Wimmaen
de3 Beſieger3 Störtebekers, iſt in der Sammlung; er ſteht
am Eingange zu den Lichthöfen.!
Die zweite Abteilung, Krieg3- und Militärweſen,
finden wir in der großen Pfeilerhalle. Eine Aufzählung im
einzelnen iſt hier nicht möglich; nur hinweiſen möchte ich
darauf, daß hier Waffen vertreten ſind vom Schwert und
von der Lanze, dem Panzer und dem Schilde des Mittel-
alters an bis zum Perkuſſions8gewehr der neueren Zeit, alte
Steinſtüfe oder Bombarden,* wie ſie vormals in den Baſti-
onen unſeres Walle3 ſtanden, Mörſer und Wallbüchſen,
jelbſt ein Prunkgeſchüß (die jog. goldene Kanone) iſt hier,/*
ebenjo Schiffsgeſchüß.* Wir ſehen da die Fahnen der alten
Bürger wache, von der Zeit ſc<on freilich recht mitgenommen,
aber jorgſam und mühevoll reſtauriert, von der Decke, herab-
hangen, vollſtändige Darſtellungen -- Zinnfiguren -- unſeres
Bürgermilitärs3 und der Garniſon in älterer und neu-
erer Uniform. Selbſt ein Modell der Nachtwäcter-
wache auf dem Pferdemarkt mit zierlichen Zinnfiguren
der Nachtwächter iſt hier. * Ferner finden wir hier Mo-
delle und Abbildungen von hamburgiſ<en Kriegs3-
(Convoh-) und Handels38ſchiffen, da8 Gallionbild
eines hamburgiſ<ev Admiral38,8* ſowie eine Photo-
graphie des Bohrdtſc<en Bilde3: „Ein Ehrentag der
Hamburger“." Endlich ſind hier Reliquien aus der böſen
Franzoſenzeit (die Abteilung Q), ſowie Erinnerungen
an die Erhebung Schle8wig-Holſteins 1848/51 (die
Abteilung S) vertreten. Eine Fülle von Gegenſtänden, die
wiederholt geſehen werden müſſen, um die Bedeutung des
Ganzen zu würdigen!
In der dritten Abteilung, der Topographie, finden wir
hauptjächlich Modelle, von denen ic beſonder3 das ſc<öne,
j0g. Brandmodell, ſowie das Modell von der Lom-
bard3brüde nenne. * Der immer noc< beſchränfkte Raum
wird wohl kaum die Aufſtellung de8 ſchönen Hafenmodells
-- Hafen mit Umgebung 1840 -- geſtatten, das längere
Zeit hindur<ß in einem Gebäude beim Holſtenthore auſge
ſtellt war. Hoffentlich wird e8 über kurz oder lang gelingen,
auc<h dieſes wunderſchöne Modell in der „Sammlung“ auf-
zuſtellen. Von Intereſſe iſt auch die Einrichtung, welche die
Betrachtung ein23 der Suhrſchen Panoramenbilder er-
möglicht. Endlich jorgt die verwaltende Kommiſſion auch
von Zeit zu Zeit für lehrreiche Ausſtellungen intereſſanter
Anſichten aus dem älteren und neueren Hamburg.
Wenn nun auc die drei genannten Abteilungen neben
ihrer bejonderen Bedeutung auch kulturgeſchichtlichen Wert
haben, jo gilt dies letztere ganz beſonder3 von den im Mai
1899 neu eröffneten Räumen an der Oſtſeite der Pfeilerhalle:
der Zunftſtube, der alten Apotheke mit dem dazu-
gehörigen Laboratorium, der DruFerei, dem Wohn-
zimmer, der Küche und der Diele (Abteilungen U--Z).
Für eine Beſchreibung im einzelnen würde der mir zuge-
meſſene Raum nicht ausreichen; ich kann nur auf den mehr-
fach genannten „Führer“ verweiſen, vor allem aber dem
Leſer raten, hinzugehen in die Sammlung, und ſich dort
anzuſehen, was pietätvole Mühe und genaue Sachkenntnis
beſonders in dieſen Räumen Intereſſantes geſchafſen haben.
Au3 dem bisher Geſagten ergiebt ſich nun ſchon einiger-
maßen, wel<' große Bedeutung die „Sammlung Hamburgiſcher
Altertümer“ für den Unterricht haben kann, wenn ſie richtig
benutzt wird. Z< will nun freilih nicht behaupten, daß
I<hon die Schüler und Schülerinnen der fünften Klaſſe unſerer
! Vgl. Dr. Schrader a. a. O. Seite 17 u. 18. (2. Aufl. S. 20.
*? Vgl. Neddermeyer, Topogr. Seite 57 ff.
3 Dr. Schrader a. a. O. Seite 42 u. 43. (2. Aufl. S. 46).
* Dr. Schrader a. a. O. Seite 28. (2. Aufl. S. 314).
* Vgl. Dr. Schrader a. a. O. Seite 35. (2. Aufi. S. 38).
* Vgl. Dr. Schrader a. a. O. Seite 28. (2. Aufl. S. 30).
7 Das Original befindet ſich im Rathauſe, wurde am 15. Juni
1899 als Geſchenk hamburgi]<er Bürgervereine feieclich übergeben. (Vgl.
Hamb. Correſp. Nr. 276 vom Donnerstag, d. 15. Juni 1899 Abd.-Ausg.)
* Vgl. Dr. Schrader a. a. O. Seite 2 u. 4 (2. Aufl. S. 4 u. 6); nach
der bevorſtehenden Umgeſtaltung der Eijenbahnanlagen wird diejes Mo-
dell noch größeren geſchichtlichen Wert haben.
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eemenerertnn
Volksſc<hulen oder der entſprechenden Klaſſe in den Vorſchulen
der höheren ſtaatlichen und privaten Schulen, wo die Heimat-
kunde zuerſt auftritt, großen Nußen von einem Beſuche der
Sammlung haben werden. Mehr wird dies aber der Fall
in der dritten bezw. fünften Klaſſe, ganz beſonders aber bei
den älteren Schülern und Schülerinnen ſein. Erforderlich
iſt allerding3, daß der Lehrer oder die Lehrerin ſich vorher
jelbſt über die Gegenſtände unterrichtet haben, auf welche ſie
die Kinder aufmerkſam machen wollen. J< will andrerſeits
auc< zugeben, daß nicht alles, was die Sammlung enthält,
auch al8 Anjſc<hauung3material für den Unterricht ſich eignet.
Aber doch iſt genügend vorhanden, und ich möchte, ohne den
Stoff völlig erſchöpfen zu wollen oder zu können, auf einige
Gegenſtände beſonders aufmerkjam machen.
Ein Beſuc< der Sammlung ſeitens einer Schulklaſſe
wird ſich folgerichtig an den im Unterricht, ſei e8 in der
Heimatkunde, ſei es in der vaterländiſchen Geſchichte behan-
delten Lehrſtoff anſchließen. Iſt nun hier davon z. B. die
Rede gewejen, wie unſere Vorfahren ſich ſelbſt der Land-
und Seeräuber haben erwehren müſſen, wie ſie zu Beginn
des 15. Jahrhunderts Schiffe ausgerüſtet haben, um die
Vitalienbrüder unter Störtebeker und Gödeke Michel
unj<ädlich zu machen, dann wird man auch Simons von
Utrecht gedenken, eines hervorragenden Führer3 in jenem
Kampfe, deſſen Schiff, die bunte Kuh, damal8 den Aus8-
j<lag gab. Die Sammirung bewahrt, wie erwähnt, den
Grabſtein des tapferen Führer3, der 1päter ſogar Bürger-
meiſter unjerer Stadt wurde, und dem zu Ehren in neueſter
Zeit die eine der beiden I<önen Brücen in den neuen An-
lagen zwiſchen Millernthor und Elbe benannt iſt. Wir
werden ferner des Krieg8zuge3 gedenken, den die Hamburger
und Lübeder 1420 gemeinjam gegen den Herzog von Sachſen-
Lauenburg unternahmen. Er hatte in ſeinem Schloſſe zu
Bergedorf räuberiſche Edelleute geduldet, die den Handel der
lübyhen und hamburgiſchen Kaufleute |I<wer 1chädigten.
Wenn auc< zu der Zeit 1<on Söldner zu den ſtädtiſchen
Kriegs3zügen mit angeworben wurden, 19 waren doc< damal3
noG au< die Bürger zu Kriegsdienſten verpflichtet, und
Herren de3 Rate3 waren die Führer. Da läßt ſich auf die
Waſſen der damaligen Zeit: Lanze, Schwert, Armbrutt,
Pfeile, Panzer, Schild und Helm hinweiſen, von denen die
Sammlung manches aufweiſt;* beſonders wird aber die
Knaben der eine Reiter intereſſieren, der in einen ſchön ge-
arbeiteten eijernen Panzer gehüllt, wohl einen hamburgiſchen
Krieg3hauptmann aus dem 16. Jahrhundert darſtellen kann.*
Und bi3 tief in das 17. Jahrhundert hinein hatte unſere
Stadt ihren Handel gegen die Seeräuber im Mittelmeere zu
jhüßen. Da gab man den gemeiniam ausfahrenden Kauf:
fahrern ein krieg3mäßig ausgerüſteies Schiff mit, das Con-
voyſ<iff, das für die Sicherheit der friedlichen Handel3-
Ichiffe, die freilich auch nicht ganz ohne Waſſen waren, ſorgen
ſollte. Das Modell eines folchen Conyovyſchiffes zeigt, wie
erwähnt, unfere Sammlung, zugleich als lehrreiches Beiſpiel
der großen Seeſchiffe des 17. und zum Teil auch des
18. Jahrhundert3 mit ihren mächtigen Aufbauten vorne und
hinten. =- Da läßt ſich auch an den tapferen Kapitän
Berend Karpfanger erinnern, den Führer eine3 ſolchen
Convovyſ<iff8, des „Wapyen von Hamburg“, der, eingedenk
jeine3 Eides, ſein Schiff nichl verlaſſen wollte, als dieſes in
der Bucht von Cadir 1683 verbrannte. * Ein Standbild des
uner]|<hro&denen Mannes ziert jezt die Nordweſtſeite der
Kerſten Mile3brüce.*
Wie I<limm damals die Unſicherheit im Mittelmeer
war, zeigen die kleinen Figuren bei dem erwähnten Model,
kettentragende Seeleute darſtellend,*? welche das troſtloſe
Scidjal der von den mauriſchen Seeräubern gefangenen
! So 3. B. in Abteilg. 1 No. 32--40.
? Vgl. Dr. Schrader a. a. O. Seite 44. (2. Aufl. S. 47).
3 Vgl. hierzu Dr. O. Beneke Geſch. u. Denkw. Seite 195 f.
“* Damit iſt au< der von Dr. Beneke a. a. O. Seite 203 erhobene
Vorwurf hinfällig geworden.
* Vgl. br. Schrader a. a. O. Seite 27. (2. Aufl. S. 30).