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Eine Wochenſchrift für die Angelegenheiten des Unterrichts,
der Erziehung und des LTehrerſtandes.
Schriftleitung: Herausgegeben | Verlag:
U. Struve, Hamburg-Eilbe, von Lehrern und Lehrerinnen. Sdqhröder & Jeve, Hamburg,
Jungmannſtr. 21, p. Kommiſſionär H. Keßler, Leipzig, Seeburgſtr. 40. Kl, Reichenſtr. 9-11. Fſpr. 2080.
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8. Jahrgang. FHüttwoch, den 19. Dezember 1900. Lx. 51.
Inhalt: Wider den Kindergarten. (Fortſeßung.) Vortrag von Paul giebt doch auc< ein 109 überzeugter Anhänger wie Profeſſor
G. A. Sydow. -- Aus der ſchulgeſchichtlichen Sammlung des Scul- Pappenheim zu, daß wichtige Seiten von Fröbel unbeachtet
wiſſen] c<haftlichen Bildungsvereins. Von C. Rud. Schnitger. -- Aus geblieben jind; er nennt 3. B. die jprachliche Entwidlung.
Hamburg. -- Verein8-Anzeiger. So liegt in Fröbel der Anſaß zu iener Bewegung, die durch
das Studium der Kindheit eine Kinderpſyc<ologie 1c<affen
: . will, aber er iſt nicht zur Geltung gekommen, er iſt nicht 19
Wider den Kindergarten. far erfaßt, daß der ſyſtematiſ<e Auf- und Ausbau aufge-
. ..- >r zw x . nommen werde. Selibſt die naheliegende Konſequenz jener
Vortrag, gehalten im Schulwiſſenſhaftlihen Bildungsverein Grundjäße, nämlich die Kritif an der Schulpädagogik, hat Fröbel
zu Hamburg von Paul G. A. Sydow. nur teilweiſe gezogen, indem er diejelbe als „Lern]<ule“ oder
2.47 | „Zehr- und Denkj<ule“ bezeichnet und, die Verbindung und
(ForHhehung.) Fühlung zwiſchen heiden ſuchend, die Vermittlungsklaſe for-
Wenn i< mich nunmehr der pädagogiſchen Begründung dert, und doh lag es von hier aus ſo nahe darzulegen, daß
der Forderung von Kindergärten zuwende, jo halte ich mich die Schule eine harmeoniſ<e Ausbildung aller Fähigkeiten
dabei zunächſt an die von Fröbel jelb!t gegebene Zwecbe- und Kräfte fich noc< nicht angelegen ſein läßt, daß ſie bei
ſtimmung. Derſelbe jagt 1843: „Zwe des Kindergartens iſt, ausſc<hließlicher Pflege des Intellekt5 die Gemüts- und WillenS3-
Kinder des vor]<ulpflichtigen Alters nicht nur in Aufſicht zu bildung vernachläſſigt, daß te überhaupt ihre Erziehung3-
nehmen, jondern ihnen eine ihrem ganzen Weſen entſprechende aufgabe über dem Unterricht verſäumt hat, wie wir denn wohl
Bethätigung zu geben; ihren Körper zu kräftigen, ihre Sinne eine auSgebaute Unterrichtälehre benen, aber die wichtigſten
fzu üben und den erwacenden Geiſt zu beſchäftigen; ſe ſinnig Fragen aus dem Gebiete der Regierung und Zucht unberücnichrigt
mit der Natur= und Menſchenwelt bekannt zu machen; bez gelaſjen haben. Pappenheim klagt: „Fröbel war 55 Jahr alt,
ſonder3 Herz und Gemüt richtig zu leiten und zum Urgrunde als er den Kindergarten ſchuf. Man muß die Thatſache beflagen;
alles Lebens, zur Einigkeit mit ihm hinzuführen. Im Spiele . wir würden ihm viel mehr zu verdanken haben, wenn S<hiä-
jollen ſie freudig und allleitig, alle Kräfte übend und bildend, al und innere Entwi&lung ihn der Kleinkinderpädagogit
in Ic<uldlojer Heiterkeit, Einträchtigkeit und frommer Kind» früher zugewandt hätten. Nun aber hielt ihn das einge-
lichfeit jich darleben, für die Schule und kommenden Lebenz= grenzte Intercſje des Greiſenalter2 bei der Ausarbeitung der
ſtufen ſich wahrhaft vorbereiten, wie die Gewächſe in eizem „Spielgaben“ faſt allein feſt, führte ihn in einſeitiges, ab-
Garten unter dem Segen de3 Himmels und der aufſehenden traktes Konſtruieren oder zu Nebenſächlichem und Wertlojerem
Pflege de8 Gärtners gedeihen.“ Mit diejen Worten hat - und ließ ähn, was no< I<limmer war, von den Spielgaben,
Fröbel die Vielſeitigkeit und den Umfang des Begriffs Er» . dieſem Kinde jeines Alters, für den Fortgang der men]<-
ziehung auf das vorſchulpflichtige Alter angewandt. Au8s- lichen Kultur mit einer Überſchwenglichkeit reden, welche ſ<on
gangspunkt iſt ihm die Überzeugung, daß „das Kindesleben bei ſeinen Lebzeiten der Würdigung ſeiner Verſönlichkeit Ein-
Anlage, Menſchen= und Menichheit3leben Verwirklihung, trag gethan hat. . . . So iſt der Kindergarten und jeine
Erfüllung iſt. Kindesleben iſt MikrokosSmos des Menſw6- Erziehungsweiſe ein Torſo geblieben.“ Durch den Kindexr-
beitSleben8.“ „Wo iſt“ fagt er, „ein Gegenſtand des ſpäteren . garten und die Kindergärtnerin vote Fröbe feine Gedanken
Mannesdenkens und Empfindens, Wiſſens und Könneu32, . zu verwirklichen, dabei noch als wichtigſtes Ziel im Auge:
welcher jeine äußerſten Saugwurzeln nicht bi3 in die Kindess ; die Bildung des weiblichen Geſ <hlechte3 für den mütterlichen
jahre treibe?“ So wahr dies iſt, jo richtig auch jene Forz | Beruf, ſodaß alſo bei ihm noch der Kindergarten Mittel zu
mulierung des Begriffs Erziehung für das vorſc<hulpflihtige dem Zwet> iſt, die Mutter für ihre Erziehungsauſgabe zu be-
Alter. Wie aber ſteht e8 mit dem Wege und den Mitten | fähigen, weswegen die Bezeichnung: „pädagogiſche Kinder-
zur Erreichung jenes Zieles bei Fröbel? Nach zwei Seiten klinik“, die Virchow einmal gebrauchte, ganz treffend wäre.
nur hat er jeine Gedanken weiter ausgebaut und geſtaltet, P Heute aber erheben die Freunde der Kindergärten ganz andere
einmal, indem er das Spiel zum Bildungsmittel zu maßen Anſprüche. Der Bund deutſcher Frauenvereine hai an die
jucht; denn, jo Jagt er, „die Spiele jind dem Kinde wie ein Bundesregierungen Eingaben gerichtet, die den obliga-
Schlüſſ el zur Außenwelt, jo ein Weder jeiner Innenwelt, | toriſchen Beſuch des Kindergarten fordern. Es heißt dort:
die Einführungsmittel in ſein eigenes Leben wie in das ds „E8 wird im allgemeinen zugegeben, daß die Grund-
Natur- und Weltganzenz;“ dann, indem er den Thätigkeitszz lagen der Charatkterbildung im Kinde geſchaffen ſind, wenn
trieb des Kindes pädagogiſch zu verwerten ſuchte. So bedeuz , dasſelbe in die Volksſchule eintritt. Die hochwichtige er-
tungsvoll beides auch für die Erziehung des Kindes iſt, ſo / zieheriſ<e Aufgabe, welche dem vorſchulpflichtigen Alter