunen jette
mich die äußerſt niedrige Umfaſſung5mauer, die mir eben
übers Kinn reichte. Auch ſah ich, wie ein kleines Kind au!
die Mauer hinauffklomm und in einer höchſt gefährlichen
Lage zu den geliebten Inſaſſen des Graben3 binab]chaute.
I< konnte längere Zeit den Gedanken nicht lo8 werden,
daß hier, da der Plaß um den Graben von Kindern und
Frauen beſtändig umlagert iſt, über kurz oder lang ein Unglüä
paſſieren müſſe. Vor einiger Zeit la38 i< in der Zeitung,
daß ein Erwachſener in früher Morgenſtunde wahrſcheinlich
in benebeltem Zuſtande in den Graben gefallen und von
den Bären entſetzlich zugerichtet worden wäre.
No< am Abend verließ i< Bern und traf 11/2 Uhr
in Genf ein. Die Lage dieſer Stadt am ſchönen Genſer
See iſt einzig. Der BliX vom Qai du Mont Blanc au!
den ſchönen See, die Rouſſeau-Jnfel, die ſ<önen Brüden
du Mont Blanc und des Berges, die hohen Savovyerberge
am gegenüberliegenden Ufer, hinter denen majeſtätiſch der
mit ewigem Eis und Schnee bede>te Mont Blanc emporragt,