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„Aber wenn man meint, „ſchlimmer geht's nimmer“, -- es
kommt immer noch etwas hinzu. Wie ich nachts auf-
wache, fallen mir Tropfen ins Geſicht, und als ich. zur
Beſinnung komme, bemerke ich, daß ich teilweiſe im Wajiſer
liege. Hinauskriechen -- umbhergehen, geht nicht wegen
der Kugeln. Alſo ſtill liegen und den Morgen erwarten,
denn dann läßt meiſt das Gewehrfeuer nach. (Die Ruſſen
ſchießen nachts ununterbrochen, weil ſie Angriffe befürchten.)
In dem Unterſtand haben wir bei zeitweiligem Regen
2 Tage und 2 Nächte zugebracht. Dort erhielt ich auc
2"dolfs Briefpapier. Ach du, lieber Gott! Briefe ſchreiben !
Aber ſchließlich ſiegte doch wieder der Humor.“
- „Ich geriet mit meinem Zugführer in eine Debatte
Über die Steigerung der Schwierigkeiten, die zu Überwinden
ſind. Ich habe die Sache nach meinen bisherigen Erfah-
rungen in ein Syſtem gebracht
1) .Schlafen im Unterſtand mit Stroh
2) " " " ohne Stroh
3) Schlafen ohne Unterſtand.
Jede Abteilung hat wieder 6 Unterabteilungen : a) ohne
b) mit Gewehrfeuer, c) ohne d) mit Regen, e) ohne 1) mit
Unwohlſein.“
„Nach abgelaufener Ruhezeit ging's dann in den Graben,
von dem wir allerlei erwarteten. Aber ſiehe da, großartig
gute Deckung ; Sandboden, daher trockene, gute Unter-
ſtände, allerdings nur 100 Meter von den Ruſſen. Aber
das ſtört weiter nicht. Zh bin überhaupt in dieſer Stellung
am liebſten in vorderſter Reihe.“
„Am Tage lebt man verhältnismäßig ruhig, kocht
Kaffee, Tee oder Kartoffeln ; beſonders Beanlagte in dieſer
Kunſt verſteigen ſich auch zu Bratkartoffeln, Phantaſie-
begabte erdichten ganze Diners = nur ganz arme Leute
eſſen Brot. Nachts dagegen iſt Dienſt. Die Hälfte be-
pbachtet immer ; dazu patrouilliert immer ein Unteroffizier
in jedem Zuge. Alle zwei Stunden Abwechslung. Ich
war von 2--4 dran. Bis 12 Uhr konnte ich nicht ſchlafen,
dann ſchläferte ich langſam ein und als ich um 2 Uhr
richtig anfangen wollte -- Ablöſung.“
„Beim Liegen im leßten Unterſtand war ich wieder
mal im aufſteigenden Grundwaſſer durchnäßt und unwohl
geworden. Ich bin vom Arzt ins „Revier“ geſchickt, wo
ich morgen genau unterſucht werde. Die Ruhe und die
Wärme haben mir aber ſo wohl getan, daß ich ſchon
wieder oben auf bin. In zwei oder drei Tagen werde ich
wohl wieder mitmachen. Das tue ich auch gerne, ich muß
nur auf dem Damm ſein.“
Dieſe Hoffnung hat ſich leider nicht erfüllt. Der
Schreiber des Briefes iſt wegen Krankheit inzwiſchen in
ein deutſches Lazarett überführt.
Zentralinſtitut für Erziehung
und Unterricht.*)
Am Sonntag dem 21. März 1915 wurde das in Berlin,
Potsdamer Straße 120, belegene Zentralinſtitut für Er-
ziehung und Unterricht mit den beiden Sonderausſtelungen
„Schule und Krieg“ und „Biologiſche Schularbeit“**) ſo-
wie die dem Inſtitut eingegliederte Zentralſtelle für den
naturwiſſenſchaftlichen Unterricht**) eröffnet.
Der Kultusminiſter hielt hierbei folgende Anſprache :
*) Das Zentralinſtitut für Erziehung und Unterricht iſt von
der Jubiläumſtiftung für Erziehung und Unterricht in Gemäßheit
ihres Statuts vom 12. März 1914 (abgedruckt im Zentralblatt
1914 S. 367 ff.) begründet worden.
**) Die Ausſtellungen ſind während des Frühjahrs und
Sommers werktäglich von 3--6 Uhr unentgeltlich geöffnet. Fach-
leute und Schüler unter Führung ihrer Lehrer können ſie auch
zwiſchen 19 und 3 Uhr nach vorhergehender Anmeldung in der
Geſchäftsſtelle des Zentralinſtituts beſichtigen.
.*.*) Die Zentralſtelle befindet ſich auch im Hauſe Potsdamer-
Straße 120. Vgl. Erlaß vom 19. September 1914 -- UV 11 2321 --
(Zentralblatt 1914 S. 637/8).
» Schon lange war es ein Ziel und ein lebhafter Wunſch
der Unterrichtsverwaltung, für das geſamte weitverzweigte,
vielgeſtaltete Gebiet des Erziehungs=- und Unterrichtsweſens
eine gemeinſame zentrale Sammel», Auskunfts- und ÜArbeits-
ſtelle zu ſchaffen, deren Mangel ſich immer mehr geltend
machte und auch nicht durch einige Einzeleinrichtungen be-
ſeitigt werden konnte, die für gewiſſe Teilgebiete ver einer
ſolchen zentralen Stelle zufallenden Aufgabe mit der Zeit
entſtanden waren und in den ihnen gezogenen Grenzen
ohne Frage wertvolle Dienſte geleiſtet hatten. Nach dem
erſtrebten Ziele hin war der erſte grundlegende Schritt
getan, als Seine Majeſtät der Kaiſer und König der von
mir begründeten Jubiläumsſtiftung für Erziehung und
Unterricht die lande2sherrliche Genehmigung erteilte. Bet
den weiteren Vorbereitungen wurden auch wir durch den
Ausbruch des Krieges Überraſcht, aber wir brachen dieſe
jriedliche Arbeit nicht ab. Wenn auch erſchwert durch die
Ungunſt der Zeit iſt ſie fortgeführt worden, und durch die
hingebende Tätigkeit der Männer, die ſich ihr vornehmlich
widmeten, iſt es gelungen, mitten im Kriege das neue
Inſtitut ins Leben zu rufen und heute in Verbindung mit
einer beſonderen biologiſchen Sammlung und einer der
kriegeriſchen Zeit entſprechenden Schulausſtelung zu er-
öffnen und für breitere Kreiſe in die Erſcheinung treten zu
laſſen.
Das Inſtitut ſoll ſich in drei Hauptabteilungen gliedern, in
eine Abteilung für Ausküntfte,
eine für Ausiftellungen,
eine für pädagogiſche Arbeit.
Sammeln, Prüfen und Ordnen des hiſtoriſchen und
praktiſchen Materials iſt ſeine Loſung.
Die Auskunftsſtelle hat die beſondere Aufgabe, ſich auf
dem lauſenden zu halten und Auskünfte zu erteilen : über
die Organiſation und den Betrieb des Erziehungs- und
Schulweſens, über Schulbauten und -einrichtungen, über
Lehrpläne und Lehrſtoffe, über Unterrichtsmethoden und
deren Ergebniſſe, über Lehrbücher, Lehr= und Anſchauungs-
mittel, über Schüler- und Lehrerbibliofheken, über Schul-
Hygiene, Jugendpflege, Jugendfürſorge u. a. m.
Eine Zentralſtelle, die über alle dieſe Angelegenheiten
Auskunft und Rat erteilt und Gelegenheit zu tiefer ein-
dringendem Studium bieten kann, iſt angeſichts der ſtetig
zunehmenden Mannigfaltigkeit und Zerſplitterung unſerer
pädagogiſchen Einrichtungen und Beſtrebungen ein beſonders
dringendes Bedürfnis.
Aber ſo nüßlich die Arbeit dieſer Stelle ſein wird, ſie
wird nicht genügen. Anſchauliches Material, wie es
namentlich für die Orientierung auf den Gebieten des
Schulbaus und der Schuleinrichtung, der Schulhygiene,
der Lehr- und Anſchauungsmittel, der Unterrichtsverſuche
und -ergebniſſe u. dergl. m. erforderlich iſt, kann ſie nicht
bieten.
Dieſe Aufgabe zu erfüllen, iſt der Haupkfzweck der aus
der „Deutſchen Unterrichts-Ausſtellung“ und dem „Schul-
muſeum der Stadt Berlin“ ſich bilvenden Abteilung für
Ausſtellungen. Sie unterhält eine ſtändige Ausſtellung,
veranſtaltet wechſelnde Ausſtellungen und verſendet Wander-
ausſtellungen. Sie ſoll keine bloße Sammelſtelle, kein
totes Schulmuſeum in der bisher üblichen Art ſein, ſie ſoll
der Arbeit in und an der Schule nicht regiſtrierend nach-
folgen, ſondern ſie begleiten und zu rüſtigem Weiterſchreiten
ermuntern.
Neben den Abteilungen für Auskünfte und Ausſtellungen
ſoll als dritte Hauptabteilung des Zentralinſtituts die Ab-
teilung für wiſſenſchaftliche und praktiſche pädagogiſche
Arbeit eingerichtet werden.
Ihre Wirkſamkeit nach außen wird dieſe Abteilung
vornehmlich durch Veröffentlichung ihrer Ergebniſſe durch
Kurſe, Vorträge und Führungen für die Lehrerſchaft, die
Schulverwaltungen und die an der Jugendbildung anteil-