Full text: Hamburgische Schulzeitung - 23.1915 (23)

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Dieſe Beſchlüſſe fanden in den Bereginen bezw. der 
Vereinspreſſe eine recht geteilte Aufnahme. Die Mehr- 
zahl der Bereine enthielt ſich zunächſt einer Stellungnahme, 
was im Hinblick auf die noch wenig geklärte Sachlage 
nicht weiter überraſchen kann. Daneben fehlte es aber 
nicht an Aeußerungen völligen Einverſtändniſſes und ebenſo 
entſchiedener Ablehnung, beſonders zu den beiden Forde- 
rungen bezüglich des Trägers des Unternehmens und der 
Aufbringung der Mittel. Aus mehreren Landesvereinen 
(Bayern, Württemberg und Baden) lag überdies die aus- 
drückliche Erklärung vor, daß ſie ſich an einem Krieger- 
dank des Deutſchen Lehrervereins nicht beteiligen würden. 
Nicht unerwähnt ſoll bleiben, daß vereinzelt ſogar der 
Kriegerdank für unſere Mitglieder in jeder Form abge- 
lehnt wurde. Unter dieſen Umſiänden erachteten wir es 
für notwendig, noch einmal in Erwägung über die beiden 
umſtrittenen Forderungen einzutreten und zuvor den 
Siebzehner-Ausſchuß darüber zu hören. 
In der Sitzung des Siedzehner-Ausſchufjes am 5. Sep- 
tember iit ernſtlich verſucht worden, zu einer Berſtändigung 
und wenn möglich zu einer einmütigen Beſchlußfaſſung 
im Sinne des Antrages des Oſtpreußiſchen Lehrervereins 
zu kommen. Es zeigte ſich aber auch hier wieder, daß 
ein Kriegerdank des Deutſchen Lehrervereins Keinesfalls 
die Zuſtimmung der ſüddeutſchen Landesvereine finden wird. 
Der bayriſche Vertreter erklärte jich aus vorwiegend for- 
malen, vereinsrechtlichen Bedenken, der badiſche Vertreter 
aus vereinstaktiſchen und ſchulpolitiſchen Erwägungen gegen 
den beantragten Kriegerdank. Für den VBoertreter des 
Württembergiſchen Bolksſchullehrervereins waren erhebliche 
organiſatoriſche Schwierigkeiten beſtimmend, die dadurch 
eniſianden ſind, daß der Evang. Lehrer-UÜnterſtüßungsverein 
die dem Kriegerdank zufallenden Aufgaben bereits für 
Württemberg übernommen hat. Bei der Abſtimmung er- 
klärten ſich 13 Mitglieder des Siebzehner-Ausſchuſſes für 
und 3 Mitalieder gegen den Antrag des Oſtpreußiſchen 
Lehrervereins bei einer Stimmenthaltung. Dagegen fand 
der folgende Vermittelungsvorſchlag allſeitige Zuſtimmung: 
„Die Einrichtung des Kriegerdankes iſt den Zweig- 
vereinen zu Überlaſſen. Der Deutſche Lehrerverein bildet 
aus regelmäßigen Beiträgen ſeiner Mitglieder eine 
Ausgleichskaſſe und gewährt den Bereinen, die durch 
Krisgsverluſte beſonders hart getroffen ſind, daraus ZuU- 
ſchüſſe zu ihrem Kriegerdank.“ 
Aus den Verhandlungen des Siebzehyner-Ausſchuſſes 
haben wir die Ueberzeugung gewonnen, daß es nicht im 
Intereſje des deutſchen Lehrervereins liegt, den Antrag des 
Oſtpreußiſchen Lehrervereins weiter zu verfolgen. Auch 
wenn dieſer Antrag bei der endgültigen Abſtimmung eine 
große Mehrheit auf ſich vereinigte, woran nicht zu zweifeln 
iſt, jo würde es doch u. E. nicht unbedenklich ſein, ein 
Liebeswerk wie den Kriegerdank gegen eine widerſtrebende 
Minderheit zur Durchführung zu bringen. Wir müſſen 
verhüten, daß der große Gedanke drüderlicher Standeshilfe 
zum Ausgang von Mißverſtehen und unrühmlichem Streit 
wird, und müſſen daher dem Kriegerdank im Deutſchen 
Lehrerverein eine Berfaſſung geben, die ein herzliches Mit- 
und Füreinander aller Vereine und aller Mitglieder ge- 
währleiſtet. Aus denſelben Gründen haben wir es auch 
abgelehnt, für einen Kriegerdank des Deutichen Lehrer- 
vereins mit freiwilliger Beteiligung der Verbände oder mit 
Ausſchluß der ſüddeutſchen Landesvereine einzutreten. Das 
wäre nur ein Stückwerk, unwürdig der großen Zeit und 
der großen Aufgabe, unwürdig auch unſeres großen VBer- 
eins. So verbleibt für die Durchführung des Krieger- 
dankes nur der in dem Vermittelungsvorſchlag gewieſene 
Weg der Begründung von Landeskaſſen und einer Aus- 
gleichskaſſe. 
An die Herren Vertreter der Landes» und Provinzial- 
vereine richten wir die dringende Bitte, das Liebeswerk 
an den Hinterbliebenen unſerer Gefallenen und den Kriegs- 
beſchädigten Amtsbrüdern, ſoweit es noch nicht geſchehen 
iſt, im Sinne dieſes Borſchlages in Angriff zu nehmen 
und beſonders dafür Borſorge zu treffen, daß ſchon jezt 
in den zahlreichen Notfällen eine erſte Hilfe gewährt wird. 
In der Ausgeſtaltung der Landes8kaſſen haben die 
Öweigvereine die volle Freiheit und Selbſtſtändigkeit. Da 
aber zweifellos ein Bedürfnis beſteht, bei der Einrichtung 
und Berwaltung des Kriegerdankes die Erfahrungen 
in anderen Verbänden zu verwerten, haben wir eine 
Sammel- und Austauſchſtelle für die den Krieger- 
dank betreffenden Beröffentlichungen und Druckſachen (Auf- 
rufe, Saßungen, Geſchäftspapiere, Abrechnungen, Berichte) 
eingerichtet, deren Verwaltung der Geſchäftsführer, Rektor 
A. Günther, Berlin W 57, Pallasſtr. 15, übernommen 
hat. Wir bitten ergebenſt um Einſendung aller irgendwie 
geeigneten Druckſachen (möglichſt je 5 Stück) und ſtellen 
dieſe dann den Vereinen gern leihweiſe zur Verfügung. 
Ein zuſammenfaſſender Bericht über die Landeskaſſen und 
die Ausgleichskaſſe und über die ſonſtigen Veranſtaltungen 
des Kriegerdankes im Deutſchen Lehrerverein ſoll alliährlich 
im Jahrbuch voröffentlicht werden. 
Einzelheiten über die Einrichtung der Ausgleichskaſſe 
entziehen ſich vorläufig noch der Berichterſtattung. Es ſei 
aber ſchon je3t darauf aufmerkſam gemacht, daß nach der 
vom Siebzehner-Ausſchuſſ2 vertretenen Auffaſſung Zuſchüſſe 
aus der Ausgleichskaſje nur ſolchen Zweigvereinen gewäört 
werden ſollen, die ihre Mitglieder bereits für den eigenen 
Kriegerdank in entſprechender Höhe beſteuert haven. Die 
weiteren Vorarbeiten ſollen nach Möglichkeit beſchleunigt 
werden. Zur Beſchaffung der erforderlichen rechneriſchen 
Unterlagen veranijtaltet die Statiſtiſche Zentralſtelle domnächſt 
eine Umfrageüber die Kriegsnotfälle inden 
Kreiſen unſerer Mitglieder, für die wir ſchon heute um all- 
ſeitige Unterſtüßung bitten. Sobald als möglich werden 
wir dann mit dem Siebzehner-Ausſchuſſe die Saßungen 
für die Ausgleichskaſſe vorberaten und ſie einer bald nach 
Schluß des Krieges einzuberufenden Bertreterverſammlung 
zur Beſchlußſajſjung unterbreiten. 
Zur Aufbringung der Mittel in den Einzelvereinen 
liegen bisher Nachrichten vor aus Sachſen und Heſſen. 
Der Sächſiſche Lehrerverein beſchloß in ſeiner leßten 
Bertreterverſammlung die Einrichtung eines Kriegerdankes 
für die vom Kriege geſchädigten Kriegstkeilnehmer unter 
ſeinen Mitgliedern. Aus dem Kriegerdank, der die Kriegs5= 
hilfe des Reiches ergänzen ſoll, ſollen die Witwen und 
die hinterlaſſenen Waiſen, ſoweit nötig auch die Eltern 
gefallener Bereinsmitglieder Beihilfen erhalten, vor allem 
ſol dadurch den Waiſen nach Möglichkeit die Ausbildung 
geſichert werden, die ihnen der Bater hätte zuteil werden 
laſſen. Erkrankte Feldzugsteilnehmer ſollen bei der Wieder 
herſtellung ihrer Geſundheit nach Kräften unterſtüßt werden. 
Die Mittel des Kriegerdankes werden durch eine für alle 
Mitglieder verbindliche Sonderſteuer aufgebracht; für das 
erſte Jahr iſt dieſe auf 24 Mark feſigeſezt, ſo daß für 
das Liebeswerk der ſächſiſchen Lehrerſchaft jährlich rund 
400 000 Mark zur Berfügung ſtehen, ein Betrag, der 
wohl ausreichen dürfte, der vom Kriege hervorgerufenen 
Not unter den VBereinsmitgliedern wirkſam zu begegnen. 
Der Heſſiſche Bolksſchullehrerverein (Regbz. Kaſſel) 
will den Jahres-Vereinsbeitrag von 1916 ab von 7 Mark 
auf 10 Mark erhöhen und das Mehr von 3 Mark für 
das Jahr nebſt Kapital und Zinſen der ſchon vorhandenen 
26 000 Mark Kriegsſpende als „Heſſiſcher Lehrerkrieger- 
dank“ in Erſcheinung treten laſſen. 
Hamburg wird im Novewpber eine freie Sammlung 
veranſtalten; die Ziele ſind dieſelben wie beim Sächſiſchen 
Lehrerverein angegeben ſind.
	        
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