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Cine Wochenſchrift für die Angelegenheiten des Unterrichts,
. der Erziehung und des Lehrerſtandes.
- Schriftleitung:
A. Struve, Hamburg-Eilbe,
Jungmannſtr. 21, p.
BeranSsgegeben
von Lehrern und Lehrerinnen.
Kommiſſionär 5. Reßler, Leipzig, Seeburgſtr. 40.
Derlag:
Sh4röder & Jeve, Hamburg,
Kl. Reichenſtr. 9-11. Fſpr. 2080.
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8. Jahrgang.
Lr. 45.
Inhalt: Konfirmandenunterri<t und ReligionSunterric<t der Schule.
- Von Paul G. A. Sydow. -- -Aus Hamburg. -- Rädagogiſ<e
Rundſchau. = Verein3 - Anzeiger. =< Familien - Anzeiger. --
Briefkaſten.
Konfirmandenunterricht
und Religion3unterricht der Schule.
Von Paul G. A. Stvdow.
In Nr. 38 de3 vorigen Jahrgang8 wurde auf einen
Vortrag von P. Mahling über: Die Unhaltbarkeit unſerer
Konfirmation3praxis hingewieſen. Zum Schluß hieß es:
„Höſſen wir, daß dieſe von kirchlicher Seite angeregte Frage,
die für die Bildung unſerer Jugend von größter Bedeutung
iſt, nicht wieder von der Tages8ordnung verſchwindet, ehe ſie
gelöſt iſt; möge dieſe Löſung „eine friedliche Arbeitsteilung“
zwichen Schule und Kirche bringen, eine Arbeitsteilung, die
der Schule ihr Recht auf die religiöſe Unterweijung, den
Mittelpunkt jeder harmoniſchen Bildung nicht verkümmert,
die aber au< der Kirche ausreichende Gelegenheit giebt, die
dem KindeZ3alter entwachſene Jugend zu würdigen Gliedern
ihrer Gemeinſchaft heranzubilden.“ Dieſer Wunſc< hat ſich
injofern erfüllt, als alle aus jener Kritik ſich ergebenden
Fragen ſeither in unſerer Paſtoral-Konferenz wie in der Zeit-
ſchrift für die evangeliſch-lutheriſche Kirche in Hamburg ein-
gehende Erörterung fanden, an der ſich ſowohl Geiſtliche wie
Lehrer beteiligten. In der vorletzten Konferenz faßte man im
Anj<luß an ein Referat von P. Pauly über die Frage:
Wie können wir die Vorbereitung der Kinder auf die Konfir-
mation gründlicher und erfolgreicher geſtalten? den Bes
j<luß, eine Kommijjion aus Geiſtlichen und Lehrern zu bilden,
um ein gemeinſames Vorgehen der Schule und der Kirche
für die Vorbereitung der Kinder auf die Konfirmation nußbar
zu machen, und „hat damit den Schritt, den im in meinem
dieSbezüglichen Vortrage in der Union, wie in dem bezüg-
lichen Aufſatz in der Zeitſchrift als „die weſentlichſte Frucht
der ganzen Debatte über die Konfirmation8praxis“ bezeichnet
hatte. Denn in der That liegt darin der größte Schade,
daß zwiſchen Geiſtlichen und Lehrern in bezug auf die reli-
giöſe Unterweijung jede Verſtändigung und Fühlung fehlt,
während beide doch aufeinander angewieſen jind und ſich
gegenſeitig ergänzen und unterſtüßen ſollten. Wir wollen
hier die Frage unerörtert laſſen, wo die Schuld liegt, viel-
mehr uns freuen, daß die Geiſtlichen e8 als einen unerträg-
lihen Zuſtand empfinden, daß mancher von ihnen den
Religionslehrplan der Schule nicht kennt, die wenigſten ihre
Arbeit auf der des Lehrers aufbauen. Kirc<e und Schule
Mittwodh, den 7. Lovember 1900.
haben eben biSher leider noc< nicht gelernt, das urſprüngliche,
aber unhaltbare Abhänzigkeit3verhältni8s, deſſen glücklicher
Löſung wir uns beiderfeit3 freuen, durc< ein VertrauenS3ver-
hältni8 zu erfezen. Wie nunmehr auch bei uns, haben ſich
übrigens in verſchiedenen Teilen Deutſc<land3 derartige Kon-
ferenzen von Geiſtlichen und Religions3lehrern gebildet; be-
jonders von Frankfurt a. M. iſt durc< Profeſſor Marx ein
Fräftiger Anſtoß ausgegangen; dann hat Profeſſor Simons
beim Bonner Ferienkurjus in gleicher Richtung gewirkt; in
diejem Jahre haben die Freunde der Chrijtlichen Welt in
Eijena?W den Religionzäunterriht von den verſchiedenſten
Seiten behandelt, kurz, alle Anzeichen 1prechen dafür, daß
dur<* das erwachende Intereſje von ir<licher Seite die
Klage, die Thrändorf in jeinem Artikel in Rein38 Encykio-
pädie erhebt: Auf dieſem Gebiete ſcheine man au38 der Ge-
ic<hichte nicht3 gelernt zu haben, hinfällig wird.
Bei uns gingen, wie geſagt, die Erörterungen hervor aus
der von P. Mahling geübten Kritik an unjerer Konſirmations-
praxis, bei der derſelbe von dem Wicherni|chen Jdeale der
Volkskir<he ausSging. Während ſich Stöder au? der kirc<lich-
jozialen Konferenz wie Simons mit Mahling zu dem Urteile
WichernZ bekannten, iſt uniere Vaſtoral-Konferenz der Über-
zeugung, daß der eigentliche Schade nicht in der Konſirma-
tionShandlung ſelbſt liege, diejelbe vielmehr nach den drei
Seiten hin, in denen ſie biSher ihre Bedeutung hatte, als
ein Bekenntni3akt der im Glauben herangewachſenen Kinder,
als eine Aufnahme derſelben in die Schar der mündigen
Gemeindeglieder und als eine Zuſicherung de3 Rechtes zur
Teilnahme an der Feier de3 heiligen Abendmahl3 durchaus
feſtzuhalten ſei. I< will mich hier auf die innerkir<liche
Frage der Konfirmations8praxi3 nicht einlaſjen, verweiſe dafür
auf die betreffenden Aufjäße der Kirchlichen Zeitſchrift, wo
ich meine perſönliche Überzeugung in folgenden Säßen zu-
jammengefaßt habe:
1. Die von Mahling geübte Kritik an unferer Konfirma-
tion3Zpraxis muß von dem Wichernſ<en Jdeale der
Volkskir<he aus als berechtigt anerkannt werden.
. Neben der Konfirmation3praxi3s iſt die Verſäumnis
der Kirche, die Gemeinde organiſch auſzubauen und das
allgemeine Prieſtertum aller Gläubigen zu verwirklichen,
i<uld daran, daß wir dem Ziele der Volk3kir<e noch
nicht näher gekommen find.
3. Die Konfirmation iſt die feierliche Eingliederung der
getauften und unterrichteten Jugend in die <riſtliche
Gemeinde zu ſelbſtändiger Teilnahme an ihrem Leben.
4. Die Unterweijung in der Lehre der Kirche erfolgt im
Religionsunterricht der Schule dur< den Lehrer und
im Konfirmandenunterricht durH den Paſtor.
Ww