Full text: Hamburgische Schulzeitung - 8.1900 (8)

ſtand in ſeiner ſozialen Stellung zu heben und nur 
tüchtige Kräfte zuzulaſjen, welche die anvertraute 
Jugend wiſſenſchaftlich und vorbildlich zu erziehen 
im ſtande wären! Die verſchiedenen Kollegien, die bi3 
dahin Sonderexiſtenzen im Gehalt und Avancement bildeten, 
wurden zu einer großen Gemeinſchaft vereinigt, fo daß jeder 
Unterſchied aufhörte und ein einheitlihe38, im Maximum 
günſtiges Gehalt3geſeß ebenjo gut die Lehrer der Realſchulen 
wie die der Gymnaſien umfaßt. Fern ſei es von uns, das 
Mitwirken der Oberſchulbehörde, des Senates und der Bürger- 
ſchaft an der Gehalts8erhöhung zu verſ<weigen, aber Hoche 
iſt und bleibt der Vater des Entwurfes und er hat jeine 
Genehmigung dem einflußreichſten Stande Hamburgs nur 
unter der Bedingung abringen können, daß die Zahl der 
Pflichtſtunden vermehrt, die der Oberlehrerſtellen vermindert 
wurde; dieſe Maßregel wurde 1899 wegen ihrer üblen Folgen 
für Geſundheit und Nerven der Lehrer aufgehoben und 
gleichzeitig eine Erhöhung des Anfangs8gehaltes gewährt, 
freilih nicht bis zu der von Hoche vorgeſchlagenen Höhe 
von 3800 4, und jo ſind die ungleichmäßigen Alter38zulagen 
der dritten Gehaltsklaſſe in dem ſonſt ſymmetriſch aufgebauten 
Geſetze entſtanden. Zur Aufhebung der Gehaltsklaſſen verſtand 
er ſich de3halb nicht, weil er dieſelben, wie Direktor Wege- 
haupt bemerkt, für vorteilhaft zum ſ<nelleren Avancement 
hielt und weil er ſie als Mahnung zur ſtrengen Pflichter- 
füllung betrachtete. Die Verſetzungen, für die neuen Schulen 
unbedingt erforderlich, mehrten ſich und ſolche von einem 
Gymnaſium an eine Realſchule erregten zweifel8ohne böſes 
Blut. Man warf Hoc<e Egoi38mus8, Härte und Ungerechtig- 
foit vor. Wer indes in leitender Stellung ſteht und die 
Verantwortung für das geſamte Schulwejen trägt, muß im 
Intereſſe des Ganzen auch kräftig durchgreifen. Hoche hat 
ſich immer bemüht, nach fachlichen Geſicht3punkten Ver- 
fezung und Aufrüden zu entſcheiden, er beurteilte eben nach 
dem Eindrue, den er von den Leiſtungen oder der Perſön- 
lichfeit hatte, während der Betroffene und ſeine Kollegen 
darüber anders geſinnt waren. Die Verſtimmung wurde 
noch dadur< verſchärft, daß man, anſtatt freimütig jeinen 
Standpunkt zu wahren, =- ein offenes Wort nahm Hoche 
nie übel -- ſich von der abgeſ<loſjenen, unnahbaren Ber- 
ſöhnlichkeit bedrüt fühlte und ſich ſilſc<hweigend mit Ingrimm 
im Herzen ſeinem Willen fügte. Übrigens ging er ohne An- 
ſehen der Perſon, ſobald ſich ein Lehrer eine Übertretung der 
Beſtimmungen hatte zu ſchulden kommen laſſen, gegen diejen 
in ſtrenger Weiſe al8 Hüter de5 Geſetzes vor. 
Die Lehrer, deren Anzahl jich gegen früher faſt verdoppelt 
hatte, wurden meiſt aus Preußen berufen, da Hamburg nach 
der Richtung hin nicht produktiv iſt ; al3 ſich mehr Hamburger 
dem jüngſten und am wenigſten einträglichen Berufe zu“ 
wandten, ſtellte Hoche ſie unter denſelben Vorausſeßzungen 
wie die übrigen Lehrkräfte an, ein privilegium indigenarum 
maius überließ er ihnen nicht. =- Er kannte jeden Lehrer, 
feinen Charakter, ſeine Befähigung, feine Fächer und behielt 
dies in ſeinem jtaunen3werken Gedächtnis, er brachte den 
einzelnen an die rechte Stelle und bezeichnete den Direktoren 
bei Vertretungen ſofort den paſſenden Erjaßmann, ohne daß 
er die Akten einzuſehen brauchte. Dabei war es ſehr 
ſchwierig, genügenden Nachwuchs an Mathematikern und 
Neuſprachlern herbeizuführen. Bei jeinen Reviſionen ganzer 
Anſtalten oder bei gelegentlichem Inſpizieren ſowie bei den 
Prüfungen hörte er mit gejpannteſter Aufmerkſamkeit zu, 
damit ihm nicht3 ſeitens der Lehrer und Schüler entgehe. 
Ungefähr die Hälfte de8 Jahres mußte er auf dieſe Seite 
ſeiner Thätigkeit verwenden ; wieviel deutſche, lateiniſche, 
franzöſiſche, engliſc<e und mathematiſche Arbeiten hatte er 
durchzulejen oder ſich vorlejen zu laſſen! Seine Kurzſichtigkeit 
hinderte ihn ja die verſchiedenen Hand]<riſten zu entziſſern. 
Die mündlic<e Prüfung ſollte den Abiturienten die Gelegenheit 
bieten, ihr Wiſſen prompt und klar darzuthun, der prüfende 
Lehrer hatte zu dem Zwe> den Prüfungsſtoff ſorgfältig zu 
disponieren, zu hoben Anforderungen wehrte er namentlich 
beim Eramen von Damen. Seine Milde in der Beurteilung 
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enmtenngguig 
läßt ſich aus der ſehr geringen Zahl derjenigen erkennen, 
die an den verſchiedenen Schulen nicht beſtanden haben. 
Bis zur Anſtellung des Schulinjpektors Dr. Dilling unter- 
ſtanden ihm noch die berechtigten Privat) <ulen; Dr. Rüdiger, 
ſelbſt ein Privatlehrer, rühmt in ſeiner „Geſchichte des 
hamburgiſchen Schulweſen38“, daß Hoche auf die Aufbeſſerung 
der Gehälter hier und da anregend gewirkt habe, die Lehrer 
dieſer Schulen genoſſen eine zuvorkommende Behandlung, 
gute Kräfte nahm er gern an die Staat8ſ<ulen. Hoche 
widmete alle ſeine Zeit und Kraft dem Amte, er gehörte 
einem einzigen Verein, der geographiſchen Geſellſchaft, an, 
deren langjähriger Vicepräſident er iſt, au< liebte er nicht 
die Beteiligung am ſtaatlichen und ſtädtiſchen politiſchen Leben 
durch Reden und Agitation. Seine eminente Tüchtigkeit wurde 
von der Reichsſ<hulfommiſſion anerfannt, einen ehrenvollen 
Ruf nach auswärts ſchlug er aus, j<on in früherer Zeit 
waren ihm mehrfache einflußreiche Stellungen angeboten 
worden. =“- Vor Jahr und Tag wurde im Schoße der Bürger- 
ſchaft Hoche und jein Syſtem, nicht etwa die Oberſc<hulbehörde, 
auf das heftigſte angegriffen, nur der Beamte ward als 
ſchuldig erklärt und ihm ein jo beherrſ<ender Einfluß zuge- 
ſ<rieben, als ob er nach Belieben ſchalten und walten könnte. 
Getreu ſtand in dem ausbrechenden, unerquiälichen Streit 
Behörde und Senat zu dem vielgeſ<mähten und vielver- 
dienten Beamten. Ein fehr geſchi>t abgefaßter Bericht eines 
juriſtiſchen Mitgliede8 der Oberſchulbehörde ſtellte die Sache 
flar. Um ihm eine noch deutlichere Genugthuung zu geben, 
benußte die Behörde das 95jährige hamburgiſc<e Amts3- 
jubiläum Hoches und ehrte ihn durch Anerkennungsſ<hreiben 
wie Geſchenk, beſonder3 fiel die Anweſenheit de3 ehrwürdigen 
Bürgermeiſters Dr. Ver3mann im Hauſe des Jubilar3 ins 
Gewicht; ebenſo hatten die Direktoren wie die aktiven und 
ehemaligen Lehrer de3 ZJohanneums ihm ihre Verehrung 
dur< Adreſſe und Angebinde bewieſen. 
Hoche hat nie naß Popularität geſtrebt, unentwegt ift 
er ſeinem Amte treu geblieben und hat unberechtigten Ein- 
füſſen fein Rügrat entgegengeſtellt, bis er am 1. Zul 
dieſes Jahres das, während eines Zeitraumes von gerade zehn 
Jahren, feſt und zielbewußt geführte Schuljcepter niederlegte. 
Die Oberſchulbehörde wurde der Thätigkeit Hoc<es durch 
Überſendung eine8 Dankſchreiben gerecht, und die Direk- 
toren, denen er ein freundlich geſinnter und jeden in jeiner 
Eigenart hochſ<ätender Schulrat gewejen war, überreichten 
ihm ihr Gruppenbild zum Valet. -- Hoche iſt frei von jeder 
Sentimentalität und Gefühl3ſ<wärmerei, er pflegt gern den 
Verkehr mit geiſtig agilen Männern. Troß ſeines großen 
Wiſſen3 fußt er immer hinzuzulernen ; „das war ein 
intereſſanter Mann, von dem lernte man ſret3 etwas“, äußerte 
er einmal von einem verſtorbenen Profeſſor des Johanneums. 
In Geſellſchaften iſt er ein Freund der Fröhlichkeit, des 
Witße3 und guter Erzählungen, er ſelbſt giebt aus jeinen 
mannigfachen Erlebnijjen mit Vorliebe eine launige Epijode 
zum beſten, ſo ſchilderte er die Entrüjzung eines neuernannten 
Profeſſors, dem ein alter Kollege, Hamburger von Geburt, 
zumutete, als Profeſſor nur einen Cylinder zu tragen. Wem 
fällt hierbei nicht die kürzliche Fehde für oder gegen die]e 
Hutart ſeitens der Börſianer ein! -- In amtlicher Beziehung 
iſt er nicht ſtarr bei feiner Anſicht geblieben, ex modifizierte 
fie nach Prüfung de3 Vorgej<lagenen. Obgleich er nichts 
für Reformſchulen (Beginn des Lateiniſchen in Untertertia) 
übrig hat, gewährte er do< dem Direktor des Realgymnaſiums 
die Einrichtung einer ſolchen. Die Vorbereitung für die 
Oberlehrerinnenprüfung glaubte er anfangs den Damen allein 
überlaſſen zu können; nachdem er von der Unmöglichkeit 
überzeugt wurde, richtete er mit Unterſtüßung einiger tüchtiger 
Lehrerinnen und unter finanzieller Beihilfe von Stiftungen 
die Oberlehrerinnenkurſe in zwedentſprechender Weiſe ein, 
und dieſes Inſtitut, was der weiteren wiſſenſ<haftlichen Aus- 
bildung de3 weiblihenGeſchlechtes dient, iſt | einelezte Schöpfung. 
Faſſen wir zum Schluß jeine Thätigkeit als Schulrat 
zuſammen, fo ergeben ſich drei große Verdienſte um das 
höhere Schulweſen. Er hat die Lehrer in ihrem Berufe
	        
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