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ſammlung. Es iſt kein Zweifel, daß der Betrag, der durch
die Sammeltätigkeit der Schulen zuſammengebracht iſt, in
die Hunderte von Millionen geht. Bon berufenſter Seite
iſt das auch anerkannt worden. Troß aller Aufrufe, un-
geachtet aller Mahnungen ſind aber noch erhebliche Gold-
beträge in den Händen der Leute. Noch vor kurzem wurde
die Summe an Gold, die noch in den Geldtaſchen des
Publikums ſich verkrochen hat, auf nahezu eine Milliarde
geſchäßt. Es gilt, auch ſie noch hervorzuholen. Deutſch-
land bedarf ihrer, während die Goldſtücke dem Einzelnen
gar keinen Nuten ſchaffen. An der Flüſſigmachung dieſer
Milliarde können wieder die deutſchen Schulen entſcheidend
mitwirken, und deshalb geſtatte ich mir, einiges aus der
Sammeltätigkeit der von mir geleiteten Schule Fuhlsbütteler-
damm 115 mitzuteilen. I< bin mir ſelbſtverſtändlich be-
wußt, daß auch andere Schulen folche Erfahrungen gemacht
haben. Aber immerhin, manch einer wird daraus Winke
entnehmen können. --
Wir haben erſt im Februar 1915 angefangen zu ſammeln.
Bis dahin kam genug Gold in die Reichsbank, ohne daß
nachgedrückt wurde. Wir fagten uns bis dahin auch:
„Unſere Bevölkerung im Schulbezirk (Vororte Fuhlsbüttel
und Klein Borſtel, dazu benachbarte hamburgiſche und
preußiſche Gemeinden) beſteht weſentlich aus Beamten aller
Grade... Zu ihnen kommen in geringerer Anzahl Geſchäfts-
leute, Handwerker, Arbeiter und Landleute. Dieſe Be-
völkerung iſt genügend unterrichtet darüber, wie wichtig es
iſt, das Gold zur Reichsbank zu bringen. Eine Samm-
lung bringt daher nicht viel“.
So regten wir erſt am 10. Februar die Schüler in allen
Klaſſen an, das noch in den Familien vorhandene Gold
zum Einwechſeln mit zur Schule zu bringen. Gleichzeitig
ſtellten wir in Ausſicht, daß diejenigen Schüler, die mindeſtens
100 M&. in Gold einliefern würden, als Dank ſür ihre
Tätigkeit das vom Zeichenlehrer Dorn entworfene Erinnerungs-
blatt bekämen. Nun brachten die Kinder ihr Gold mit.
Der Erfolg iſt bis heute folgender: Es ſind von mir an
die Poſt für die Reichsbank abgeliefert im Februar 2020 MKk.,
im März 680 Mkg., im Ypril 440 Mk., im Mai 750 Mk.,
im Juni 450 MKk., im Auguſt 750 Mkk., im September
51C Mk., im Oktober 500 MKk., zuſammen 6130 MK.
Zu dieſem Ergebnis bemerke ich:
1. Zur Beförderung des Sammeleifers der Knaben und
Mädchen hat ſich das Dorn'ſche Erinnerungsblatt als ſehr
zweckmäßig erwieſen. Es iſt erziehl ih ja durchaus zu
rechtfertigen, den Schülern für ihre freiwillige Arbeit im
Dienſte des Baterlandes dieſe kleine Auszeichnung zu ge-
währen, umſomehr, als es ſich dabei um eine fürs ganze
Leben dauernde Erinnerung handelt. Zum andern geben
die zwei aufgedruckten Strophen:
No<h zu jung zum Waſffentragen,
half ich doch die Feinde ſchlagen -- für Knaben.
und--Konnt ich auch nicht Waffen tragen,
half ich doch die Feinde ſchlagen -- für Mädchen.
Sinn und Bedeutung der Goldſammelarbeit der Kinder
treffend wieder. Es iſt mir deswegen auch ganz verſtänd-
lich, wenn Schüler und Eltern oleichmäßig großes Gewicht
auf die Erlangung dieſer Auszeichnung legten. I< weiß,
daß Eltern ſelbſt ſammeln gingen, um ihren Kindern den
Ehrenſchein zu gewinnen. Andrerſeits erinnere ich mich
mehrfacher Anfragen von Schülern (einer kam ſogar weinend)
in dem Sinne: „IG habe nur 60 Mk. und kann nicht
mehr Gold ſchaffen. Bekomme ich doch den Schein ?“ Ich
gab dann ermunternd etwas nach und erklärte mich auch
mit weniger zufrieden. Dann kam ein Zehn- oder Zwanzig-
markſtück meiſtens ſehr bald.
Kk: 2. Es iſt gut, wenn von Zeit zu Zeit in den Klaſſen
immer wieder auf die Sammlung hingewieſen wird. Da-
durch wird der Fleiß wieder neu angeregt. Eine Erinnerung nach
Oſtern brachte Ende April/ Anfang Mai 440+-750=1190 Mk.,
die nach Pfingſten 450 Mk., die nach den Sommerferien
1260 Mä., nach den Herbſtferien bisher 500 Mk. Man
ſieht alſo, es nüßt immer wieder, und wir dürfen daher
in unſerer Anregung nicht innehalten.
3. Ob die landwirtſchaftliche Bevölkerung das Gold
bejonders an ſich hält, wie man zuweilen in der DOeffent-
lichkeit hört, kann ich nach meinen Erfahrungen nicht ent-
ſcheiden. Uns haben wenigſtens die Kinder von Landleuten
ebenſogut Gold gebracht als die andrer Leute. Viel eher
neige ich dazu, zu ſagen, daß ältere Perſonen, insbeſondere
Frauen, am meiſten bereit ſind, ihr Gold anzuhalten. Oft
genug habe ich von Kindern gehört, daß ſie berichteten:
„Die 20 Mk&. hat meine Großmutter noch gehabt“, oder
„Meine Tante wollte die 40 Mk. ſich noch aufheben, wenn
die Ruſſen kämen“ oder dergleichen. Hier ſcheint eine
Aufklärung dringend vonnöten zu ſein. Wir haden denn
auch unſeren älteren Schülern wiederholt das Ueberflüſſige,
ja Unſinnige ſolcher Auffaſſung klargemacht und ſie dann
auf die ältere Berwandtſchaft oder Bekanntſchaft losgeſchickt
meiſtens mit gutem Erfolge.
4. In neuerer Zeit ſchämen ſich manche Leute nun
jc<on, ihr Gold abzugeben, weil ſie meinen, ſie hätten zu
lange mit der Ablieferung gewartet. Sie fürchten, man
würde ſie bei Poſt und Bank deshalb ſcheel anſehen. Vor
14 Tagen habe ich darin noch ein ganz lehrreiches Bei-
ſpiel erlebt. Die Kinder eines Ohlsdorfer Geſchäftsmannes
brachten mir am Montag Morgen 200 Mk. „Woher?
„Wir haben das geſtern noch eingenommen“. „Wie kommt
das ?“ „Eine Dame hat einen Grabſtein bezahlt. Sie
ſagte zu Mutter, ſie hätte noch Gold, möchte aber nicht
mehr damit zur Poſt gehen. Mutter hat ihr dann geſagt,
ſie möge es ihr nur geben. Die Kinder nähmen es mit
zur Schule, und das Gold käme dann an den richtigen
Plas“. I< habe dieſe Kinder über ſolc< verſtändiges
Tun ſehr gelobt, im übrigen aber Gelegenheit genommen,
in den oberen Klaſſen auch auf dieſe Auffaſſung der Sache
hinzuweiſen und zu bitten, daß in ſolchen Fällen falſcher
Scham das Geld mit zur Schule gebracht werden möge.
Wir dürfen und wollen in unſerer Arbeit für Deutſch-
land auch in dieſen kleinen Dingen nicht nachlaſjen. Alſo:
Ihr Schulen, ſe8t das Goldſammeln fort. Ihr könnt noch
ſehr viel tun.
Briefe, die ihn hoffentlich erreichen.
1. Lieber Soldat! I< habe hier ein ſchönes
Paket. Das will ich Ihnen auch hin ſchicken. Ich gehe
ſchon in der 6. Klaſſe und bin ſchon 8 Jahre alt. Haben
Sie ſchon Kinder oder ſind Sie noch jung, ich bin noch
jung. I< habe noch einen Bruder und der geht erſt in
der 7. Klaſſe. Grete Z.
29. Lieber Soldat! I< bin ac<ht Jahr und
mödte Dir ein Packet ſchicken. Bitte ſchreiben Sie mich
mal wieder und ich geh in der 6. Klaſſe. Wie gehts
Ihnen, mir gehts ganz gut. Wir kommen heute um 12
raus. Hilda E.
3. Lieber Soldat! I< mödte Dir gerne mal
einen Brief ſchreiben. Wie geht es Dir denn ? Mir geht
es ſehr gut. Lieber Soldat, hoffentlich iſt der Krieg bald
zu Ende und Du kommſt geſund wieder. Lieber Soldat
ſchreibe bald mal wieder es grüßt Gret<en S&S.
4. Lieber Soldad! Wiegetes Dir hofendlich gut.
Und ich ſchenke Dir ein Paket und ich geh in der 6. Klaſſe
und bin 9 Jare alt. Und ich will Dir eine Freude machen.
Und hofendlich kommſt Du wieder aus dem Krig nach
Deiner Mutter. Und Du biſt noch ſo jong und moſt den
Krig mit machen. Herzlichen Grus Paul M.
5. Liber Soldat! Der Krig wert woll bald zu
ände ſein. Wir ſchicken Pakete wäg. Nun können wir
nicht ſo fil ezen. Bei Cuxhaven ſind auch drei Flieger ge-
weſen. Unſer Unkel iſt auch im Krig gefallen. Morgens
ſind bei uns die Fänſter ferfroren. Das iſt ſchade das es
Winter giebt. - Von Hans B.