Full text: Hamburgische Schulzeitung - 23.1915 (23)

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„Aber wenn man meint, „ſchlimmer geht's nimmer“, -- es 
kommt immer noch etwas hinzu. Wie ich nachts auf- 
wache, fallen mir Tropfen ins Geſicht, und als ich. zur 
Beſinnung komme, bemerke ich, daß ich teilweiſe im Wajiſer 
liege. Hinauskriechen -- umbhergehen, geht nicht wegen 
der Kugeln. Alſo ſtill liegen und den Morgen erwarten, 
denn dann läßt meiſt das Gewehrfeuer nach. (Die Ruſſen 
ſchießen nachts ununterbrochen, weil ſie Angriffe befürchten.) 
In dem Unterſtand haben wir bei zeitweiligem Regen 
2 Tage und 2 Nächte zugebracht. Dort erhielt ich auc 
2"dolfs Briefpapier. Ach du, lieber Gott! Briefe ſchreiben ! 
Aber ſchließlich ſiegte doch wieder der Humor.“ 
- „Ich geriet mit meinem Zugführer in eine Debatte 
Über die Steigerung der Schwierigkeiten, die zu Überwinden 
ſind. Ich habe die Sache nach meinen bisherigen Erfah- 
rungen in ein Syſtem gebracht 
1) .Schlafen im Unterſtand mit Stroh 
2) " " " ohne Stroh 
3) Schlafen ohne Unterſtand. 
Jede Abteilung hat wieder 6 Unterabteilungen : a) ohne 
b) mit Gewehrfeuer, c) ohne d) mit Regen, e) ohne 1) mit 
Unwohlſein.“ 
„Nach abgelaufener Ruhezeit ging's dann in den Graben, 
von dem wir allerlei erwarteten. Aber ſiehe da, großartig 
gute Deckung ; Sandboden, daher trockene, gute Unter- 
ſtände, allerdings nur 100 Meter von den Ruſſen. Aber 
das ſtört weiter nicht. Zh bin überhaupt in dieſer Stellung 
am liebſten in vorderſter Reihe.“ 
„Am Tage lebt man verhältnismäßig ruhig, kocht 
Kaffee, Tee oder Kartoffeln ; beſonders Beanlagte in dieſer 
Kunſt verſteigen ſich auch zu Bratkartoffeln, Phantaſie- 
begabte erdichten ganze Diners = nur ganz arme Leute 
eſſen Brot. Nachts dagegen iſt Dienſt. Die Hälfte be- 
pbachtet immer ; dazu patrouilliert immer ein Unteroffizier 
in jedem Zuge. Alle zwei Stunden Abwechslung. Ich 
war von 2--4 dran. Bis 12 Uhr konnte ich nicht ſchlafen, 
dann ſchläferte ich langſam ein und als ich um 2 Uhr 
richtig anfangen wollte -- Ablöſung.“ 
„Beim Liegen im leßten Unterſtand war ich wieder 
mal im aufſteigenden Grundwaſſer durchnäßt und unwohl 
geworden. Ich bin vom Arzt ins „Revier“ geſchickt, wo 
ich morgen genau unterſucht werde. Die Ruhe und die 
Wärme haben mir aber ſo wohl getan, daß ich ſchon 
wieder oben auf bin. In zwei oder drei Tagen werde ich 
wohl wieder mitmachen. Das tue ich auch gerne, ich muß 
nur auf dem Damm ſein.“ 
Dieſe Hoffnung hat ſich leider nicht erfüllt. Der 
Schreiber des Briefes iſt wegen Krankheit inzwiſchen in 
ein deutſches Lazarett überführt. 
 
Zentralinſtitut für Erziehung 
und Unterricht.*) 
Am Sonntag dem 21. März 1915 wurde das in Berlin, 
Potsdamer Straße 120, belegene Zentralinſtitut für Er- 
ziehung und Unterricht mit den beiden Sonderausſtelungen 
„Schule und Krieg“ und „Biologiſche Schularbeit“**) ſo- 
wie die dem Inſtitut eingegliederte Zentralſtelle für den 
naturwiſſenſchaftlichen Unterricht**) eröffnet. 
Der Kultusminiſter hielt hierbei folgende Anſprache : 
*) Das Zentralinſtitut für Erziehung und Unterricht iſt von 
der Jubiläumſtiftung für Erziehung und Unterricht in Gemäßheit 
ihres Statuts vom 12. März 1914 (abgedruckt im Zentralblatt 
1914 S. 367 ff.) begründet worden. 
**) Die Ausſtellungen ſind während des Frühjahrs und 
Sommers werktäglich von 3--6 Uhr unentgeltlich geöffnet. Fach- 
leute und Schüler unter Führung ihrer Lehrer können ſie auch 
zwiſchen 19 und 3 Uhr nach vorhergehender Anmeldung in der 
Geſchäftsſtelle des Zentralinſtituts beſichtigen. 
.*.*) Die Zentralſtelle befindet ſich auch im Hauſe Potsdamer- 
Straße 120. Vgl. Erlaß vom 19. September 1914 -- UV 11 2321 -- 
(Zentralblatt 1914 S. 637/8). 
» Schon lange war es ein Ziel und ein lebhafter Wunſch 
der Unterrichtsverwaltung, für das geſamte weitverzweigte, 
vielgeſtaltete Gebiet des Erziehungs=- und Unterrichtsweſens 
eine gemeinſame zentrale Sammel», Auskunfts- und ÜArbeits- 
ſtelle zu ſchaffen, deren Mangel ſich immer mehr geltend 
machte und auch nicht durch einige Einzeleinrichtungen be- 
ſeitigt werden konnte, die für gewiſſe Teilgebiete ver einer 
ſolchen zentralen Stelle zufallenden Aufgabe mit der Zeit 
entſtanden waren und in den ihnen gezogenen Grenzen 
ohne Frage wertvolle Dienſte geleiſtet hatten. Nach dem 
erſtrebten Ziele hin war der erſte grundlegende Schritt 
getan, als Seine Majeſtät der Kaiſer und König der von 
mir begründeten Jubiläumsſtiftung für Erziehung und 
Unterricht die lande2sherrliche Genehmigung erteilte. Bet 
den weiteren Vorbereitungen wurden auch wir durch den 
Ausbruch des Krieges Überraſcht, aber wir brachen dieſe 
jriedliche Arbeit nicht ab. Wenn auch erſchwert durch die 
Ungunſt der Zeit iſt ſie fortgeführt worden, und durch die 
hingebende Tätigkeit der Männer, die ſich ihr vornehmlich 
widmeten, iſt es gelungen, mitten im Kriege das neue 
Inſtitut ins Leben zu rufen und heute in Verbindung mit 
einer beſonderen biologiſchen Sammlung und einer der 
kriegeriſchen Zeit entſprechenden Schulausſtelung zu er- 
öffnen und für breitere Kreiſe in die Erſcheinung treten zu 
laſſen. 
Das Inſtitut ſoll ſich in drei Hauptabteilungen gliedern, in 
eine Abteilung für Ausküntfte, 
eine für Ausiftellungen, 
eine für pädagogiſche Arbeit. 
Sammeln, Prüfen und Ordnen des hiſtoriſchen und 
praktiſchen Materials iſt ſeine Loſung. 
Die Auskunftsſtelle hat die beſondere Aufgabe, ſich auf 
dem lauſenden zu halten und Auskünfte zu erteilen : über 
die Organiſation und den Betrieb des Erziehungs- und 
Schulweſens, über Schulbauten und -einrichtungen, über 
Lehrpläne und Lehrſtoffe, über Unterrichtsmethoden und 
deren Ergebniſſe, über Lehrbücher, Lehr= und Anſchauungs- 
mittel, über Schüler- und Lehrerbibliofheken, über Schul- 
Hygiene, Jugendpflege, Jugendfürſorge u. a. m. 
Eine Zentralſtelle, die über alle dieſe Angelegenheiten 
Auskunft und Rat erteilt und Gelegenheit zu tiefer ein- 
dringendem Studium bieten kann, iſt angeſichts der ſtetig 
zunehmenden Mannigfaltigkeit und Zerſplitterung unſerer 
pädagogiſchen Einrichtungen und Beſtrebungen ein beſonders 
dringendes Bedürfnis. 
Aber ſo nüßlich die Arbeit dieſer Stelle ſein wird, ſie 
wird nicht genügen. Anſchauliches Material, wie es 
namentlich für die Orientierung auf den Gebieten des 
Schulbaus und der Schuleinrichtung, der Schulhygiene, 
der Lehr- und Anſchauungsmittel, der Unterrichtsverſuche 
und -ergebniſſe u. dergl. m. erforderlich iſt, kann ſie nicht 
bieten. 
Dieſe Aufgabe zu erfüllen, iſt der Haupkfzweck der aus 
der „Deutſchen Unterrichts-Ausſtellung“ und dem „Schul- 
muſeum der Stadt Berlin“ ſich bilvenden Abteilung für 
Ausſtellungen. Sie unterhält eine ſtändige Ausſtellung, 
veranſtaltet wechſelnde Ausſtellungen und verſendet Wander- 
ausſtellungen. Sie ſoll keine bloße Sammelſtelle, kein 
totes Schulmuſeum in der bisher üblichen Art ſein, ſie ſoll 
der Arbeit in und an der Schule nicht regiſtrierend nach- 
folgen, ſondern ſie begleiten und zu rüſtigem Weiterſchreiten 
ermuntern. 
Neben den Abteilungen für Auskünfte und Ausſtellungen 
ſoll als dritte Hauptabteilung des Zentralinſtituts die Ab- 
teilung für wiſſenſchaftliche und praktiſche pädagogiſche 
Arbeit eingerichtet werden. 
Ihre Wirkſamkeit nach außen wird dieſe Abteilung 
vornehmlich durch Veröffentlichung ihrer Ergebniſſe durch 
Kurſe, Vorträge und Führungen für die Lehrerſchaft, die 
Schulverwaltungen und die an der Jugendbildung anteil-
	        
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