D ochenſchrift für das geſamte hamburgiſche Schulweſen
Schyiftlpitwe Saul Günther, Hamburg 21, Bachſtr. 17
Sqriftleiinug: 5 TH. Körner, Hamburg 19,
Otter3be>allee 21.
Verlag: 2 Dr. Wilhelm Lühr, Hamburg 23, Eilenau Nr. 114,
Jernſprecher: Gruppe 4, Nr. 3964, Nebenſtelle 5.
Die „Hamburgiſche Schulzeitung“ erſcheint jeden Sonnabend
Beiträge und Zuſchriften find an die Schriftleitung, alle
anderen Sendungen, ins8beſondere Bücher uns Zeitſchriften,
ſind an den Verlag zu richten.
iiſionär: Paul Eberhardt in Leipzig. ===
Bezug: Vierteljährlich Mark 2,00 frei ins Haus.
20 Pfg. Anzeigen: Petitzeile von 63 mm
23. Jahrgang.
Beſtellungen beim Verlag, den Buchhandlungen oder der Poſt.
reite oder deren Raum 50 Pfg., Neklamezeile von 99 mm Breite in Korpushöhe oder
deren Raum 1 Mk. Bei Wiederholungen Ermäßigung. Beilagen uach Uebereinkunft.
Sonnabend, den 4. Dezember 1915.
Einzelnummer
Hr. 49.
Scriftleiter und Verleger ſind zu den Lahnen
gerufen; den Verleger vertritt Leyrer P. Rolofi,
Hamburg 23, Lichteſtr. 30, die Schriftleiter Rektor
A. Struve, Hamburg-Zuhlsbüttel, Hummelsbüttler
LandFraße 131.
Zuhalt. Seite
Unſere Krieger . vue ir ir in ir rr rr + 223
Krieg und Schule. Von Rektor Winckler, Fuhlsbütteler-
damm 115 „ » „„» »» »" » .» » » » » .» »- 223
Aus Hamburg 9225
Rundſchau . 225
Vereins-Anzeiger . . . 6... . - - + + + 326
Unſere Krieger !
Eur Raiſer und Reiß ſtarb den Heldentod:
A. Schwenke, Tornquiſtſtraße 19.
Berwundet:
Friß Jöde (ſ. Nr. 46), liegt jezt im Marien-Kranken-
haus in Hamburg (Reſerve-Lazarett 11).
Kriegsgefangen:
H- Böckenhauer, Sieldeich 28, ſeit Juni 1915 in
ruſſiſcher Gefangenſchaft.
Johs. Saß, Sieldeich 28, ſeit dem 1. Oktober 1915 in
franzöſiſcher Gefangenſchaft.
Krieg und Schule.
Perſönliche Erfahrungen.
Von Rektor Wincler-Fuhlsbüttlerdamm 115.
2. Die Oſtern 1916 Sc<hulentlaſſenen.
(Schluß.)
c) Die Knaben, die 1916 die Schule
verlaſſen.
Die von mir geleitete Schule hat Knaben und Mädchen.
Ih muß mich daher mit beiden beſchäftigen und ſpreche
zuerſt von den Knaben. Denn Ihre Unterbringung iſt,
man mag die Sache drehen und wenden, wie man will,
ZUnächſt das Wichtigere. Es gehen bei mir je etwa
60 Kinder zu Oſtern ab.
Im Frieden verläuft die erſte Befragung der Knaben
meiſtens ungefähr ſo, daß die Selektaner werden wollen
Kaufmann, Schreiber, Metallhandwerker oder Bauhand-
werker, in neuerer Zeit kommen häufiger Maring und
Unteroffizierſchulen hinzu ; alles übrige tritt vereinzelt auf.
Die aus Klajſe 1 werden meiſt Handwerker aller Urt, der
Reſt will dienen, wird Hausknecht oder dergleichen. Nach
dieſen Wünſchen kriegt man dann die Knaben meiſtens
auch leicht untergebracht; nur wenige müſſen umſatteln.
Jetzt iſt alles anders. I< habe daher den Jungen ge-
ſagt, als ich ſie zum erſtenmal fragte, daß jeder ſich wohl
überlegen müſſe, was er wähle. Denn die neuen wirt-
ſchaftlichen Berhältniſſe würden ſich gerade in ihrer Be-
rufswahl entſcheidend geltend machen. Ich habe daher ge-
warnt beiſpielsweiſe vor dem Beruf eines Schreibers, wo-
bei jeder Junge denkt, nachher einmal ins Beamtentum zu
ſchlüpfen. Die ungeheure Anzahl von Kriegsbeſchädigten,
die für ſchwere körperliche Arbeit nicht mehr tauglich iſt,
wohl aber Schreibarbeit tun kann und vom Reich erhalten
werden muß, ſie wird nachher alle verfügbaren Stellen in
Anſpruch nehmen und für Zivilanwärter keinen Plaß übrig
laſſen. Daher dürfen geſunde, Kräftige Jungen dieſen Be-
ruf heute nicht ergreifen. Den zukünftigen Kaufleuten habe
ich, wie immer, vorgeſiellt, daß ſie ja nicht glauben dürfen,
ihnen ailen würde ein Glück blühen, wie es einzelne
Av5erwählte in dieſem Beruf hätten. Der Durchſchnitts-
lebenslauf eines Kontoriſten ſei ganz anders. Nach dem
Kriege kommt außerdem in Frage, daß wir uns gegen die
Abneigung, ja den Haß einer ganzen verheßten Welt wieder
unſer Handels- und Abſaggebiet erobern müſſen. Dazu
gehören Männer von eiſerner Willenskraft und größter
Geſchicklichkeit. I< ſehe mir daher heute jeden Jungen
zweimal an, ehe ich ihm zurate, er ſolle Kaufmann werden.
Denen aber, die es doch erwählen, denen rate ich dring-
lichſt, ſofort nach dem Lehreintritt mit dem Erlernen einer
fremden Sprache: zu beginnen. Das Bolk wird nach
dem Krieg auf dem Weltmarkte gewinnen, das den Kunden
den Ankauf der Erzeugniſſe am bequemſten und handlich-
ſten macht. Dazu aber muß man mit den Leuten in ihrer
Sprache verkehren können. Selbſtverſtändlich bedeutet dieſe
Meinung nicht, daß wir wieder, wie ſonſt ſo oft, unſer
Deutſchtum verleugnen ſollen. Das traut mir wohl auch
keiner zu, der mich kennt. Wir alle wünſchen, daß unſer
fo lebhaft erwachtes Selbſtgefühl auch nach dem Kriege in
dieſer Stärke erhalten bleibt und ſich im Weltverkehr ent-
Iprechend äußert, natürlich unter der verbindlichſten Form.
Sehr dringlich habe ich den Jungen geraten, irgend ein
Handwerk zu erlernen. Es iſt ſchon im Frieden zu be-
dauern, daß in Hamburg die meiſten g u t begabten Schüler
vom Kaufmannsſtand oder vom Beamtentum aufgenommen