Arbeiter -Jugend.
16/
Sy | “- 9» 99, 2 ; *
o Bücher für die jugend - vim
ZAI her fü 3ug ZZNVGZZS
*? HSHimmelsfunde.
Die anziehende Wiſfenſc<aft der Sternfunde hat ſeit Jahrzehnten
berufene Dolmetſcher gefunden, die ſich die dankbare, aber äußerſt
ſchwierige Aufgabe jeßbten, breiteſten Kreijen der wiſſensSdurſtigen Zeit-
genoſſen die Ergebmijje der Forſchung zugänglich zu machen. Daß c83
nicht ſeicht iſt, dieſe Aufgabe zu erfüllen, erfennt man ſchon daraus,
daß es herzlich wenige Bücher gibt, denen man ohne Vorvehalt nach-
rühmen Tann, fie Jeien wahrgaft volfstümlich geſchrieben. Dieſe be-
dauerliche Erſc<einung hat mehrere Urfachen. Cinmäal widerſpricht es
eigentlich .dem Weſen gerade derjenigen FJaturiviſjenſchaften, deren
- Fortſchritte nicht zum geringen Teile auf der mathematiſchen Behand-
lung2weije beruhen, aljo in erſter Linie der Aſtronomie, ohne die ZuU-
hilfenahme der hböheren Mathematif vorgetragen zu werden. Höhere
Mathematik aber läßt ſich nicht volkf8tümlich darſtellen. Weiter ſind
gerade in den Naturwiſjenſhaften zum tieferen Cindringen in den
Stoff eine Unmenge Bortenntniſſe netig, wie ſie jelten ein anderes
Wijſensfach erfordert. Drittens iſt zu erwähnen, daß es wenige Männer
mit guter Darſtellungs8gabe gibt, welche die Wiſenſc<aft ſo beherrſchen,
daß ic das allgemein. Wertvolle aus ihr herauszuſchäflen und einem
breiten PBublifum darzubieten wiſſen. Cntweder find es „gelehrte
Hühner“, und dann können fie gewöhnlich) nicht volistümlich ſchreiben,
oder fie fönnen ſich ganz gut verſtändlich maden, aber dann jind jie
haufig in der Wiſienſchaft nicht völlig auf der Höhe. Wir müſſen uns
alis begnügen mit den, was es gibt und hoff2n, daß es auch auf dieſem
Gebiete beſſer wird, denn das Beſtreben, die Wiſſenſchaft nicht Lloß
innerhalb der Fachkreiſe Zu züchten, Jondern auc<4 der breiteſten All-
gemeinheit den Anteil zufommen zu laſſen, den ſie als GCrnährerin
der Wiſſenjkaft verlangen muß, dieſes Beſtreben gewinnt auch unter
ben vernünftigen Wiſſenſchaftlern immer breiteren Boden.
Sehen wir uns nun in der Himmelsfunde um, wie e8 da mit dem
wirklich volfstümlichem Schrifttum beſtellt iſt. Cin gang einfach und
wirtlich volistümlich geſchriebenes Buch find die aſtronomiſchen Plaude-
reien, die der vor einigen Jahren verſtorbene Prager Mathematik-
profeſſor Studnicka unter dem Titel „Bis ans Ende der
Welt“ verfaßt hat. Sie ſind das eleganteſte, leichtverſtändlichſte und
ilüijigie, was ich je an populärer Darſtellung in unſeren Gebieten
gelefen habe. Und ausgerechnet ein Mathematifprofeſſor mußte ſie
jchreibein, alfo eines jener Menſ<entinder, die im Rufe beſonderer
Langweiligkfeit, Haarſpalterxei und Pendanterie ſtehen. Hiex hat ein
Mathematiker aber einmal die Cigenatt jeines Derufes durchbrochen
und ein hübſches Werfchen verfaßt, das ich meinen jungen Freitnden
und ailen, die ſonjt Laſt und Liebe zu naturwiſienſchaftlichen Dingen
haben, nur dringend empfehlen fann. Studnicka fleidet feine Aus-
führungen in die Schilderung einer Reiſe, auf welcher cin gelehrter
Gngläander feine Gefährten mit feiner beliebten Himmelsfunde be-
fannt macht. Der Verfaſſer dringt es dabei wirklich zuwege, dem Leſer
ganz ummnerklich eime Menge Wiſſen zu vermitteln. Sch ratte, das Buch
als erſte Cinführung zu lefen und nachher auf andere Werke üÜber-
zugreifen, über die ich weiter unten berichten verde.
Gin kleines Häfchen aker hat auch dieſes ſchöne Buch. Der Ver-
faſſer benußt eine Menge Fremdwörter, die im Oeſterreich in der ge
bildeten Umaqgang8ſprache noch gebräuchlich jind, bei uns in Deutſchland
aber gar nicht mehr. Hier muß ſich der Leſer unter Umſtänden ab und
zu mit einem fleinen Lexifon helfen. Al8 ich das Buch in die Hand
befam, überflog ich feine lebten, gejperrt gedruckten Zeilen, und dicſe
erinnerten mich fogleich lebhaft an ein Wärchen, das in meiner früheſten
Kindheit einen merlvürdigen Gindru> auf mich gemacht hat. Es iſt
bas Märchen von der Cwigfeit, Zu fernen Landen nach dem Aufgange
der Sonne zu liegt ein Berg aus hartem Geſtein, fo hart wie Diamant;
Der iſt wohl hundert Meilen lang und hundert Meilen breit und eine
ganze Meile hoch. Zu ihm fommt alle hundert Jahre ein Vögeleoin
11d weßt daran einmal ſeinen fleinen Schnabel. Und wann der Janz32
Berg abgeweßbt ſein wird, dann iſt die erſte Sefunde der Ewigkeit vor-
bei. = Dieſe Erzählung war bei mir
veicht, daß fie Befürchtungen oder Hoffnung und Hangen und Bangen
in jc<webendem fieberndem Weiterleben wedte, wie ſo viele andere
WMarchen, ſondern ſie ſtellte eintönig und endlo8 vor meine Seele da8
Bild des Unveränderiieins und verſebte mich immer wieder, jede8malt,
wann ich daran vachte, in ein Gefühl des höchſten Unbehagen38. Dabei
ii die Aniwort, die ſie gibt, nicht einmal beſonders klax. Viel kürzer
hätte ſie „nie“ gelautet. „Vie“ ſei die Cwigkeit vorbei.
Ucbte aber mein Märchen vinen geheimnisvollen Zauber auf mich,
1v hat Studnicka das Geheimnis8 viel beſſer zu löſen und die Frage
viel richtiger zu beantworten verſtanden als das Märchen. „Nicht
einmal im traumgetragcnen Gedantenfluge“ meint. er, gelangt man
„vis ans Gnde der Welt“.
- Ein anderes Buch, das ſich durch ſeine Cinfachheit und klare Dar-
ſtellung auszeichnet, iſt das Werk des berühmten, ſoeben . verſtorbenen
amerikaniſchen Aſtronomen Newcomvb, das in deuticher Ueber-
von eigentümlicher Wirkung.
jeßung unter dem Titel „Aſtronomie für Z Jedermann“ vor
furzem in verbeſſerter und moderniſierter Form "erſchienen ift. Auch
vietes Buch kann als erjte Ginführung in die Himmelskunde gelten;
es verbreitet ji ausführlich über die wichtigſten Grundtatſachen der
Himmelskunde und berückſichtigt auch die Ergebniſſe der modernen
orihung. Der Preis von 4 Mk. iſt angeſichts de3 Umfanges und der
vorzüglichen Ausſtattung in Dru und Bildermaterial nicht zu hoch
bemeßhen.
An dieſes Werk ſchließt ſich unmittelbar ein zweites Buch de3-
jelben Verfaſſers an, das zwar „Populäre Aſtronomie“ Jeißt,
aber jchon jehr weit in den- Gegenſtand hineinführt. Das Buch ſteht in
jeiner neuen “insgabe, Die von einem der bedeutendſten Uſtronomen
der lebten Zeit, vem gleichfalls vor furzem verſtorbenen BProfeſſor
Vogel, Direktor des Pot8damer Aſtrophyſifaliſchen Obſervatoriums, be-
jorgt wurde, auf ganz modernem Standpunkte. E35 erfordert jedoch
Vorfenntniſſe, etwa in dem Umfange des zuvor erwähnten Werkes.
Das Buch iſt teuer (16 Mk.) und jollte nur von vorgeſchritteneren
zSxeunden der Himmelsfunde geleſen werden. G38 ſchlägt bereits die
Brüde zwiſchen gemeinverſtändlichen und wißenſ<aftlichen Werfen und
iſt in dieſer Art vorzüglich.
Inu der wohlfeilen Sammlung Göſchen (pro Bänd<en 80 Rf.)
jind ein paar Bändchen erſchienen, die ſich gegenſeitig ergänzen und
ebenfalls in die Himmelsfunde einführen: - „Möbius Aftro-
nomie“ und „WizSlicenus, AjſtrophHyiif“. Yuc<ß der
„Mobius“ itt von Btislicenus vearbeitet worden, einem Manne, der
mehr Gelchrter war, als daß er die Gabe flüſſiger volfstümlicher Dar-
Nefung bejaR. Die Bücher find ein wenig trodken, aber wegen ihre2
billigen Preiſes und der Sorgfalt, mit der fie das Material zuſjammen-
Ttelſen, zu empfeßlen.
Von den vielen anderen allgemeinen Werken über Aſironomie fei
dier nur noch eins. erwähnt, nämlich 5da3 glänzend geſchriebene „Welt-
gekäaude“ von M. Wilhelm Meyer. EC5 ift eins der umfang-
reichſten volfstümlichen Werke über Himmels3kunde, erfordert aber nicht
jo viele Vorfenntniſſe wie die „Populäre Aſtronomie“ von Newcomoö.
Das Buch bringt eine Fülle von Anſchauung5material, welches aus dei
beiten zuganglichen Quellen zuſammengetragen itt. Namenilich die
Schäße des Heidelberger Obſervatoriums, die der rührige Direktor
Krofeſor Wolf dort aufgehäufi Hat, und die der freigevigeren großen
amerifaniſchen Warten (der Lickfternwarte auf dem Mouni Hamilto:1
in Kalifornien Und der Yerfestternwarte bei Chicago) hat Menor 1ür
jein Werf zu benußen verſtanden, während aus Potsdam leider nur
ſehr wenig zu befommen war
In der Ginleitung beipricht Mever Inhalt und Bedeutung der
Siftronomie, das Licht und das Fernrohr, die HimmelSphotographie un
die Spektralanalyſe. Der erſte Hauptteil befazt fich dann mit Der
Beſchreibung der HimmelsSkörper, Der 3weiie mit ihren Vewegunge:n
Bieſe Art der Behandlüng des Stoffes weicmt von der der mei ire
anderen- Bücher über die Himmelsfunde volltäandig ab. Meyer gibt
zuerſt ein Geſamtvild der Erſcheinungen. ivie üe jich dem Betrachter
in den Inſtrumenten darbieten; im zweiten Hauptteile bringt ex Di?
iheoretiſchen Grundlagen der Himmelsfkunde, die Vowegungen Der
Himmelskörper, ihre Bahbnenverbältnifie und die wichtigen Ergopnin2
der aſtronomiſchen Mekkunit. Davei wird auf die einzelnen zFrageit
immer ſehr ausführlich eingegangen. Wichtig an Meyers Werk ii, dan
ex alles, was ſonſt durch mathematiſche Formeln ausgedrüdt wird.
durch Worte klar zu machen weiß. Meyer will eben die notwendigen
Einblide in die Himmelskunde auch demjenigen zugänglich machen. Der
über Feine maibematiſchen S&enntimiie verfügt. Das ÜÜ ein. reit?
ichwieriges Unternehmen, der glänzenden DarſtollunzgöSgabe WVevors
aber iſt es gelungen. Jeder Freund dex HimmelsSfunde müßte Meyers
Leider iſt das Werk nicht billig (14 Mk.i,
geleſen haben.
und Jugendvibliothefen JolUten cs
Gewerk]c<afts-
„Welt3ebäaude“
aber die YVirbeiter-,
anſchaffen.
Zum Schluß noch ein autes Buch,
der ſelbſt Beobachtungen anzuſtellen i1n
Heines Infirument zur Verfügung oder 11
cin arößeres zu ben uB on. G2 iſt Profeſſor Kleins „Dandbum der
allgemeinen Himmels8beſ<hreibung“, Dd das ſorgfaltig umd
fleißig alles zuſammenträgt, was wir über die Himmels?körper und ihre
Beſchaffenheit wiſſen und das durch Literaturangaben weiterweiſt, wenn
jemand genaueres über einen Gegenſtand zu erfahren wünſcht. CS iſt
naturgemäß ſchon wegen feiner Aufgabe umfangreich und teuer
(10 Mark.)
Neben dieſen allgemeinen Darſtellungen gibt es noch eine ganze
Reihe Jpezieller, die fich mit Sondergebieten aus der HFimmelsfiundeo
befaſſen. Namentlich ſci auf die meiſt recht guten Bücher der Teuvner-
iſchen Sammlung „Aus Natur und Geiſtezwelt“ (Preis pro Bändchen
1,25 Mk.) verwieſen. Solche Werkchen ſollen gelegentlich beſproche?
werden, Jelix Linke.
das fich für denjenigen eignet,
der Lage iſt, der aliv ein
Gele genbeit hat. av Und 3