Obgleich; die Zentralſtelle auch- bei denjenigen Vereinen.
und. Stellen, die gleiche oder. ähnliche Ziele verfolgen, Um-
frage. gehalten hat, ſo iſt. doch ohne weiteres. anzunehmen,
daß- im, ganzen. erheblich. mehr im Deutſchen Reiche für die
Verpflegung. erholungsbedürftiger. und Heilung: kranker Kin-
der. aus: freiwillig geſpendeten. Mitteln. geleiſtet worden iſt,
al3: dex: Bericht. angiebt. Beſonder3 . das, was: die kirchliche
Fürſorge: thut, ſcheint ſich nicht vollſtändig wiederzuſpiegeln.
Jedenfalls iſt aber, aus.. dieſem. Bericht das fröhliche Auf-
blühen der. Ferienkolonien. und Kinderheilſtätten zu erſehen.
Freilich zeigt: er auch, daß noch viel zu. thun iſt, daß man
nicht die Hände. in den Schoß- legen darf, jondern ſie in
die Börſe ſte>en muß, um. dem Bedürfnis einigermaßen. Ent-
ſprechende3: zu ſchaffen.
Von, den berichtenden 211 Stellen gehören 92 dem.
Zentralverband: an. 162 ſind entjendende Stellen, wie
Kommunen, Vereine, Korporationen, 84 ſind Kinderheil-
ſtätten in Seebädern, 9. fol<e in Seehädern, die ſämtlich
gemeinnüßige. Stiftungen. find.
Unter: den. vorerwähnten 162 Stellen beſißen 19, jo
3. B. die. Ferienkolonie-Vereine in Barmen, Bremen, Land8-
berg. a. d. W., Leipzig, Lübe&, Magdeburg, München, Negens-
burg und. Stettin, der Gemeinnüßige Verein in Drezden,
die. Frauenvereine in Elberfeld und Karlsruhe, einige Ver-
eine. für. Innere. Miſſion ein eignes Ferienheim oder eine
Kinderheilſtätte. Der Berliner Verein für Geſundheitspflege
ſogar deren. zwei. Auc<h einzelne. Menſc<enfreunde haben
ſich. durch Errichtung: von Ferienheimen ein Denkmal geſeßt,
jo. 3.. B. der hamburgiſche Reeder Sloman. und der Molkerei-
beſiker Bolle. in Berlin.
Von: den entſendenden Stellen. ſind 1898 in geſ<loſjenen
Ferien-Kolonien: a in Verein8-Pflegehäujern 5636, b in
fremden Häufern 7205; in Familien auf dem Lande: a gegen
Bezahlung 1996, b in Freiquartieren 567; in Heilſtätten
der: -2 Solbäder. 3466, b Seebäder 1778; in Stadtkolonien
9765, alſo. zuſammen 30 414 Kinder in Pflege gegeben
worden.. Dem Vorjahr gegenüber iſt dies ein Zuwachs von
1640 Perſonen.
Die einzelnen Städte entſandten zum Teil recht erhebliche
Kontingente, ſo 3z. B. Berlin 4225, Hamburg 2082,
Köln 1194, Düſſeldorf 1184, Leipzig 976, Drezsden 9193,
Gera 465, dagegen. Ebemniß nur 108, Dortmund nur 90
und. Bochum nur 10. Düſſeldorf ſchite */« Prozent ſeiner
geſamten Einwohnerſchaft in die Ferienkolonien!
Der Aufwand, welchen die Unterbringung, Beköſtigung,
Aufſicht, Pflege und die Reiſeau8gaben verurjachten, belief
ſich. auf 1.086 336 4., wäbrend er 1896 erſt etwas über
700 000 M. betrug. |
Auf das Eindringen ſozialer Geſicht8punkte in unſere
Stadtverwaltungs8maximen ſcheint e3 hinzudeuten, daß 1898
die Gemeinden einen weit höhern Zuſchuß leiſteten als jonſt.
1896 ſteuerten ſie nicht ganz 46 000 HM., während jie 1898
mehr al8 da8 Doppelte, 88 466 4, beitrugen, Au3 leßt-
willigen Legaten floſſen 1898 33 000, aus- Staatsmitteln
15.400 A.
Die Normen, wel<e bei. der AusSwahl und den Unter-
juchungen. der Kinder bei den einzelnen Vereinen 2c. gelten,
die Koſten. und die Gewicht8zunahmen pro Kind 2c. jind in
dem Bericht niedergelegt, ebenſo ſind die Sätze, welche die
einzelnen: Kinderheilſtätten berechnen, einzeln aufgeführt.
Dieſe Abſchnitte, 10 wiſſenswert ſie auch für den beruflich
daran Jniereſſierten: ſind, dürften dem LeJer tro>en erſcheinen.
Dagegen mird eine Reihe neuer Einrichtungen überall Teil:
nahme erweden.
Die Gejelſchaft für Wohlfahrt3einrichtungen in Fraunk-
furt a. M. hat es im Sommer 1899 unternommen, Schul-
kindern während der Sommerferien einen guten und geſun-
den. Landaufenthalt gegen Bezahlung zu verſchaffen und zu
diejem Zwede eine Vermittelungsſtelle für Ferien-
aufenthalt errichtet. Dieſe hat in einer Reihe von Ort-
ſchaften im Taunus, Speſſart, Rhöngebirge, Odenwalde und
Vogelsberg zahlreiche Pflegeſtellen beſorgt, ſodaß einx größere
Anzahl Kinder untergebracht werden: konnte. Das Unter-
nehmen erfreute ſich. beim: Publikum“ einer“ unerwartet
günſtigen: Aufnahme, es trat“ daher: auch. während: der. Herbſt:
ferien in Thätigkeit.
Erwähnt fei noc< kurz des von. verſchiedenenen Seiten
angeregten Austauſches von Kindern während der Ferien
zwiſchen Stadt und Land, welcher. zuerſt in. Dänemark“ ein-
geführt und von der dreijprachiſchen: Schweiz. noch: weiter:
vervollfommnet wurde, um Kindern. auf dieſe Weiſe: Gelegen-
heit zu geben, ſich in. den andern: Sprachen auszuvilden.
Deutſ<ſprechende Familien tauſchten ihre Kinder“ gegen. ſolche
franzöſiſch oder italieniſch redender: aus: und umgekehrt.
Von Leipzig aus haben 1899- zum erſtenmal auch -eigent-
liche Ferienreiſen, das heißt Fußwanderungen armer Kinder
unter Führung von Lehrern ſtattgefunden. Eine zu dieſem
Zwecke veranſtaltete Sammlung ergab die für einen erſten Verſuch
recht ſtattliche Summe von nahezu 1200 4. Dieje Summe.
hat hingereicht, um 4 ReijſegeſellſIchaften von im ganzen 44
Kindern auszufenden, zwei. davon im Sommer, zwei im
Herbſt. Die Sommerreiſen dauerten je 10 Tage, die Herbſt-
reiſen konnten wegen der fkürzern Michaelisferien. nur auf
je 7 Tage ausgedehnt werden. Knaben und Mädchen werden,
natürlich in getrennten ReiJegejellichaften, gleichmäßig bes
rüdnchtigt.
Der Bericht enthält am Schluß noch einige Schilderungen
und Angaben über die Ferienfolonien des Auslandes 3. B:
der Niederlande, der- Union, der Schweiz und Oſierreichs.
E3 will uns aber doch ſcheinen, al38 ob in diejer jegensSreichen
Beſtrebung, armen Kindern ihr einziges Kapital, die Geſund-
heit, zu mehren und zu erhalten, Deutſchland an der Spiße
marſchiere. Und wieviel iſt aue) nor< bei uns zu: thun
übrig! Wie mancher mit vielen - GlüF5gütern und nur ein
paar Kindern geſegnete Familienvater könnte no<g tiefer in
die Taſche greifen, wie mancher vermögende Junggeſelle
jollte einer Ehrenpflicht genügen, indem er ſich eine Selbſt-
ſteuer auferlegt, um den armen Kindern unſrer Großjtädte
einige Wochen frohen Lebens8genujes zu verſchaffen.
(„Soz. Korreip.“)
Aus Hamburg.
Unjere „„erſten Litterarhiſtoriker““ können auch.
verſchiedener Wteinung ſein. Gelegentlih der Be-
ſprechung der Auffätße von Max Lorenz über: Die Litteratur
am Jahrhundert3ende fühlte ſich der Kritiker I. S. (nach
der Päd. Reform Prof. Sittard) veranlaßt, die aus päda-
gogiſhen Erwägungen heraus entſtandenen Bedenken gegen
die Krieg3novelien Liliencxrons mit den Worten abzuthun :
„Ein Max Lorenz und unſere erſten Litterarhijtoriker urteilen
freilich etwas anders über Detlef von Liliencron als gewijje
litterariſche Haſelſtauden, die die alte Leier immer nachbeten,
daß die Kunſt nur dazu da ſei, um ſich zu erheben und zu
erbauen.“ Vf. Hoop8 hat darauf hingewieſen, wie unbe=
rechtigt dieſer Angriff fei, da er den Punkt nicht trefſe, der
zur Diskuſſion ſtand. Heute möchten wir an der Hand der
Beſprechung des Kunſtwart die Aufmerkjamkeit auf den
Vorderſatz lenken. Adolf Bartels, dom wohl auch einer
„unſerer erſten Litterarbiſtoriker“, ſagt, nachdem er die Tenz
denz der Lorenzſchen Arbeiten <arakteriſtert, Max Lorenz
hat ſich mit fozialpolitiſchen Studien abgegeben; er ijt auch
kein ſchlechter Kopf, und ſo bringt er hie und da Brauch-
bares, aber den meiſten ſeiner Aufſätze fehlt das äſtbetiſch-
Fritiſche Fundament. Um ihn für die Leſer des Kunuſtwarts
zu kennzeichnen, genügt zu jagen, daß er Fuldas „Heroſtrat“,
ſowie Sudermanns „Johannes“ und „die drei Reiherfedern“
bitter ernſt nimmt, ernſter vielleicht, al8 die Autoren jelbſt
dieſe Werke genommen haben. Ein pfyc<hologiſher Hiſtoriker
ſollte doch eigentlich erkennen, wo die moderne Seele --
wenn auch meinetwegen bis zu einem gewiſſen Grade unbe-
wußt = Komödie ſpielt. Außererdentlih hat mich der
Auſſa über Hekbel8 „Herodes und Marianne“ amüſiert =-