Full text: Hamburgische Schulzeitung - 23.1915 (23)

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die Geſellſchaft anfänglich die perſönlichen Unkoſten und 
ſtellte Lichtbilder, Bildwerfer, Kinoapparate, Filme uſw. 
für über 10 000 Mark zur Berfügung. Für die Beran- 
ſtaltung von vaterländiſchen Vortragsabenden wurden Vor- 
tragende gewonnen und hinausgeſandt, Lichtbilder herge- 
ſtellt und nebſt den Bildwerfern an Lazarette und für 
Borträge vor Berwundeten unentgeltlich verliehen. Der 
kräftigen Anregung und Unterſtüzung der Geſellſchaft iſt 
es zu verdanken, daß die Bolksbüchereien, die bei Beginn 
des Krieges meiſt geſchloſſen worden waren, wieder ge- 
öffnet und mit neuen Büchern, insbeſondere auch mit 
Schriften über den Krieg, ausgeſtattett: wurden und daß 
durch vaterländiſche Vortragsabende in allen Teilen des 
Reiches das Berſtändnis für „unſere große Zeit geweckt 
und das vaterländiſche Empfinden geſtärkt wurde. Die 
Friedensarbeit der Geſellſchaft wurde zum Teil gehemmt. 
Für die Unterſtüßung der Bolksbüchereien waren anſtatt 
durchſchnittlich 200 000 Bände in den Borjahren nur 
100 000 Bände erforderlich. Die Schulze-Delitſch-Stiftung 
konnte keine Kurſe für ältere Kleingewerbetreibende unter- 
ſtüßen, weil keine Nachfrage war. Die Zahl der öffent- 
lichen Vorträge allgemeinen Inhalts ging zurück. Das 
„Jahrbuch für das deutſche Vortragsweſen“ konnte nicht 
erſcheinen. Das Wanderkino und das Wandertheater 
wurden mit Beginn des Krieges eingezogen. Dagegen 
wurden Lichtbilder, insbeſondere über die Kriegsereigmiſſe, 
und Filme viel verlangt und ausgeliehen. Eine Durch- 
ſicht der Saßzung, in der alle entbehrlichen Fremdwörier 
und veraltete Faſſungen beſeitigt wurden, wurde ein- 
ſtimmig genehmigt. Auch der etwas ſchwerfällige Name 
der Geſellſchaft wurde in „Geſellſchaft für Bolksbildung“ 
geändert, und der Zentralausſchuß, jesk „Hauptausſchuß“, 
wurde einſtimmig wiedergewählt. 
Rriegsbüher für die Ingend. Der Jugendſchriften- 
Ausſchuß des Lehrervereins zu Frankfurt a. M. (im Städt. 
Schulmuſeum, Gr. Friedbergerſtraße Nr. 28) verſendet die 
zweite erweitert2 Ausgabe ſeines Verzeichnis „Gute 
Bücher über den Krieg 1914/15 für Jugend 
und Bolk“. Die s8ſeitige Liſte nennt rund 300 Werke, 
die in 6 Gruppen geordnet ſind. (1. Das Weſen des 
heutigen Krieges = Darſiellungen des Kriegsverlaufs = 
Selbſterlebtes = Kriegsleſebücher, Anekdoten =- Führer 
und Helden -- Hiſtoriſch - politiſche Schriften =- Deutſche 
Lebensfragen -- Sammlungen. 11.Kriegsgeographie. lll. Kriegs- 
lyrik. IV. Proſadichtung. V. Bildende Kunſt. Vl. Deutſch- 
lands Wehrmacht.) Die Zuſammenſtellung will nicht allein 
dem Elternhaus und der Schule, ſondern auch den Bolks- 
büchereien und Bolksbildungsvereinen, ſowie der Jugend- 
pflege dienen. Gleichzeitig gibt derſelbe Ausſchuß ſein 
jährliches Jugendſchriftenverzeichnis „Gute 
Bücher“ heraus. Es umfaßt 800 Nummern und ent- 
hält außer den Üblichen Gruppen folgende Sonderabteilungen: 
Kriegsbücher 1914/15 in Auswahl -- Deutſchlands Einigungs- 
Kriege = FreiheitsKkriege =- Bismarck -- Wehrerziehung, 
Sport, Spiel. Beide Verzeichniſſe werden einzeln umſonſt 
und frei verſandt. Bei größeren Mengen wird der Selbſt- 
koſtenpreis, 2 Pf. für das Stück, berechnet. Es kann jede 
Anzahl abgegeben werden. Bemerkt ſei, daß das vom 
Vorortausſchuß Hamburg herausgegebene Jugendſchriften- 
verzeichnis der „Bereinigten Deutſchen Prüfungsausſchüſſe“ 
in dieſem Jahr nicht erſcheint. 
Burgfrieden in Beſſen. Ein höchſt bemerkens- 
wertes Zugeſtändnis haben nach dem „Berliner Tage- 
blatt“ die Schulbehörden des Großherzogtums Heſſen 
gemacht. Da während des gegenwärtigen Krieges ein 
noch nie dageweſener Lehrermangel eingetreten iſt, haben 
die maßgebenden Schulbehörden die Anregung gegeben, daß 
in den Gemeinden, in denen Mangel an evangeliſchen 
Volksſc<ullehrern beſteht, die Lehrer katholiſcher Konfeſſion 
den evangeliſchen Religionsunterricht in den Unter- und 
Mittelklaſſen erteilen ; iſt ein Mangel an katholiſchen 
Lehrkräſten vorhanden, ſo können evangeliſche Lehrper- 
ſonen den katholiſchen Religionsunterricht in den Unter - 
und Mittelklaſſen der Bolksſchulen geben. 
Ferner iſt genehmigt worden, daß bei den Turnfahrten 
der Bolksſchüler da, wo Mangel an Lehrkräften beſteht, 
Turnwarte der ſozialdemokratiſchen Arbeiterturnvereine zur 
Leitung der Turnfahrten herangezogen werden. Von dieſer 
Erlaubnis wurde bereits vielerorts, in erſter Linie in der 
heſſiſchen Reſidenz Darmſtadt, Gebrauch gemacht. 
Volksſc<ullehrer im Felde, Die in dieſem Sommer 
vom Deutſchen Lehrerverein aufgenommene Statiſtik hat 
ergeben, daß von rund 150 000 Lehrern etwa 55 000 zur 
Waffe eingezogen ſind. Von den ins Feld gezogenen 
Lehrern waren bei Boginn des Krieges nur 20 Ober - 
leutnant, 646 Leutnant, 857 Feldwebelleutnant und 
Offizierſtellvertreter und 12 980 Feldwebel, VBizefeldwebel 
und Unteroffiziere. Durch die Beförderung während des 
Krieges haben ſich vorſtehende Zahlen weſentlich erhöht. 
Mit Einſchluß der gefallenen Lehrer waren Ende Mai 
dieſes Jahres vorhanden : 7 Hauptleute, 111 Oberleutnants, 
3199 Leutnants, 2258 Feldwebelleutnants und Offizier- 
ſtellvertreter und 20 916 Feldwebel, Bizefeldwebel und Unter- 
offiziere. Außerdem . waren 5161 Lehrer-Soldaten mit dem 
„Eiſernen Kreuz“ geſchmückt. Dieſe große Zahl der Be- 
förderungen und Auszeichnungen kann, wie das September- 
heft der „Deutſchen Schule“ hervorhebt, unmöglich ohne 
Einfluß auf die bürgerliche und berufliche Stellung des 
Lehrerſtandes bleiben. 
Ueber die militäriſche Vorbereitung der Iungend 
ſprach auf der 6. Jugendpflegekonferenz der Zentrale für 
Bolkswohlfahrt Major Karwieſe als Bertreter des Kriegs- 
miniſteriums. Die Konferenz fand am 28. Oätober in Berlin 
ſtatt. Wir entnehmen den nachſtehenden Bericht der „Fort- 
bildungsſchule“, einer Monatsbeilage der Päd. Ztg. ; Major 
Karwieſe führte aus: 
Die Erfahrungen dieſes Krieges haben gelehrt, daß der 
zum Heeresdienſt herangezogene junge Mann eine ganz be- 
ſtimmte Borbildung mitbringen muß. Dieſe iſt um ſo 
wichtiger, als wir in Zukunft gewiſſe Dienſtzweige ſchon 
im Felde zu einer ganz andern Bervollkommnung bringen 
müſſen als bisher. Das liegt begründet in der Bedeutung, 
die der Nahkampf erneut gewonnen hat. L2uch die tech- 
niſche Ausbildung muß viel gründlicher betrieben werden. 
Will man eine viel längere Schonung der älteren Jahr- 
gänge in zukünftigen Kriegen ermöglichen, ſo wird die 
Jugend im Frieden bereits militäriſch ſo vorgebildet werden 
müſſen, daß ſie nach kurzer Rekrutenzeit einen brauchbaren 
Heereserſaß darſtellt. 
Dieſe Geſichtspunkte tragen die Erläuterungen und Er- 
gänzungen zu den „Richtlinien“, die jeßt zur Berſendung 
gelangt ſind, in jeder Weiſe Rechnung. Aus dem kleinen 
Büchlein ſei zu erſehen, daß die Heeresverwaltung Keine 
„Soldatenſpielerei, keine militäriſchen Aeußerlichkeiten, keine 
Maſſenausbildung, keinen Exerzierdrill und keine Waſſen- 
ausbildung“ im Rahmen der militäriſchen Borbereitung 
wünſcht. Die militäriſche Vorbereitung muß aufbauen auf 
der Grundlage, die Schule und Jugendpflege geſchaffen 
haben. Dieſe Grundlage im Intereſſe der Wehrfähigkeit 
Unſeres Volkes auch weiterhin nach beſtimmten militäriſchen 
Geſichtspunkten, vornehmlich im Alter von 14 - 17 Jahren, 
auf dem Gebiete der LeibesSübungen zu fördern, bleibt auch 
weiterhin eine Aufgabe der Jugendpflege. Den militäriſchen 
Einſchlag in dieſe Uebungen zu bringen, muß der beſonderen 
militäriſchen Vorbereitung ſpäterhin vorbehalten bleiben. 
So ſoll die Zugendpflege 3. B. Marſchübungen im allge- 
meinen nur in Form zwangloſer, fröhlicher Wanderungen 
veranſtalten; nur beim Aus- und Einmarſch iſt eine gewiſſe 
Marſchordnung zu fordern. Das entſpricht durchaus der 
Natur des Jünglings. Sache der militäriſchen Vorbereitung 
ſind dagegen die Uebungen im genauen Einhalten der 
Regeln der militäriſchen Marſchübungen, wofür die Er- 
läuterungen und Ergänzungen beſtimmte Vorſchriſten geben. 
Es wäre fehlerhaft, durc<h allzureichliches Ueben der
	        
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