Full text: Hamburgische Schulzeitung - 23.1915 (23)

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werden kann ; das Verfahren erſcheint empfehlenswert und 
darauf gegründete Aufſtellungen ſind beſonders erwünſcht. 
Wenn 2 Mann 3 Tage (genau 56 Arbeitsſtunden) brauchen, 
um 12 Schiefer einzuſezen, dann iſt die Notwendigkeit 
ſolcher Aufſicht wohl zur Genüge nachgewieſen.*) 
A. Struve. 
Zur Iufkläxung. Der Verein „Kriegerheime 
in Berlin tritt in jüngſter Zeit durch Anſchreiben und durch 
einen hieſigen Bertreter auch mündlich an Lehrerkollegien 
wie auch an einzelne Kollegen heran mit dem Erſuchen, 
jenem Verein beizutrelen und ſich zu feſten Beiträgen zu 
verpflichten. 
Angeſichts 
wiſſen : 
1. Der Verein „Kriegerheime“ hat ſich im Juli d. Js. 
mit ſeinem Anliegen, Bolksſchullehrer als Mitglieder 
zu gewinnen, an die maßgebenden Behörden in Ham- 
burg gewandt und iſt von dieſen an den Unter- 
ſtüßungsausſchuß hamburgiſcher Lehrer und Lehrerinnen 
verwieſen worden. 
2. Bald danach hat der genannte Berein ein Werdbe- 
ſchreiben an den Unterſtüßungsausſchuß gerichtet. 
Der Ausſchüuß iſt zu einſtimmiger Ablehnung ge- 
kommen und hat durch ſeinen Borſißenden die nach- 
ſtehende Antwort gegeden : 
Hamburg, den 22. Auguſt 1915. 
An den Verein „Kriegerheime“ 
dieſer Tatſache wird es von Wert ſein, zu 
. Berlin. 
Im Auftrage des Unterſtüßungsausſchuſſes hambur- 
giſcher Lehrer und Lehrerinnen, deſjen Borſig in meiner 
Hand liegt, teile ich Ihnen auf Ihre gefl. Zuſchrift vom 
11. Auguſt d. Is. ergebenſi mit, was folgt : 
Die hamburgiſche Lehrerſchaft hat Anfang vorigen 
Monats einmütig deſchloſſen, die Fürſorge für die Kriegs- 
verſehrten und für die Kriegshinterbliebenen des ham- 
burgiſchen Lehrerſtandes aus eigener Kraft durchzuführen. 
Zugleich iſt der eingangs genannte Unterſtüßungsausſchuß, 
in dem alle Gruppen der hamburgiſchen Lehrerſchaft ver- 
treten ſind, beauftragt worden, alles Erforderliche in die 
Wege zu leiten und in die Tat umzuſeßen. 
Demnach iſt es wenigſiens bis auf weiteres ausge- 
ſchloſſen, daß die hamburgiſche Lehrerſchaft ihre Sache 
in die Hand eines auswärtigen Vereins lege. 
Sollte ein Zeitpunkt kommen, wo die Voraus- 
ſezungen für eine andere Stellungnahme vorliegen, ſo 
behalten wir Hamburger uns ſelbſtverſtändlich Freiheit 
des Handelns vor. 
Demnach bin ich zur Zeit nicht in der Lage, den im 
Eingange Ihres Schreibens ausgeſprochenen Wunſch zu 
erfüllen. 
Für Ihre freundliche Bemühung ergebenſt dankend, 
verbleibe ich 
ti. A. 
Hoc<hac<htungsvoll 
H. Harbeck. 
3. Bei dem einleitend erwähnten Schreiben nimmt der 
Verein „Kriegerheime“ in keiner Weiſe Bezug auf 
die vorangegangenen Verhandlungen. 
Dieſe Mitteilungen werden es den Kollegen leichter 
machen, zu den Bemühungen des Bereins „Kriegerheime“ 
die rechte Stellung zu finden. 
Allgemein wird es ſich empfehlen, ſich und nötigenfalls 
auch andere daran zu erinnern, daß in ſolchen und ähn- 
lichen Fällen der Unterſtüßungsausſchuß oder der Hilfsaus- 
ſchuß die gegebene Bertretung der hamburgiſchen Lehrer- 
ſchaft ſein dürften. 
I. A. : H. Harbeck. 
7 Die Schulzeitung Nr. 27 vom 3. Ju 
Wunſch zu Dienſten; man wolle ſie von der 8 
 
li d. Is. ſteht auf 
g<hriftleitung fordern. 
Rundſchau. | 
Guglands Perbrechen au Indien auf geiſtigem 
Gebiet. In dem in Neuyork erſcheinenden „Fatherland“ 
ſpricht ſich Baſanta Kromar Roy, ein bedeutender Hindu- 
Scriftſteller und Freund Radindranath Tagores, über die 
engliſche Herrſchaft in Indien folgendermaßen aus: „Wenn 
der Erfolg einer Regierung beurteilt wird nach dem Fort- 
ſchritt in der Erziehung, der Hebung des wirtſchaftlichen 
Wobhlergehens und dem Ausbau der politiſchen Einrich- 
tungen der Regierten, ſo iſt die engliſche Herrſchaft in 
Indien ein ausgeſprochener Nißerfolg geweſen, ebenſo wie 
ſie es in den nordamerikaniſchen Kolonien vor dem Un- 
abhängigkeitskrieg der Union war. (Wir laſſen nur das 
auf den erjien Punkt Bezügliche als die Leſer am meiſten 
intereſſierend folgen.) In vorbritiſchen Tagen hatte jedes 
Dorf in Indien ſeine Elementarſchule, wo Leſen, Schreiben 
und Rechnen gelehrt wurde. Tauſende von Studenten ge- 
noſſen höhere Ausbildung an den vom Staate unterſtüßten 
Univerſitäten, welche auch für den geſamten Lebensunierhalt 
der Studierenden ſorgten. Gegenwärtig hat, wie die Eng- 
länder ſelbſt zugeben, von je fünf Dörfern kaum ein Dorf 
noch eine Schule, wobei zu berückſichtigen iſt, daß 30 v. H. 
der Bevölkerung in Dörfern leben. 80 v. H. ſind in ihrem 
Lebensunterhalt auf die Landwirtſchaft angewieſen, und im 
ganzen Lande iſt den indiſchen Bauern nicht eine YAcker- 
bauſchule zugänglich. Die Japaner haben es fertiggebracht, 
innerhalb 45 Jahren 95 vp. H. ihrer Bevölkerung ſchul- 
mäßig zu bilden ; die Amerikaner haben innerhalb von 
40 Jahren mehr als 65 v. H. ihrer Negerbevpölkerung ge- 
hoben ; in Indien dagegen können je3t, nag 150 Jahren 
britiſcher Herrſchaft, von 160 Männern 90 nicht lejen und 
ſchreiben, von 100 Frauen 99. England hat alſo bewußt 
Indien geiſtig niedergehalten, um die Majſſje der wirtſchaft- 
lichen unv politiſchen Knechtſchaft auszuliefern. “ 
Pr. Ltg. 
Büchermarkt. 
Fichtes Reden an die deutſche Nation auch für die Gegen: 
wart gehalten. Von Dr. Bruno Wehnert, Hamburg. 
Halle a. d. S. Verlag der Buchhandlung des Waiſen» 
hauſes. 31 Seiten. 1915. Preis 59 Pf. 
Wir kämpfen nun bald ein ganzes Jahr gegen eine Welt 
von Feinden mit nirgends erichlaffender Kraft, und troß aller 
Wunden und Opfer bejeelt uns alle der eine Wille, zu ſiegen. 
Der große Augenblick findet ein großes Geſchlecht. Wie können 
wir unſere Volkskraft ſteigern ? Indem wir ihre Quellen reinigen 
und ungehindert ſprudeln laßen. In dieſem Sinne unternimmt 
es Dr. Wehnert, den Wert der Fichteſchen Reden an die deutſche 
Nation für die Gegenwart kurz und bündig darzulegen. Er 
zeigt uns in 7 Abſchnitten (Charakter der Reden, Nationalis- 
mus, Deutſchtum, Romantiſcher Jdealismus, Erziehungsphiloſophie, 
Rationalismus, Deutſche Seegeltung) Charakter und Jnhalt der 
Reden und ihre fortlebende Bedeutung. Er beleuchtet die ſchein- 
varen und die wirklichen Widerſprüche in Fichtes philoſophiſchem 
Lehrgebäude und den Gegenſaß ſeines Erziehungs-Monismrus 
zum Kantiſchen geſeßlichen Dualismus. Beſonders anziehend iſt 
der 3. Abſchnitt vom „Deutſchtum“. Hier läßt der Verfaſſer 
aus Fichtes Reden ein ſtarkes Schlaglicht fallen auf die uns 
oft ſo rätſelhaften und dunklen Unterſchiede in der Auffaſſung 
und Anwendung der Begriſſe von Wahrheit, Freiheit, Jdeal 
und Wirklichkeit bei uns und bei Engländern, Franzoſen und 
Italienern. „Sie lügen, und meinen wer weiß wie Wahres 
und Schönes zu ſagen“, ſagte Dr. Wehnert 3. B. von den 
ranzojen bezüglich ihrer Berichterſtattung im gegenwärtigen 
eltkriege. Aus Dr. Wehnerts Ausführungen weht uns ein 
Hauch des Geiſtes der Fichteſhen Reden an, und ſie treiben 
und befähigen uns, die Reden an die deutſche Nation mit ge- 
ſchärftem Blik zu leſen. Mögen unſere Feinde fich von ihren 
geiſtigen Führern an knallenden Worten und rauſchenden Phraſen 
begeiſtern laſſen, mag das betrogenene italieniſche Bolk ſich von 
einem d' Annunzio, dem Schwäßer mit dunkler Herkunft und 
Bergangenheit, in die Irre führen laſſen : Wir laſſen in ſchlichten 
Worten den Mann zu uns reden, der vor einem Jahrhundert 
im Angeſicht der franzöſiſchen Bajonette unerſchrocken die Wahr- 
heit und nichts als die Wahrheit ſprach. 
Wer Dr. Wehnerts Ausführungen geleſen hat, der wird 
ichtes Reden an die der:tſche Nation leſen wollen. Beſſeres 
ann zum Lobe der kleinen Schrift nicht geſagt werden. A. M.
	        
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