Full text: Hamburgische Schulzeitung - 23.1915 (23)

der Vergeudung oder gar der Vernichtung durch falſche 
Verwendung auszuſeßen, wäre ein Bergehen. an der. Ge- 
ſamtheit, darum ſei für Anfänger hier das Wicdhtigſte zur 
genauen Beachtung mitgeteilt. 
Fachmänniſche Leitung iſt erſtes Haupterfordernis des 
Gelingens. Aber nicht nur ausreichende Fachkenntniſſe im 
Gartenbau genügen; eine . pädagogiſche Führung iſt ebenſo 
NÖtig. 
einigt, ſo kann die Geſamtleitung ſehr wohl von einem 
Gartenbauverſtändigen und einem Pädagogen unternommen 
werden. Das beſte Berhältnis iſt Folgendes : Auf etwa 
30 bis 50 Jugendliche ein pädagogiſcher Führer, ein fach“ 
männiſcher Leiter kann ſogar mit zwei Jugendführern zu- 
ſammen die doppelte Anzahl von Jugendlichen anleiten. 
Haben die Jugendlichen überhaupt noch keine praktiſche 
Vorübung im Gartenbau, ſo ſollte man ſich im erſten Jahr 
nur an die einfachſten Aufgaben wagen. Für eine mög 
lichſt praktiſche Kriegshilfe beſchränkt man ſich am 
beſten nur auf den Kartoffelbau. Einmal iſt die Kartoffel 
zur Bolksernährung von allergrößter Wichtigkeit, dann 
aber iſt der Kartoffelbau auch ſehr einfac) und braucht 
verhältnismäßig geringe Zeit. Wenige Tage bedarf es erſt 
zum Legen der Kartoffeln, dann zum Auflockern der Erde 
unv ſchließlich zur Ernte. Unter beſonders guten Umſtänden 
laſſen ſich auch vielleicht ſogar mehrere Ernten erzielen. 
Sehr vorſichtig ſei man bei der Auswahl des Bodens. 
Vor zu naſſem Boden muß man ſich hüten, ebenfalls darf 
der Boden nicht gar zu trocken ſein. Begießen würde 
für Jugendliche zu ſchwierig ſein. Schließlich darf das 
Gartenland nicht zu weit von der Stadt entfernt liegen, 
denn man ſollte nicht vergeſſen, daß Jugendliche weder als 
Schulpflichtige noch als Lehrlinge viel freie Zeit haben. 
Für rechtzeitige und ausreichende Gerätebeſchaffung muß 
natürlich auch geſorgt werden, mindeſtens müſſen Harken und 
Schaufeln vorhanden ſein. Für Jugendliche muß man 
auch beſonders leichte Geräte auswählen. Die gewöhnlich 
gebrauchten Landarbeiterſachen ſind viel zu ſchwer, am 
beſten iſt es, beſondere Kindergartenbaugeräte zu beſtellen. 
Eine geeignete Ausſaat ſollte man nur Sachverſtändige 
beſchaffen laſſen. Am vorteilhafteſten iſi es, das Land ge- 
ackert und gedüngt zu pachten. Kartoffeln gedeihen aller- 
dings auch ohne Düngemittel, beſonders wenn entſprechender 
Boden vorhanden iſt. Geeignete Düngemittel wird man 
in der Nähe einer Großſtadt am leichteſten aus den 
ſtädtiſchen Abfuhren beziehen. Nur gut disciplinierte Ber- 
einigungen haben Ausficht auf Erfolg. Klaſſen mit ihren 
Lehrern zuſammen kommen natürlich auch in Betracht. 
Im allgemeinen ſollte man die verſchiedenen Bereinigungen 
an verſchiedenen Stellen, wenigſtens aber zu verſchiedenen 
Zeiten arbeiten laſſen, ſonſt gibt es gar zu leicht Schwierig- 
Reiten und Berwirrungen. Zu junge Kinder (alſo unter 
12 Jahren) ſchaden den Ernteergebniſſen meiſt mehr, als 
daß ſie nügen. -- Der Eifer der kleinen Gartenbauer wird 
durch eigenen Anteil an der Ernte ſehr erhöht. Entweder 
läßt man die Kinder jeder für ſich ihre Beete beſtellen, 
oder =- namentlich beim Kartoffelbau ſchon aus rein prak- 
tiſchen Gründen =- man gibt ihnen je nach ihrer Mit- 
arbeit einen beſtimmten Anteil von allem. Träge Kinder 
follte man eigentlich gleich wieder nach Hauſe ſchicken. 
Daß den erwachſenen Leitern aufs Wort gehorcht wird, iſt 
ſelbſtverſtändlich. 
Da die Zeit der Jugendlichen wie geſagt, ſehr be- 
ſchränkt iſt, ſoll man von vornherein für die Gartenarbeit 
nicht mehr als zwei Nachmittage in der Woche anſeßen. 
Jetzt in der Kriegszeit *) iſt es auch wohl nicht zu viel 
*) Neber Gartenbau in Friedenszeit hat Referent geſchrieben 
in: „Der Säemann“, Monatsſchriſt für Jugendbildung und 
Zaugendkunde Heft Vll 1913, „Der Jun deutſchlandbund*, 
undes - Zeitſchrift Nr. 17, „Der Arzt als Erzieher“ Heft X1 
1913. „Hamburgiſche Schulzeitung“ Nr. 4, 1913. „Der Jugend- 
garten“ 1914, Buch 29, S. 136--140. „Pfadfinderinnen“ 1914, 
. 2 41 
Findet man nicht beides in einer Perſon ver- . 
82 = 
verlangt, wenn man dazu einen Sonntag um den anderen 
Gartenbau betreiben läßt. 
- Züleßt hat man auch für die nötigen Unterkunftsſtellen 
der kleinen Gärtner zu ſorgen. Um etwas zu erreichen, 
muß unbedingt verlangt werden, daß an den angejeßten 
Tagen bei jedem Wetter zum Verſammlungsorte zu 
kommen iſt. Kleine Holzſchuppen ſind nicht zu ſchwer her- 
zuſtellen | | 
Die Hamburger Pfadfinderinnen *) haben im Gebrauchs- 
falle ein größeres Zelt aufgeſchlagen, das ſchnelle Aufrichten 
und Abbrechen des Zeltes iſt an ſich ſchon eine gute 
Uebung. Will man möglichſt aber Geld ſparen, ſo hat man 
das Gartenland eben ſo zu wählen, daß man in mög- 
lichſter Nähe ein Gaſthaus zum Schuß aufſuchen kann. 
Was für die ſchulpflichtige Jugend gilt, hat bei der 
Gartenbauarbeit auch natürlich für die ſchulentlaſſene Jugend 
ſeine Bedeutung. Selbſtverſtändlich müſſen neben den 
Jugendlichen jetzt in der Kriegszeit ebenfalls alle anderen 
Kräfte zum Gartenbau verwendet werden. Die Arbeitsloſen 
kommen hier in erſter Stelle in Betracht. Auch Gefangenen- 
abteilungen dürften unter richtiger Leitung eine ſehr gute 
Berwendung beim Gemüſebau finden. Daß überall Hilfe 
zu leiſten iſt, wo man ſie wünſcht, braucht wohl nicht noch 
beſonders hervorgehoben zu werden. So 3. B. in Schreber- 
gärten, Laubenkolonien, Bauerngütern uſw. Für ſchul- 
pflichtige Jugendliche, beſonders Mädchen, kommt aber 
dieſe Art der Hilfsleiſtung weniger in Betracht ; einmal haben 
die Kinder zu wenig Zeit und dann ſind ſie auch noch zu 
ſchwach und ungeſchickt, um ohne pädagogiſche Leitung 
nennenswertes zu leiſten. 
Damit die Kriegshilfe der Jugendlichen zum Gemülſe- 
bau im großen Stil ſchnell und erfolgreich durchgeführt 
werden kann, iſt unbedigt die Mithilfe der großen deutſchen 
Zentralen für Jugendpflege notwendig. Durch die Bermitt- 
lung dieſer Organiſationen muß ein Aufruf ſowohl an die 
Jugendvereinigungen, als auch an geeignete Leiter aus 
gehen und es muß dafür geſorgt werden, daß der Staat 
oder vermögende Privatleute das nötige Land und die 
erforderlichen Geldmittel dem Gartenbau zur Berfügung 
ſtellen -- große Arbeit wird allerdings zur Erreichung des 
Zieles notwendig ſein. Aber wo der Wille, da iſt auch 
der Weg. Wo unſere Krieger draußen jo Wunderbares 
leiſten, haben die im Lande Gebliebenen auch alle ihr 
Aeußerſtes für das Wohl der Geſamtheit zu tun. Das 
Vaterland braucht uns alle! 
Aus Hamburg. 
Unſere Spende. Für März iſt nachträglich noh 
eingegangen : 
Kriegshilfe Rotes Kreuz 
 
Fuhlsbüttlerdamm 115 . . 145,00 20,00 
Morahtſtr. 4 . .- . + + + + + + 1302,00 90,00 
Hoheweide 15 . . . . 23,00 25,00 
Schwenckeſtr. 100 . . . - + - 85,00 140,00 
Herr C. Haack, Erſaßreſerviſt . 10,00 -- 
Die Aprilſammlung. 
Kurze Mühren 39. . 115,00) 175,00 
1!) Außerdem ſind 60 Mk. fürs Brockenhaus gezeichnet. 
 
*) eber die Pfadfinderinnenbewegung hat Referent näher ge- 
ſchrieben in den Zeitſchriften der Zentrale für Bolkswohlfahrt „Rat- 
geber für Jugendvereinigungen“ Nr. 3, 1912, „Körper und Geiſt“ 
Nr. 5, 1912. „Kunſtwart“ XXV. 18. 1912, „Handbuch für Jugend- 
pflege“. Herausgegeben von der Deutſchen Zentrale für Jugend- 
fürſorge. VILL Lieferung 1912. „Der Fugendgarten, 1912, Buch 
27, S. 88-93. „Der Säemann“, onatsſchrift für Jugend- 
bildung, Heft 6, 1914. „Zeitſchrift für reales Leben“, „Körper- 
liche Erziehung“, Heft X1 1913. „Monatsſchrift für Turnweſen“, 
Heft NI 1913, „Führer-Kur5berich? des Hamburger Landesver- 
bandes für Jugendpflege 1913“. „Der Vortrupp“ Nr. 13, 2914. 
„Pfadfinderinnen“ Leipzig 1914, Verlag von Otto Spamer-Pfad- 
fninderverlag. 

	        
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