Pädagogiſche Rundſchau.
Fortbildungs8ſchulweſen in Frankreich. Erſt vor wenigen
Jahren hat eine Bewegung zur Einrichtung von Fortbildungsſchulen
angefängen ; auf vem pädagogiſchen Kongreß zu Nante3 im Auguſt 1894
wurde ſie eingeleitet, und im Anfange des Jahres 1895/96 jette ſie in
ganz Franfreich ein. Wie weit die Bewegung erfolgreich geweſen iſt,
zeigen folgende Daten, die das „Zentralblatt für das gewerbliche Unter-
richtöweſen in Oſterreich“ dem Bericht des franzöſijchen Unterrichts-
miniſteriums entnimmt: Im Jahre 1894/95 beſtanden in Frankreich
7500 Fortbildungskurſe, die in der Regel ſehr ſchlecht beſucht waren.
Im Jahre 1895/96 wurden 15 778 Kurſe eröffnet, die von 18 500- Lehrern
geleitet wurden und durchſchnittlih eine Dauer von drei Monaten
mit wöchentlich dreimal Unterricht gehabt haben. Außerdem find aber
noc< eine Reihe von Kurſen durch Privatvereine eingerichtet worden.
Die Kurſe ſind ſehr unregelmäßig über da8 ganze Land verteilt; in
einigen Departements, wie Aisöne, Pa3:de:Calai8, Nord, Seine-et-Oite,
findet man 500 bis 600; in anderen, wie Gers, Vaucluſe, Allier, giebt
es nur 20 bis 30. Zm allgemeinen iſt die Bewegung in Nord- und
Oſtfrankreih am größten und im Weſten und Süden am j<wächſten
geweſen. 400 000 Hörer haben ſich am Anfang de3 Jahres einſchreiben
laſjen, und 270 500 haben die Kurſe regelmäßig und mit Erfolg beſucht.
Fortbilvungskurſe für Mädchen zählte man nur gegen 1800. Neben den
Abendkurſen hat man faſt überall öffentliche Vorträge veranſtaltet, die
für alle Einwohner de8 Dorfes oder der Stadt zugängli<? ſind und
Gegenſtände von allgemeinem Intereſſe behandeln. Im Schuljahre 1894
wurden 10397, 1895/99 61 486 folher Vorträge gehalten. Für den
Beſuch der Kurſe wird ein Schulgeld von 5 Francs für den Winter
erhoben; Gemeinde und Departeiment3regierung müſſen erhebliche Zuſchüffe
leiſten. Die Summe der Beiträge der Gemeinden betrug 11 506 000 Franc8,
der Departement8 37400 Franc3. Jeder Lehrer, der an dieſen
Kurſen wirkt, erhält acht Wochen Ferien, ſtatt der üblichen jeHs. Außer-
dem bewilligte der Staat 120 000 Francs zur Anſ<Haffung von Medaillen,
Ehrendiplomen und Büchergaben für befonder3 tüchtige Lehrkräfte.
Vom Büchermartt.
Heft 7 (IV. Jahrgang) der im Verlage von Julius Klink-
hardt in Berlin erſcheinenden Monats8ſhrift „Die Deutſche
Schule“ hat folgenden Inhalt: Stimmen zum Sculprogramm
des XX. Zahrhunderts. VILL Von Dr. Karl Schneider. --
Universitas scholarum. Bräliminarien. Von Dr. C. Reichardt. --
Kritiſcher Rü>bli> auf die Deutſ<he Lehrerverſammlung in Köln. Von
L. Boy. -- Umſc<hau. -- Mitteilungen (Die 32. Generalverſammlung
des Vereins für wiſſenſchaftlic<e Pädagogik) -- Gegen die Kinderarbeit --
Ein ſozialpädagogiſches Schulprogramm -- Die Rädagogiſ<e Central:
bibliothek in Leipzig = Marburger Ferienkurſe = Breslauer Ferien:
kurſe --- Perſonalie). =- Litteratur (Zur Lehre vom darſtellenden Unter-
richt [H. IJ. Eiſenhofer] = Die Litteratur des Zeichen- und Kunſt-
unterri<t8 im Jahre 1899 [Th. Wunderlich] -=- Litterariſche Notizen
[Z. Beyhl] -- Zeitſchriften -- Cingegangene Scriften).
Aus dem reichhaltigen Stoff der Nummer 20 der illuſtrierten
Halbmonatsſc<hrift Niederſachſen beben wir den vorzüglich und reich:
illuſtrierten Artikel über Gos8lar8 Kunſtſi<ätge und Altertümer von
A. Wieſe-Go8lar hervor. Sehr intereſſant iſt auch der Aufjaß über die
ehemaligen Volkstrachten und Volksſitten in Sc<le8wig-Holſtein, ſowie
die Beſchreibung der Schlacht und de38 Denkmals bei Jdſtadt.
Backhaus. Lehr: und Übungs8buc<e der engliſchen Sprache.
Ausgabe B, II. Teil. 1898. Hannover und Berlin. Verlag von
Car l Meyer (G. Prior). VI + 220 S. Preis A. 2.--, geb.
. 2.40.
Das Buc< iſt nach grammatiſchen Rü>ſichten eingeteilt. Die erſten
neun Abſchnitte behandeln die Wortlehre, Abſhnitt X die Saßklehre,
Abſchnitt XI die Lautlehre und Rechtſhreibung, Abſchnitt XII bietet
geſchi<tlihe StüFe und Gedichte. Angefügt iſt ein engliſ<-deutiches
Wörterverzei<nis. Jede Lektion geht von einem zufammenhängenden
Leſeſtü> aus, in welchem die vorkommenden Beiſpiele für die einzu:
vrägenden Regeln durch Fettdru> hervorgehoben ſind. Aus dieſen und
anderen, zur Ergänzung hinzugefügten Beiſpielen, unter welchen
zahlreiche Sprichwörter vorkommen, werden die grammatiſchen uſw.
Regeln entwidelt, die ſ<ließlib in kurzen deutſ<en Übungs:
fäßen mit demtyelben Inhalt wie da38 vorangeſtellte Muſterſtü&> ange:
wandt und befeſtigt werden. Der JInhalt der Lejeſtüke liegt meiſtens
dem kindlichen Erfahrungskreiſe nicht fern und iſt durc<weg |[pannend,
teilweiſe geradezu eriHütternd. Das ganze Buch verrät den praktiſchen
Schulmann und iſt für den Gebrau<h zu empfehlen. Jedoch
ſei auf einen bei der befolgten Methode nahe liegenden Übelſtand hin:
gewieſen, nämlich, daß viele Leſeſtücke nur ſehr wenige und jehr zerſtreute
grammatiſche Beiſpiele bieten, 3. B. „The Story of Macbeth“ (S. 121;
in 46 Zeilen nicht ein einziges, „The Power of Mercy“ (S. 137) in
82 Zeilen nur drei Beiſpiele. Pietät gegen den Grundtext iſt gewiß
lobenswert ; aber ſollte nicht in einem grammatiſ<en Lehr: und Übungs:
buch eine Bearbeitung mancher Stü>e naß grammatiſchen Bedürfniſſen
wünſchen8wert und zuläſſig jein? Drudfehler finden ſid u. a. S. 8,
Zl. 10 v. u., S. 16, Z 6 v. u, S. 24, Z. 8, S8 26, Z1. 22, S. 32,
Zl. 19, S. 33, ZU. 3, S. 36, ZU. 11 v. u. Die erwähnten Mängel
ändern indeſſen das ausgeſprochene Geſamturteil nicht. H. Berndt.
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Edmund Frauke. Franzöſiſche Stiliſtik. Ein Hilfsbuch fü
ven franzöſiſchen Unterricht. 2. Auflage. Berlin. Wilh. Gronau.
XVIV + 344 S.
Das Buch enthält drei Teile: I. Die Darſtellungsmittel - der
franzöſiſchen Sprache für die einzelnen Wortarten (1. Wiedergabe der
deutſchen Hauptwörter, 2. der Adjektive, 3. der Pronomina, 4. der Zeit:
wörter, 5. der Adverbien, 6. der Präpoſitionen). I1. Stiliſtiſche Eigen:
tümlichkeiten des Franzöſiſchen in Bezug auf den Satzbau (1. in Bezug
auf die Form der Saßglieder, 2. die Stellung und Verbindung der Saz-
glieder, 3. den Bau zuſammenhängender Säge). 111. Die gebräuch-
lichſten Formeln und Wendungen der zuſammenhängenden Dar:
ſtellung (1. die Einleitung, 2. die Beweisführung, 3. oft vorkommende
techniſche Ausdrüe, 4. ausſc<müdende Phraſen, 5. Wiedergabe der
gebräuchlichſten Latini8Smen). Überall, wo die formale Seite der
Sprachbildung in den Vordergrund geſtellt wird, alſo in erſter Linie in
den Oberklaſjen der Gymnaſien, wird eine Stiliſtik wie die vorliegende
nach und neben der Lektüre gute Dienſte leiſten. Auch werden einzelne
Kapitel mit Vorteil zur Vorbereitung auf das Mittelſchullehrer:Cxamen
durc<gearbeitet werden. Die Überſichtlichkeit des ſonſt empfehlenSwerten
Werkes ließe ſich durch paſſendere äußere Anordnung der Einzelheiten
und geeigneten Wechſel in den Typen bedeutend erhöhen. H. Berndt.
I. F. Hüttmann. „Deutſ<es Sprac<hbuc<h. Methodiich geord-
nete Beiſpiele, Lehrſäße und Aufgaben“ uſw. Ausgabe A. 1. Teil.
25. Aufl. Preis 50 4. =- IT. Teil. 9. Aufl. Preis 4. 1.20 ungeb.
Bearbeitet von Georg Krull. 1898. Verlag von Fr. Schaumburg zu
Stade. “
Brauchbare, ſorgfältig ausgearbeitete und daher weit verbreitete
Bücher. Regeln wenig und klar, Aufgaben zahlreih und praktiſch.
Ihnen voraus gehen Einzelſäe, nicht zuſammenhängende Stüce.
Von den älteren Sprachbüchern für Volks -, Mittel- und Fortbil:
dungsſchulen iſt das Hüttmannſche gewiß eins der beſten. Gs be-
ginnt leider jezt zu veralten, da die Wortkunde -- nach den Forde-
rungen Hildebrandts und ſeiner Anhänger -- viel zu wenig Berückjich-
tigung erfährt. Das, was das Buch bietet, iſt gut -- aber es bietet
eben zu wenig, faſt nur Flexion, Rechtſ<reibung, Saßlehre. --- Wort:
bildung und Wortbedeutung kommen ſehr zu kurz. E3 iſt bedauerlich,
daß der neue Bearbeiter, der vielfa< mit Geſchi> die beſjernde Hand
angelegt bat, ſi< ſo ablehnend gegen die gewiß berechtigten Forde:
rungen Hildebrandts verhält, die bereits vielfaß in Sprachbüchern ver-
wertet ſind (Hähnel und Paßzig, Haupt und Heſſe, Wilke, Hamann). Im
einzelnen ſei bemerkt: Heft 1, S. 36: „Statt Du und er (!) gebraucht
man oft Sie.“ Heft 1, S.25. „Er wurde arm.“ Hier wäre do<ß au< das
neuerding38 mit Unrecht ſ2 gemiedene ward nicht auszuſ<ließen, zumal
ward-wurden das3 einzige Beiſpiel iſt, das die in der alten Sprache
dur<gängig bei den ſtarken Zeitwörtern ſtatthabende Verſ<iedenheit des
Vokals in Einzahl und Mehrzahl des Imwperfekt8 bewahrt hat; man
vergleiche das veraltete wir bunden, ſungen uſw. Heft 1, S. 17: „Kein
deutſ<e8 Hauptwort erhält in der Mehrzahl am Ende ein 8.“ Do< jagt
man die Wenn3 und Abers, die WarumZ (Goethe); Der Saal erdröhnte
von Ho<s (Riehl); ferner: Die Jungen3, Kerls, Mädels (lett. bei Leiſing,
Goethe). P. H.
Anleitung zum Briefſchreiben für die
H. DS. v. Oſten.
FlenSburg, Aug. Weſtphalen. 1899. 36 S.
- Oberſtufe der Volk3)<ule.
Preis 40 4.
Das Büchlein enthält allgemeine und beſondere Regeln über die Form
der Briefe, die verſchiedenen Arten de8 Anfanges und des Schluſſes, jowie
der Adreſſen; dann 40 ausgeführte Briefe und Cingaben und 20 gut ge-
wählte Aufgaben. Im allgemeinen zu empfehlen. Do< möcten wir
dem Herrn Verfaſſer vorſc<lagen, bei einer Neuauflage folgendes zu berüC-
ſichtigen: 1. Daß das Wort „Brieſ“ vom lateiniſchen breve ſtammt,
entſpric<t allerdings der bisSherigen allgemeinen Annahme, wird aber
neuerdings beſtritten und „Brief“ mit guten Gründen al8 deutjc<hes
Wort angeſprochen (ſiehe May, Stammkunde der deutjchen Sprache.)
2. Daß die im Poſtverkehr früher üblichen Fremdwörter noMH wieder
aufgewärmt werden, iſt mindeſtens unnütz. 3. Die als Beiſpiele in den
Text gedruckten Aufſfchriften zeigen nur lateiniſche Buchſtaben. In Deuti<-
land ſollte man doc< deutſche Buchſtaben vorziehen, a) aus vaterlän-
diſ<em Stolze, b" weil ſie deutlicher ſind als die lateinijhen Zeichen.
„Deutſchem Worte deutſ<e Schrift!“ Davon laſje der Deutiche ſich
nicht abbringen durc&h RedensSarten und Behauptungen, wie: daß die
deutſ<e Scrift gar nicht deutich ſei, daß ſie die Augen verderbe, daß
Ausländer fie nicht leſen können uſw. Von allem iſt das Gegenteil
der Fall. VB. HÖ.
Walther Reichel, Dr. phil. Entwurf einer deutj<en Be:
tonungslehre für Schulen. Leipzig, EG. Wunderlich. 1899. Preis
M. 1.60, geb. M 2.--. 78 Seiten.
Gliederung des Werkbens8: 1. für den Lehrer: 3) kunſtloje
Rede, d) Kunſtſprache; 2. für den Schüler. Die Geſetze der Betonung
ſind Uar und unter Beifügung zahlreicher Beiſpiele (be]. Gedichte ?* dar
gelegt. Ob es ſich aber empfiehlt, in die deutjhe Schrift die Zeichen
y «14 für „Frageton“, „Hauptton“ und ausnehmend ſtarken Ton ein:
zuführen, iſt wohl nicht ſo leiht zu entſ<eiden und wird ſicher wenig
Beifall finden. Wer nict nach dem Sinne zu betonen weiß, dem
werden auch die Zeichen nicht viel helfen. Befremdend iſt der Gebrauch
lateiniſcher Buchſtaben in einer deutſ<en Betonungslehre, da die angeb:
liHen Vorzüge der Lateinſchrift ſich bei genauerem Hinfehen ins Gegenteil
verkehren. Der Preis iſt viel zu hoch. P. H.