laſſen, welche ihre Kinder „ohne Nachweis eines hinreichenden
Grundes“ der Schule entziehen oder ſonſt die Beſtimmungen
über die Schulpflichtigkeit verlegen. Die Änderung iſt erfolgt
auf Grund einer von der Schulſynode gegebenen Anregung.
Die Synode hat mit Recht darauf hingewieſen, daß nach
der Faſſung des jetzigen Geſeße8 eine Beſtrafung nur dann
eintreten könne, wenn den Eltern der Nac<weis der Nach-
läſſigkeit oder BöSwilligkeit erbracht werde; dieſer Nachweis
iſt in den allerſeltenſten Fällen zu erbringen, und es ſeien
denn auch mehrfac<ß Strafverfügungen, welche die Behörde
erlaſſen habe, aus dieſem Grunde von den Gerichten wieder
aufgehoben. Auf der anderen Seite werden die Eltern, deren
Kinder mit Grund die Schule verſäumen, ohne jede Schwierig-
keit in der Lage ſein, das Vorhandenſein eines Entſchuldigungs-
grunde38 nachzuweiſen, und e8 wird daher nicht als Unbilligkeit
gegen die Eltern aufgefaßt werden können, wenn man dieſen
Nachweis von ihnen verlangt. Die zweite Abänderung dbe-
trifft die Stelle, welche die Ordnungsſtrafe zu verhängen hat.
In dieſer Beziehung iſt auf die Begründung des 8 11
hinzuweiſen.
Aus der ſchulgeſchic<htlichen Sammlung des
Schulwiſſenſchaftlichen Bildungsvereins.
IL. Schulprogramme.
Unter den mannigfachen Gegenſtänden, die ſich bereits
in der genannten Sammlung befinden, und die für die Schul-
geſchichte unſerer Stadt von beſonderer Wichtigkeit ſind, neh-
men die Shulprogramme unſerer öffentlichen und halböſſent-
lichen höheren Schulen einen ſehr beachten3werten Platz ein.
Sie enthalten faſt immer zwei Hauptabteilungen : die S<ul-
nachrichten und eine, zuweilen auch zwei wiſſen] <aft-
liche Abhandlungen. Für die Schulgeſ<ic<te im
betonderen kommen zunächſt die Shulna<hrichten in
Betracht. Sie geben Kunde von dem inneren Leben der
einzelnen Schule in dem betreffenden Jahre, enthalten jta-
tiſtiſche Mitteilungen über die Frequenz der Schule, ujw.,
ſowie die Lehrpläne und eine Überſicht über die in der Schule
verwendeten Lehrbücher. Von Intereſſe ſind ferner die aller-
dings immer nur kurzen biographiſchen Mitteilungen über
die Lehrer, welche im Laufe de3 Jahres neu in das Kollegium
der einzelnen Schule eingetreten ſind. Gndlich jind auch die
Mitteilungen über Schulfeſte (Kaiſer3 Geburtstag, Sedan-
feier poder ſonſtige beſondere Veranlaſſungen) von Wert.
Von gleichfal8 nicht zu unter|<häßender Bedeutung jind
die oben erwähnten wiſjenſc<haftlichen Abhandlungen;
ihrem Inhalte nach zerfallen ſie in drei Hauptabteilungen:
1) rein wiſſenſchaftliche Abhandlungen, vorzug3weiſe geſchicht-
lichen, philologiſ<en oder naturwiſſenſchaftlichen JInhalt3;
2) in ſolche aus dem Gebiete der hamburgiſchen Gej<ichte ;
3) in ſolche ſpeciell pädagogiſ<en Inhalts.
Wenn mun au< der Beſitz der |<hulgeichichtlichen Samm-
lung de3 S. B. V. an Schulprogrammen, im Verhältnis zu
den bereit3 erſchienenen, noc< gering iſt, jo iſt er immerhin
do< ſ<on groß genug, um in einer kurzen Überjicht das
bereit38 vorhandene Material zu würdigen; freilich werden
dabei die no< beſtehenden großen Lücen hervortreten, und
den Wunſch erklärlich erſcheinen laſſen, daß dieſe Lü>den nach
und naß aus8gefüllt werden möchten.
I< beginne mit den Programmen des Akademijc<en,
in den lezten Jahren Akademiſchen und Realgym-
naſiums. Wir beſitzen deren ſieben, und zwar aus den
Jahren 1809, 1868, 1876, 1877, 1879, 1880 und 1882.
Der vollſtändige Titel des Programms von 1809 iſt:
„Anzeige der öffentlihen und beſonderen Vorlejungen der
Profeſſoren am hamburgiſ<en Gymnaſium, welche von Oſtern
1808 bis Oſtern 1809 gehalten worden ſind, und auf Oſtern
1809 bis Oſtern 1810 angekündigt werden.“ Bei den andern
genannten Programmen lautet der Titel: „Verzeichniß der
Vorleſungen, welche am hamburgiſchen Akademiſchen und
94
ename
Real-Gymnaſium von Oſtern 18 . . bis Oſtern 18 . . gehalten
werden ſollen.“ Jedes der leßteren zerfällt in drei Haupt--
abteilungen: Jahre38bericht, Verzeichnis der Vorleſungen und
die wiſſenſ<aftliche Abhandlung. Die JahreS3berichte
beziehen ſicß nicht nur auf die in dem BerichtSjahr gehal-.
tenen Vorleſungen, ſondern auch auf die ſtaatlichen wiſſen-
ſchaftlichen Inſtitute: Stadtbibliothek, botaniſcher Garten,
Sternwarte, Sammlung hamburgijc<her Altertümer uſw., und-
ſind noch heute von geſchichtlichem Werte.
Von nicht geringerem Intereſſe ſind die Verzeichniſſe
der Vorleſungen, von denen auc damals Ic<on einige
öffentlich für größere Kreije gehalten wurden, und wie z. B.
die Vorleſungen von Profeſſor Wurm und ſpäter von Pro»-
feſſor Aegidi ſich großer Beliebtheit erfreuten. Gin Vergleich
mit dem heutigen, von der Oberſchulbehörde geregelten Vor-
leſung8weſen wird deutlich erkennen laſſen, wieviel in den
lezten Jahren in dieſer Beziehung gej<ehen iſt. und noch
geſc<ieht.
Unter den beigegebenen wiſſenſ<aftlichen Abhand-
lungen nenne ich folgende:
Vorleſ. Verz. 1877: Dr. F. Wibel, Die Fluß- und
Bodenwäſſer Hamburg38. Chemiſche Beiträge zur Analyje
gewöhnlicher Lauf-, Trink- und Nußwäßſer, jowie zu der
Frage der Waſſerverſorgung großer Städte vom ſanitären
und gewerblichen Standpunkte.
Vorleſ. Verz. 1882: Dr. Jsler, Proben aus den
Katalogen der Hamburger Stadtbibliothek (bezieht ſich u. a.
beſonders auf die Goethelitteratur).
Von dem Vorleſ]. Verz. von 1873 beſitzt die
Sammlung nur die Abhandlung: Prof. K. W. M. Wiebel..
Die Inſel Kephalonia und die Meermühlen von Argojtoli.
Verſuch zur Löſung dieſes geographiſchen Räthſel38. Dasjelbe
Thema iſt, wie beiläufig erwähnt werden möge, auf dem
Internationalen Geographentage zu Berlin 1899 beſprochen
worden. *)
Von den Programmen der Gelehrtenſ<ule des
JohanneumsS beſißt die ſ<ulgeſchichtliche Sammlung die-
jenigen von 1859--60, 1860--61, 1887--88, 1893---94
vollſtändig; von den Programmen der Jahre 1889--90,
1890--91, 1894-95 und 18935--96 jind nur die Abhand-
lungen vorhanden. Von den erſtgenannten vier Programmen
haben für die hamburgiſche Schulgeſchichte noF beſonderes
Intereſſe die von 1859--60 und von 1869--61 ; ſie ent-
halten nämlich in zwei Abteilungen eine ſehr wertvolle Arbeit
de38 damaligen Direktor38 Dr. F. K. Kraſt, und zwar als
Jortſezung von Prof. Calmbergs38 Geſchi<te des Johan-
neums: eine Chronik des Hamburger JFohanneums
vom Ende des Jahres 1827 bi3 Oſtern 1861. Für die
hamburgiſc<e Geſchichte im allgemeinen iſt von
Bedeutung die Arbeit von Dr. R. Ballheimer im Programm
von 1894--95: „Zeittafeln zur hamburgiſchen Ge-
ſ<i<te 1.*) Endlic< iſt noc al38 ſpeciell pädago-
giſche Arbeit zu bezeichnen die Abhandlung von Dr. Aug.
Lange: Vom Sprechen, Lcjen, Schreiben (im Pro-
gramm von 1895---36). *)
Größer iſt die Zahl der Programme de8 Realgym:-
naſiums (früher Realſ<ule) des Johanneums3. Voll:
ſtändig vorhanden ſind diejenigen von 1868--69, 1870-71,
1872--73, 1875--76, 1876-77, 1877--78, 1879--80,
1882--83 bis 1886--87, 1890--91. Nur Sculnac<-
richten ſind vorhanden aus den Jahren 1871--72,1874--75,
1878-79, 1880--81, 1881--82, 1888--89, 1889---90,
1894--95. Die S<hulnachrichten ſind jomit faſt vollſtändig
für die Zeit von Oſtern 1868 bis Oſtern 1891 ; ſie fehlen
nur für die Schuljahre 1869-70, 1873--74, 1887--88.
1) Vergl. Hamburgiſ<her Correſpondent 1899, Nr. 472, Sonnabend,
den 7. Oltober, Abend-Ausgabe, Seite 19 u. 11.
2) Sie reichen von 811--1111.
8) Des Raumes wegen verſage ich mir die Aufzählung der rein
wiſſenſchaftlichen Abhandlungen, von der Meinung ausgehend, daß dieſe
nur für einen kleineren Kreis Intereſſe haben. I< bin aber gern bereit,
Anfragen bezüglich ſolcher Abhandlungen zu beantworten.