Full text: Hamburgische Schulzeitung - 23.1915 (23)

 
 
 
eins hat uns der Berlauf des Krieges mit Flammenſchrift 
ins Herz geſchrieben = wenn ein Bolk und ein Heer 
Anſpruch erheben darf auf größte Opferwilligkeit und 
ſelbſtloſes Handeln aller, ſo iſt es das deutſche. Daß die 
Hamburger Volksſchullehrerſchaft das in ſie geſeßte Ber- 
trauen gerechtfertigt hat, ſteht außer Frage. Unterſuchen 
wir aber nicht weiter, was wir ſchon getan haben; fragen 
wir lieber, ob wir nicht no< mehr tun können. Im 
Grunde genommen iſt es beſchämend, daß wir um ein 
paar Mark rechnen, während draußen die halbe Welt in 
Flammen ſteht, täglich unermeßliche Opfer an Gut und 
Blut dem VBaterlande dargebracht werden und die unver- 
gleichlichen Taten unſeres Landheeres und unjerer Marine 
die ganze Welt in Staunen und Bewunderung verſeßen. 
Was wir vor weiten Kreiſen des Bürgertums voraus 
haben, das iſt die ſtraſſe Organiſation. Müßte jeder von 
uns perſönlich fein Scherflein zur Kriegshilfe oder zum 
Roten Kreuz tragen, es würde wahrſcheinlich auch nicht 
viel dabei herauskommen. Vielfach handelt es ſich nur 
Darum, daß der richtige Anſtoß gegeben wird. I< war 
vor kurzer Zeit in einer kleinen Geſellſchaft, wo nebenher 
auch von den Aufwendungen für die Kriegshilfe und von 
der Tätigkeit der Bolksſchullehrerſchaft geſprochen wurde. 
Zwei Tage ſpäter erhielt ich von einem jungen Kaufmann, 
der auch zugegen war, einen Scheck über 509 Mark mit 
folgender Bemerkung : „Meiner Freude über die großen 
Opfer, die die Hamburger Lehrer in dieſer ſchweren Zeit 
dem Baterlande bringen, möchte ich durch einliegenden 
Scheck beſcheidenen Ausdruck verleihen.“ Das Geld iſt, 
wie die Liſte zeigt, unſerer Sammlung zugute gekommen. 
Geht hin und tut desgleichen ! 
Der Hilfsausſchuß der Hamburger Lehrerſchaft. 
H. Möller, Rechnungsführer. 
Mit der Februarſammlung beläuft ſich unſere Kriegs- 
ſpende auf 
328 496,59 Mark. 
Jahresbericht der Hamburger Lehrer-Union. 
Aus dem Jahresbericht der Hamburger Lehrer-Union ents- 
nehmen wir folgendes : 
Es haben im leßzten Arbeitsjahre außer drei Hauptver- 
ſammlungz2n dreizehn Arbeitsverſammlungen ſtattgefunden. 
An Borträgen wurde geboten : Paſtor Mumſen, die Iin- 
fehlbarkeit der Bibel. Vaſtor Pauli, „die lyriſche Poeſie“ 
des alten Teſtamentes. Rektor Edler, „die neue Ham*- 
burger Schulbibel*. Prof. Dr. Spitzer, Legendariſche Bor=- 
läufer der Fauſtſage. Lehrer Hartje, die Jugend 1813 und 
1914. Aus dem Gebiet der praktiſchen Lehrtätigkeit 
ſtammte der Bortrag des Lehrers Buchholz „Meine Exr- 
fahrungen im Zeichenunterricht“. 
An verſchiedenen Abenden fanden außerdem Be- 
ſprechungen über Tages- und Vereinsfragen ſtatt. Lebhaft 
waren ſtets die Debatten nach den Vorträgen ; beſonders 
als kürzlich die Oſter-Berſezung verhandelt wurde ; ebenſo 
beteiligten ſich faſt alle Anweſenden an der Bibelbeſprechung, 
die Herr Paſtor Iſenberg über Jeremias 18 abhielt. 
Troß ſchlechten Wetters vereinigte ſich eine Zahl von 
Mitgliedern im Herbſt beim Ausflug in der Elbſchloß- 
Brauerei und an Kaiſers Geburtstag zur Zuſammenkunft 
in Ohlsdorf. 
Eine Reihe von jüngeren Mitgliedern ſieht im Felde, 
mehrere ältere Mitglieder haben ihren Sohn hinausgeſchickt. 
In verſchiedenen Familien iſt das eiſerne Kreuz ein- 
gekehrt. Drei Angehörige der H. L.-U. haben ihren Sohn 
auf dem Felde der Ehre verloren. Mehrere Mitglieder 
müſſen no< in die Reihen der Baterlandsverteidiger ein- 
treten, falls der Krieg länger dauert. 
60 Mark konnte der Kaſſierer für den Bau der Kapelle 
im Hammerbrook im Juni einſenden. Bei Beginn des 
Krieges beſchloß der Berein, 100 Mark dem Roten Kreuz 
zuzuwenden, 50 Mark der Norddeutſchen Miſſion, 50 Mk. 
der Leipziger und 50 Mark der Inneren Miſſion. 
Durch den Tod iſt ein Mitglied ausgeſchieden, zwei 
durch Fortzug aus Hamburg, dafür traten vier neue Mit- 
glieder ein. Der Vorſtand ſett ſich fürs kommende Ber- 
einsjahr aus folgenden Herren zuſammen : 
1. Borſißender : Edeler, 2. Vorſigender : Birkenſtock, 
Kaſſenverwalter : Ley, Büchereiverwalter : Kühl, 1. Schrift- 
führer : Borbis, 2.. Schriftſührer : Buchholz. 
Die nächſte Zuſammenkunft iſt am 6. März im An- 
ſchaarſaal (Balentinskamp) 7 Uhr, bei dem dann ſtattfin- 
denden Bortrag des Herrn Vaſtor a. D. Balihorn ſind 
Gäſte, auch Damen, gern geſehen. 
VomBHSamburgiſchen Landesverband für Iugend- 
pflege geht uns das nachſtehende Anſchreiben zu : 
Sehrgeehrter Herr! 
Um Sonnabend wurde im Thalia-Theater zum erſten- 
mal „Wandervögel“ von Paul Münch aufgeführt. Aus 
einer früheren Beſprechung im Kunſtwart und in den Führer- 
heften der Wandervogelbewegung wußte man, daß das 
Stück eine unglaubliche Berhunzung des Wandervogelge- 
dankens fei, hergeſtellt von einem Manne, der von Jugend, 
Jugendbewegung und Jugendpflege keinen blauen Dunſt 
hat. Demgemäß fezten ſich unſere Hamburger Wander- 
vögel in Bewegung, um gegen den Inhalt dieſes Stückes 
im Theater zu proteſtieren. Sie fandten durch die Ge- 
ſchäftsſtelle des Hamburgiſchen Landesverbandes für Jugend- 
pflege allen Zeitungen Verwahrungen ein und baten um 
Abdruck. Keine Zeitung iſt dieſem Wunſch nachgekommen. 
-=- Die Form des Proteſtes im Theater können wir nicht 
billigen, obgleich es uns verſtändlich iſt, daß die unglaudb- 
lich provozierte Jugend die Ruhe verlieren mußte und 
weiterging als ſie beabſichtigt hat. Die Beſprechungen in 
den Zeitungen ſind dagegen für die Wandervögel günſtig. 
Sie verurteilen das Stück und ſeine Tendenz einſtimmig 
und betonen, daß die Wandervögel doch jezt ganz etwas 
anderes ſind, als ſie hier dargeſtellt werden. Mit Aus- 
nahme der Hamburger Nachrichten können wir mit allen 
Kritikern zufrieden ſein. -- Um in dieſer ernſten Kriegs- 
zeit die Jugend, die fo voll heiligen Eifers auf das Schlacht- 
feld 30g, mit dem Geſang „Deutſchland, Deutſchland Über 
alles“ vorwärts ſtürmte, vor Beleidigung zu ſchüßen, hat 
ſich der Hamburgiſche Landesverband entſchloſſen, Proteit- 
einſfprüche zu ſammeln und die Sammlung der Polizeibe- 
hörde zu übergeben, damit die Weiteraufführung dieſes 
Stückes unmöglich gemacht wird. 
Wir nehmen ſchriftliche und mündliche Zuſtimmungs- 
erklärungen bis Donnerstag mittag in unſerer Geſchäfts- 
ſtelle entgegen und bitien ergebenſt, jich an dieſem Proteſie 
zu beteiligen, um die Kundgebung möglichſt eindrucksvoll 
zu geſtalten. 
Mit vorzügliczer Hochachtung 
Der Geſchäftsführer 
des Hamburgiſchen Landesverbandes 
für Jugendpflege. 
K. Kuhlendahl. 
Rundſchau. 
Leſetunden im Schübengraben. Von allen Liebes- 
gaben, die unſere Feldgrauen erhalten, ſind vielen die ihnen. 
zugeſandten Bücher und Zeitungen am willkommenſten. 
Manche größere und Kleinere Leſegemeinſchaft bildet ſich 
da in den Feldbefeſtigungen unmittelbar vor den feindlichen 
Geſchoſſen, und wer wollte bezweifeln, daß ein gutes Buch, 
ein Zeitungsartikel, ein Gedicht oder Lied die Lebensgeiſter 
wieder erweckt und unſere Tapferen zu weiterem Ausharren 
ſtärkt. In den Schüßengräben liegt der Arbeiter mit dem 
Dr. phil. Schulter an Schulter. Nirgends führt das Leben 
ſie wieder ſo nah zuſammen, wie hier. Ein Musketier 
Dr. L. ſchreibt der Geſellſchaft für Verbreitung von Bolks- 
bildung, die ſeit Beginn des Krieges 43 803 Bücher und 
40 086 Bände und Hefte von Zeitſchriften in größeren
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.