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Dieſe Beſchlüſſe fanden in den Bereginen bezw. der
Vereinspreſſe eine recht geteilte Aufnahme. Die Mehr-
zahl der Bereine enthielt ſich zunächſt einer Stellungnahme,
was im Hinblick auf die noch wenig geklärte Sachlage
nicht weiter überraſchen kann. Daneben fehlte es aber
nicht an Aeußerungen völligen Einverſtändniſſes und ebenſo
entſchiedener Ablehnung, beſonders zu den beiden Forde-
rungen bezüglich des Trägers des Unternehmens und der
Aufbringung der Mittel. Aus mehreren Landesvereinen
(Bayern, Württemberg und Baden) lag überdies die aus-
drückliche Erklärung vor, daß ſie ſich an einem Krieger-
dank des Deutſchen Lehrervereins nicht beteiligen würden.
Nicht unerwähnt ſoll bleiben, daß vereinzelt ſogar der
Kriegerdank für unſere Mitglieder in jeder Form abge-
lehnt wurde. Unter dieſen Umſiänden erachteten wir es
für notwendig, noch einmal in Erwägung über die beiden
umſtrittenen Forderungen einzutreten und zuvor den
Siebzehner-Ausſchuß darüber zu hören.
In der Sitzung des Siedzehner-Ausſchufjes am 5. Sep-
tember iit ernſtlich verſucht worden, zu einer Berſtändigung
und wenn möglich zu einer einmütigen Beſchlußfaſſung
im Sinne des Antrages des Oſtpreußiſchen Lehrervereins
zu kommen. Es zeigte ſich aber auch hier wieder, daß
ein Kriegerdank des Deutſchen Lehrervereins Keinesfalls
die Zuſtimmung der ſüddeutſchen Landesvereine finden wird.
Der bayriſche Vertreter erklärte jich aus vorwiegend for-
malen, vereinsrechtlichen Bedenken, der badiſche Vertreter
aus vereinstaktiſchen und ſchulpolitiſchen Erwägungen gegen
den beantragten Kriegerdank. Für den VBoertreter des
Württembergiſchen Bolksſchullehrervereins waren erhebliche
organiſatoriſche Schwierigkeiten beſtimmend, die dadurch
eniſianden ſind, daß der Evang. Lehrer-UÜnterſtüßungsverein
die dem Kriegerdank zufallenden Aufgaben bereits für
Württemberg übernommen hat. Bei der Abſtimmung er-
klärten ſich 13 Mitglieder des Siebzehner-Ausſchuſſes für
und 3 Mitalieder gegen den Antrag des Oſtpreußiſchen
Lehrervereins bei einer Stimmenthaltung. Dagegen fand
der folgende Vermittelungsvorſchlag allſeitige Zuſtimmung:
„Die Einrichtung des Kriegerdankes iſt den Zweig-
vereinen zu Überlaſſen. Der Deutſche Lehrerverein bildet
aus regelmäßigen Beiträgen ſeiner Mitglieder eine
Ausgleichskaſſe und gewährt den Bereinen, die durch
Krisgsverluſte beſonders hart getroffen ſind, daraus ZuU-
ſchüſſe zu ihrem Kriegerdank.“
Aus den Verhandlungen des Siebzehyner-Ausſchuſſes
haben wir die Ueberzeugung gewonnen, daß es nicht im
Intereſje des deutſchen Lehrervereins liegt, den Antrag des
Oſtpreußiſchen Lehrervereins weiter zu verfolgen. Auch
wenn dieſer Antrag bei der endgültigen Abſtimmung eine
große Mehrheit auf ſich vereinigte, woran nicht zu zweifeln
iſt, jo würde es doch u. E. nicht unbedenklich ſein, ein
Liebeswerk wie den Kriegerdank gegen eine widerſtrebende
Minderheit zur Durchführung zu bringen. Wir müſſen
verhüten, daß der große Gedanke drüderlicher Standeshilfe
zum Ausgang von Mißverſtehen und unrühmlichem Streit
wird, und müſſen daher dem Kriegerdank im Deutſchen
Lehrerverein eine Berfaſſung geben, die ein herzliches Mit-
und Füreinander aller Vereine und aller Mitglieder ge-
währleiſtet. Aus denſelben Gründen haben wir es auch
abgelehnt, für einen Kriegerdank des Deutichen Lehrer-
vereins mit freiwilliger Beteiligung der Verbände oder mit
Ausſchluß der ſüddeutſchen Landesvereine einzutreten. Das
wäre nur ein Stückwerk, unwürdig der großen Zeit und
der großen Aufgabe, unwürdig auch unſeres großen VBer-
eins. So verbleibt für die Durchführung des Krieger-
dankes nur der in dem Vermittelungsvorſchlag gewieſene
Weg der Begründung von Landeskaſſen und einer Aus-
gleichskaſſe.
An die Herren Vertreter der Landes» und Provinzial-
vereine richten wir die dringende Bitte, das Liebeswerk
an den Hinterbliebenen unſerer Gefallenen und den Kriegs-
beſchädigten Amtsbrüdern, ſoweit es noch nicht geſchehen
iſt, im Sinne dieſes Borſchlages in Angriff zu nehmen
und beſonders dafür Borſorge zu treffen, daß ſchon jezt
in den zahlreichen Notfällen eine erſte Hilfe gewährt wird.
In der Ausgeſtaltung der Landes8kaſſen haben die
Öweigvereine die volle Freiheit und Selbſtſtändigkeit. Da
aber zweifellos ein Bedürfnis beſteht, bei der Einrichtung
und Berwaltung des Kriegerdankes die Erfahrungen
in anderen Verbänden zu verwerten, haben wir eine
Sammel- und Austauſchſtelle für die den Krieger-
dank betreffenden Beröffentlichungen und Druckſachen (Auf-
rufe, Saßungen, Geſchäftspapiere, Abrechnungen, Berichte)
eingerichtet, deren Verwaltung der Geſchäftsführer, Rektor
A. Günther, Berlin W 57, Pallasſtr. 15, übernommen
hat. Wir bitten ergebenſt um Einſendung aller irgendwie
geeigneten Druckſachen (möglichſt je 5 Stück) und ſtellen
dieſe dann den Vereinen gern leihweiſe zur Verfügung.
Ein zuſammenfaſſender Bericht über die Landeskaſſen und
die Ausgleichskaſſe und über die ſonſtigen Veranſtaltungen
des Kriegerdankes im Deutſchen Lehrerverein ſoll alliährlich
im Jahrbuch voröffentlicht werden.
Einzelheiten über die Einrichtung der Ausgleichskaſſe
entziehen ſich vorläufig noch der Berichterſtattung. Es ſei
aber ſchon je3t darauf aufmerkſam gemacht, daß nach der
vom Siebzehner-Ausſchuſſ2 vertretenen Auffaſſung Zuſchüſſe
aus der Ausgleichskaſje nur ſolchen Zweigvereinen gewäört
werden ſollen, die ihre Mitglieder bereits für den eigenen
Kriegerdank in entſprechender Höhe beſteuert haven. Die
weiteren Vorarbeiten ſollen nach Möglichkeit beſchleunigt
werden. Zur Beſchaffung der erforderlichen rechneriſchen
Unterlagen veranijtaltet die Statiſtiſche Zentralſtelle domnächſt
eine Umfrageüber die Kriegsnotfälle inden
Kreiſen unſerer Mitglieder, für die wir ſchon heute um all-
ſeitige Unterſtüßung bitten. Sobald als möglich werden
wir dann mit dem Siebzehner-Ausſchuſſe die Saßungen
für die Ausgleichskaſſe vorberaten und ſie einer bald nach
Schluß des Krieges einzuberufenden Bertreterverſammlung
zur Beſchlußſajſjung unterbreiten.
Zur Aufbringung der Mittel in den Einzelvereinen
liegen bisher Nachrichten vor aus Sachſen und Heſſen.
Der Sächſiſche Lehrerverein beſchloß in ſeiner leßten
Bertreterverſammlung die Einrichtung eines Kriegerdankes
für die vom Kriege geſchädigten Kriegstkeilnehmer unter
ſeinen Mitgliedern. Aus dem Kriegerdank, der die Kriegs5=
hilfe des Reiches ergänzen ſoll, ſollen die Witwen und
die hinterlaſſenen Waiſen, ſoweit nötig auch die Eltern
gefallener Bereinsmitglieder Beihilfen erhalten, vor allem
ſol dadurch den Waiſen nach Möglichkeit die Ausbildung
geſichert werden, die ihnen der Bater hätte zuteil werden
laſſen. Erkrankte Feldzugsteilnehmer ſollen bei der Wieder
herſtellung ihrer Geſundheit nach Kräften unterſtüßt werden.
Die Mittel des Kriegerdankes werden durch eine für alle
Mitglieder verbindliche Sonderſteuer aufgebracht; für das
erſte Jahr iſt dieſe auf 24 Mark feſigeſezt, ſo daß für
das Liebeswerk der ſächſiſchen Lehrerſchaft jährlich rund
400 000 Mark zur Berfügung ſtehen, ein Betrag, der
wohl ausreichen dürfte, der vom Kriege hervorgerufenen
Not unter den VBereinsmitgliedern wirkſam zu begegnen.
Der Heſſiſche Bolksſchullehrerverein (Regbz. Kaſſel)
will den Jahres-Vereinsbeitrag von 1916 ab von 7 Mark
auf 10 Mark erhöhen und das Mehr von 3 Mark für
das Jahr nebſt Kapital und Zinſen der ſchon vorhandenen
26 000 Mark Kriegsſpende als „Heſſiſcher Lehrerkrieger-
dank“ in Erſcheinung treten laſſen.
Hamburg wird im Novewpber eine freie Sammlung
veranſtalten; die Ziele ſind dieſelben wie beim Sächſiſchen
Lehrerverein angegeben ſind.