Full text: Hamburgische Schulzeitung - 8.1900 (8)

des 400jährigen Geburts8tages8 des Stifters Johannes Bugen- 
hagen (24. Juni 1885): Schüleraufführungen, Schülerfeſte 
und Ausflüge, beſonder3 der Feſtaktus in der Petrikirche, 
bildeten das Programm der dreitägigen Feier. Hoche verſtand 
die Würde des Direktor8 gebührend zum AuSdruc> zu bringen 
und bei jeder Gelegenheit das paſſende Wort zu ſprechen. 
Wie oft hat er Feſtreden gehalten! Er ſprach frei, knapp, 
inhaltreich und ohne rhetoriſche Phraſen. Alljährlich vereinigte 
ein Schauturnen oder eine muſikaliſche Abendunterhaltung ein 
gewähltes Publikum im Johanneum; an den Turnfahrten 
und Schulausflügen, welche mit Muſik und Fahne vor ſich 
gingen, beteiligte ſich Hoche und entließ die Schüler mit 
einigen begeiſternden Worten. Im Intereſſe ſeines Johan- 
neum3 gewann er die einflußreichſten Kreiſe Hamburgs. Ein 
Komitee ehemaliger Schüler brachte die Mittel zuſammen 
und übergab da8 auf dem Schulhof ſtehende Denkmal 
Bugenhagen8, wofür Hoc<e unter anderem mit den Worten 
dankte: I< kenne kein deutſches Gymnaſium, das ſich je 
eines ſo herrlichen, ſo bedeutung3vollen Gejc<enke3 hätte 
rühmen dürfen. =- Durc< die von ihm angeknüpften Ver- 
bindungen wußte er die Stiftungen de38 Johanneum8 höchſt 
anſehnlich zu vermehren und die Bibliothek zu bereichern. 
Ein Hauptverdienſt war die Ordnung des inhaltreichen 
und von Gönnern beſchenkten Schularc<hivs unter Beihilfe 
des jetzigen Direktor8 Rautenberg. Mit großer Sorgfalt 
und Findigkeit verſchaffte ſich Hoche das Material aus dem 
Staatsarchiv, der Stadtbibliothek, dem Miniſterial-, Hypo- 
thefen-, Erbichaft8-Amt und von der Aufſichtsbehörde der 
milden Stiſtungen. Vom Jahre 1877 an begann er auf 
Grund der gewonnenen Überſicht ſeine „Beiträge zur Geſchichte 
der St. Johannisſc<hule“: 1. Die milden Stiftungen -- ſeine 
mühjamſte Arbeit. 1]. Die Reformverhandlungen und die 
Direktion Johannes Gurlitts (1802--1827) --- ſeine beſte 
und auch für jedermann leſen8werte Schrift. U1. Die Schul- 
ordnungen vom 16. bi3 zum 18. Jahrhundert. Seine Vor- 
liebe für Statiſtik trat bereit3 in jeinem erſten Programm 
hervor, es unterſcheidet fich von den vorhergehenden durch 
die Angaben über Bekenntnis, Geburts8oxt, LebenZalter der 
Schüler, über den Lehr- und Stundenplan, jowie über die 
bearbeiteten Themen im Deutſchen und Lateiniſchen, ſpäter 
folgte die Rubrizierung der Schüler naß den Wohnungen in 
den Stadtvierteln. Die von ihm eingeführten Rubriken ſind 
nebſt einigen Erweiterungen, die Preußen3 Beiſpiel veran- 
laßte, die Norm für die Jahre3berichte an den Staat3) <ulen 
geworden. -- Sein Unterricht3ziel war logiſche Durchbildung 
und poſitive Kenntniſſe, daher legte er beſonderen Wert auf 
Latein und Mathematik, andrerſeits ſollte die Anſchauung des 
antifen Lebens bis auf die AuSrüſtung eine3 römiſchen 
Soldaten, die Vertiefung in die Gedankenwelt wie poetiſche 
Form Homers und die Beherrſchung des geſchichtlichen Stoffes 
erzielt werden. Deshalb übernahm er den Unterricht im 
Homer und in der Geſchihte. Da er da3 dokttrinäre 
Feſthalten an einem Pädagogen verurteilte und ein aU8ge- 
ſprochener, auch ironiſterender Gegner des Dogmas von 
einer alleinſeliqmahenden Methode war, achtete er die 
Individualität des Lehrer3 aufs höchſte; er verlangte das 
Einſeßzen der ganzen Perſönlichkeit, eifrige Arbeit, DiSciplin, 
Pünktlichkeit, Pflichtgefühl und Begeiſterung für den Beruf. 
Jungen Lehrern, deren er ſich auch in gefellſchaftlicher Bezie- 
hung freundlichſt annahm, erteilte er erprobre methodiſche 
Winke. Gleich den alten Griechen hielt er geiſtige Tüchtig- 
keit, gepaart mit annehmbarem Außern, als Zdeal feſt, 
gern ſtellte er Lehrer, die dieſem nahe kamen, an, weil 
ſie ſowohl den Schülern als auch dem Pudlikum gefallen 
und imponieren würden. Am ungeeignetſten erſchienen ihm 
tro&ene oder bequeme Lehrer, nicht taugliche wußte er 
gewandt zu entfernen. Mit langen und langweiligen Kon- 
ferenzen hat er ſeine Lehrer nicht geplagt, ſie zeichneten jich 
dur< Rube und Sachlichkeit aus, die für Sc<hule und 
Haus gleichwichtigen Verſetzungskonferenzen waren natur- 
gemäß am eingehendſten; ſelbſt Gegner geſtanden ein, daß 
Hoche zu leiten und zu präſidieren verſtand. Er hatte 
318 
 
während ſeines Direktorat3 manchen Strauß auszufechten 
und zu Beginn desſelben durch ſeine ſtramme preußiſche 
Zucht den Zorn eines großen Teiles des Publikums auf 
ſich gelenkt. Zn jeder Andacht war er zugegen ; während 
der Pauſen ſah man ihn wohl auf dem Hofe im Geſpräch 
mit einem Lehrer auf- und abgehen. Bis Oſtern 1884 
hat er 199 Abiturienten entlaſſen, bis 1887 mögen es 
über 260 geweſen ſein, ſo daß in jedem akademiſchen 
Stande Hamburgs, beſonder3 unter den Juriſten und Medi- 
zinern, ſich viele Schüler Hoche8 befinden. Als er nach 
14jähriger Thätigkeit das Direktorat niederlegte, widmete 
ihm ſein Nachfolger Direktor Schulteß die Worte: Es ge- 
nügt der Hinweis, daß er e38 verſtanden hat, au 
nach einem ſo berühmten Vorgänger, wie Joh. 
Claſſen, eine gradezu epochemachende Wirkſamkeit 
auszuüben, daß er die wohlerkannte Eigenart des 
Johanneums8 gewahrt und doch eine Umgeſtaltung 
herbeigeführt hat, durch welche die Gelehrtenſ<ule 
den plözlich geſteigerten Anforderungen dieſer 
lebten 1*/z Jahrzehnte gerec<ht ward. | 
Am 1. Juli 1888 trat er das Amt des Sculrates an, 
-- er hatte e3 ſchon fünf viertel Jahr provijorijc< verwaltet -- 
um die höheren Schulen zu beaufſichtigen, zu organiſieren 
und zu vermehren. Er fand zwei Gymnaſien, das Real- 
gymnaſium , zwei Realſchulen und in Curhaven die Ober- 
abteilung der Gemeinde)<hule vor, zehn Staatz3anſtalten hat 
er hinterlaſſen. Die Errichtung derjelben konnte von ihm 
nur nach Überwindung vieler Schwierigkeiten erwirkt werden, 
weil ſich erſt allmählich die Überzeugung Bahn brach, daß 
der Staat pflichtgemäß für eine ausreichende Zahl von Real- 
ſchulen Sorge zu tragen habe. Der Wechſel der Zeiten und 
der Anſichten erhellt aus der Forderung nac< Neugründungen 
ſeitens der Bürgervereine. Ein langgefühltes Bedürfnis 
befriedigte er durch den Au38bau der älteſten Realanſtalt zu 
einer Oberrealſchule, der ſich eine zweite, in der Entwiälung 
begriffene auf dem linken Alſterufer anſ<loß. Für eine 
Vorſchläge verſicherte er ſich der Zuſtimmung der Oberſchul- 
behörde und inſonderheit ſeines Präje3, de8 Senators 
Dr. Stammann, der ſeine Tüchtigkeit, ſein Pflichtgefühl und 
ſeine Arbeit3kraft voll und ganz zu ſ|<äßen wußte. Freilich 
wäre es ein durchaus irriger Standpunkt, Hoche für jeden 
Beſchluß verantwortlich zu machen oder etwa die Annahme 
aller ſeiner Anträge zu mutmaßen, er hat 3. B. nicht ein 
drittes Gymnaſium durchzuſezen vermoc<t. Wenn er gegen- 
teilige Anſichten widerlegte und die biSherigen Gegner für 
ſeine Abſichten gewann, jo hatte er dieſen Erfolg der klaren, 
ſchriftlichen Fixierung feiner Anträge und ihrer wirktamen, 
den geſamten Stoff beherrſchenden Motivierung zu verdanken. 
Al3 er im Frühjahr 1891 Kommiſſar der Behörde in der 
Bürgerſchaft wurde, damit für Cuxhaven eine höhere Staat3- 
anſtalt mit Engliſc) als erſter fremder Sprache und mit 
Lateinnebenkurſen beliebt werden möchte, erwies er ſich auch 
in dieſer Körperſchaft als gewandter Redner und ſc<lagfertiger 
Debatter, und damal3 lobten ihn Bürgerſchafts8mitglieder als 
tüchtigen Schulbeamten. Mit dem Umfange der Geſchäfte 
ging eine Vermehrung der Kanzliſten und Schreiber Hand 
in Hand, die Akten wurden geordnet und geheftet, damit 
jede Nachfrage oder Anordnung baldigſt erledigt werden 
könnte; zuweilen war es de8 Schreibwerk8 und der Erlaſſe zu 
viel, aber dank des gutgeſchulten Bureaus und des uner- 
müdlichen Schulrat8 wurden alle Eingänge ſ<nell, womöglich 
an demſelben Tage, entſchieden, 10 daß weder Direktoren 
noc< Lehrende lange im ungewiſſen blieben. Zweds der 
Jeſtſezung der Lehrpläne und Prüfungsordnungen verjäumte 
er nie das Votum der Direktoren einzuholen, nie griff er 
in ihre Stundenverteilung ein, er ließ ihnen volle Selbſt- 
|Fändigkeit, ſobald er von ihrer Initiative und Willenskraſt 
überzeugt war. 
Als ein Mann von weitem Bli> und großen 
Geſi<t3punkten hatte er ſich das Ziel geſteät, die 
Intereſſen der Schule wie der Lehrer]<aft mutig 
und ohne Scheu zu ſ<ühen, den akademiſ<en Lehrer-
	        
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