16 - Arbeiter- -Ingend. |
feſten Zuverſicht, daß "das von ihr begonnene Werk von der „Ar-
beiter-Zugend“ weitergeführt, beſſer und wirkſamer als wie ſic
vermodht, die „Arbeitende Jugend“ vom Kampfplaß abtreten; am
1. Januar d. I. nahm ſic Abſchied von ihren Freunden.
Die „Arbeitende Jugend“ iſt tot, aber ihr Geiſt lebt,
er lebt fort -in der „Arbeiter-Jugend“! Der freie Geiſt iſt nicht
geſtorben, er iſt und bleibt ewig jung! So wie ſie für die „Ar-
beitende Jugend“ gewirkt, ſo möge die junge proletariſche Streiter-
ſihar ihre Kräfte in den hohen Dienſt der neuen Sache, der
„Arbeiter-Jugend“, ſtellen. Ohne die opferbereite, freudige Mit-
arbeit der Jugendlichen wäre die Zeitung ein totgeborenes8 Kind,
ind die ganze Jugend Deutſchlands muß es fein, die feſt um die
„Arbeiter-Jugend“ fich ſchart:
Nur aus der Kräfte ſchön vereintem Strebett
Erhebt fich, wirkend, erſt das wahre Leben!
M. Peter
Ein ſozialiſtiſches Jubiläum.
Zum 50. Geburtstag der materialiſtiſchen Geſc<hichtzauffa aſſung.
Wenn 2o8 der ſozialiſtiſchen Arbeiterſchaft darum zu tun
wäre, Gedenkfeſte zu feiern, hätte fie in den erſten Monaten dieſes
Jahres Gelegenheit, ein bedeutſames Jubiläum zu begehen. .Es
iväre ein Feſt, 9a3 die ganze unterdrückte und ausgebeutete Men1ch-
heit unter feinen Gahnen vereinigen fönnte, denn ver Gedank«,
bein die wehenden Banner und vie öreudenfouner gewidmet. wären,
iſt zugleich ein MentehheitsSgedante und ein Befreiungsgedanke.
Noc< hat die ſozialiſtiiche Arbeiterſchaft keine Veranlaſſung,
Monſchheitsfeſte zu feiern, denn, ſo viele Millionen ſie auch zählt
in der Kulturwelt, ſie iſt erſt die Vorhut, die den geknechteten
Maſſen den Wea bahnt, fie ſtoh t mitten in jchweren Kämpfen,
und Feſte werden gefeiert an den Tagen, die dan Siegen folgen.
Unjer Jubiläum verträgt zudem ichwerlich lauten Jubel und
ISO
.
Jreudenlärm, denn es gilt einer Jdec, einer Jdee freilich, deren
weltumſpannende Tragweite künftige Geſch lechter noch viel höher
einſchäzen werden, als wir Heutigen. Aber im ſtillen wird unjeres
Jubiläums in diefen Tagen doc> allüber all aedacmt werden, wohin -
der Gedanfe des Sozializmus ſelber gedruagen iſt. Und wenu
dieſes Gedenkfeſt auch vor den Veranſtaltungen, die : der Er-
innerung an Tarwin gewidmet ſind, zurücktreten mag: in den
Darwin-Verſammlungen des flaſſenkeronßten Proletariat38 wird
in der ganzen Kulturwelt zugleich mit Darwin und ſeinem Werk
au<h unjerer jozialiſtiſchen Jubiläumsidee gedacht werden, denn
ſie iſt e8, die die Geiſte3Sarbeit Darwins ſowohl ergänzt als aud)
weiterführt, ja, die Darwins Entdeckung erſt für den Gedanten
des gejellic<haftlichen Fortſchritt8 nußbar macht.
Da darf auch die Jugend des Proletariats nicht gleichgültig
zur Seite jtohen;
ihrer erwachſenen Klaſſengenoſien. nehmeti,
Sic muB -Anteil .
denn nan fann getroſt behaupten, daß ſie genau ſo viel . oon .
Sozializmus begriffen haben wird, als ſie in dieſen Gedank
der ſekt fein Jubiläum feiert, eingedrungen jein wird.
Worum handelt es ſich? Es ſind jeßt gerade fünfzig
ber, fJeitdem Karl Marx da3 erſte Heft eines Werkes veröffent-
lichte, das den gelehrten Titel trug: „Zur Kritif der politiſchen
Oekonomie“. In dieſem Buche werden iFragen erörtert, die ſür
die Begründung des wiſſenſchaftlichen SozialiSmus8, der ſoziali-
ſtiſchen Wiſſenſchaft, von höchſter Bedeutung ſind, und die Marx
jpäter in ſein Hauptwerk, das „Kapital“, übernommen und dort
in das Fundament des acwaltigeit Gedankenbaues, deſſen Ur-
heber er iſt, verarbeitet hat. Yber nicht dieſe wiſſenſ<aftlichein
Unterſuchung aen ſind c3, deren im fünfzigiten Geburt8jahr des
Batches in erſter Linie gedacht wrd. Dit „Kritif der politiſchen
Ockonomie“ iſt vielmehr dadurc< vor allem für die Entwickelung
der ſozialiſtiſchen Lehre bedeutſam geworden, daß ſic Marx und
ſeines Freundes Engels größte wiſſenſc<aftliche Entde>unga, dic.
materialiſtiſche Geichicht38auffaſſung, zum erſte:
Male in beſtimmter Faſſung der Welt nmmttoilt. Es geſchicht dies
in ein paar knappen Säßen des Vorworts, aber dieſe kurze Stelle
ift wichtiger für die Geiſtesemwickelung der modernen Menſch-
beit, al8 die Weisheit ganzer Bibliotheken zuſammengenommen.
Ueber dieſe wenigen Zeilen iſt mehr nachgedacht, geredet und
avichrichen worden, als über diefe gelehrte Werfe; von ihnen geht
teil dieſer Lehre als
jie foll Anteil nehmen an dieſer Geiſte8ſache .
verdient aljo in der
Jahre -
ein Licht aus, das die ganze Geſchichte der Menſc<heit in ganz
neue Beleuchtung rückt.
Wir wollen die berühmten Säße hier nicht abdru>ken. So
furz ſie ſind, ſo ſ<iver iſt ihr Vorſtändni8 für jemand, der ſie zum
erjten Wale hört, und um fie zu erklären, wäre es bei ihrer ge-
drungenen, gelehrten Faſſung nowendig, über einzelne Worte
ganze Artifel zu ſchreiben. Die „Arbeiter-Jugend“ wird ſich
ohnehin noch häufig und eingehend mit dieſer Entdeckung zu be-
ichaftigen haben, wie ja auch die Verſönlichfeit und die Bedeutung
ihres Urheber3, unſeres großen Vorkämpfer3s Karl Marx, unſeren
Leſern noch in ausführlicherer Darſtellung vor Augen geführt
werden wird. Zur Einführung ſei darum nur verſucht, den Kern
ver materialiſtiichen Geſchichtsuuffaſſung aus jeiner gelehrte"
Hülle und ſeiner wiſſenſchaftlichen Beariffsfaſſung heraus8z31-
Ichälen.
Materialiſtiiche Geſicht: 8auffaſſung = der Name jI<on iſt
ein Schlachtruf. Bis dahin hatte-nämlich, von vereinzelten Au8-
nahmen abgeſehen, in Wiſſenſchaft und Schule das genaue Gegen-
„ewige Wahrheit“ gegolten: die idealiſtiſche
GeſchichtSauffaſſung. Nichts hielt man für gewiſſer, als daß
die Jdeen die Geſchichte machen, daß die Entwickelung der Kultur
von den großen Gedanfen abhängig ſei, die die Menſchheit vor-
- wärt3 trieben auf den Gebieten der Technik. der Wiſſenſchaft, der
. Sittlichkeit.
Da aber die großen Ideen zuerſt immer in cin-
zelnen Gehirnen auftauchen, in den genialen Köpfen der
Menſchheit, war es eine weitere, geradezu ſelbſtverſtänvliche An-
. nahme diefer idealiſtiſchen Geſchicht8erklärung, daß eigentlich die
großen Männer die Geſchichte machen, daß die aroßen Männer
die Helden der Geſchichte ſeien und die ganze übrige Menſchheit
bloß eine Herde, die hinter ihnen herläuft. So habe Chriſtus
vas Chriſtentum „gemacht“ unv Luther die Reformation, die
Cinigung Deutſchlands ſei das „Wert“ des alten Wilhelm und
ſeines Handlanger3 Bis8marc>, den SozialiSmus aber hätten Marx
und Laſſalle ausgehe>kt. Dieſe Auffaſſung brachte ces ſolchermaßen
fertig, . die Geſchichte des Menſchengeſchlechts aufzulöſen in eine
Reihe von Lebensläufen einzelner „aroßer“ Menſchen. In ven
Geſchichtswerken, die in dieſem Geiſte abgefaßt waren, erfuhr
man - von den ungezählten. Millionen, deren tagtägliche Arbeit
die Kultur der Erde trägt, fo- gut wie gar nichts, dic Menſchheit
marſchierte darum bloß auf als Kanonenfutter der aroßen Männer.
Es iſt nämlich eine weitere E igentümlichfeit der idealiſtiſchen
Ge 'chichtsauffaſ ung, daß ſie viel weniger in den Helden des
- Geiſtes, den großen Entdäkern und ECrfindern, den Dichtern und
| Gelehrten, die Führer der Menſchheit feiert, als in den Männern
des Schwertes, den Eroborern und zburiten,
den Volkergeißelt
und gekrönten Maſienmördern. Und da deren Taten im Buche
der Menſchheit mit Blut geſchrieben ſind, laufen die Darſtellungen
der idealiſtiſchen Geſchicht8auf faſſung in der Regel auf weiter
nichts hinau8, als auf die Schilderung entſeklicher Gräuel und
Gewalttaten; Kriege und Schlachten, Niederlagen und Siege ſind
ihr haupt ſächlichſter Inhalt. Die idealiſtiſche Geſchichtsauffaſſung
Regel noch nicht einmal das Beiwort
„idealiſtiſch“ in ihrer Bezeichnung; nicht38 liegt ihr ferner als die
Entwickelung der Menſchheit unter dem Goſichtspunkt des
Ideals aufzufaſien.
Aber auch wo ſie wirklich ausführt, wa3 ihr Name verſpricht
und die Jdecn als die treibenden Kräfte des Fortſchritts nachzu-
weiſen ſucht, kommt ſie erſt recht zu kurioſen Ergebniſſen, denn
dic Ideen, zumal die Jdeen der einzelnen, der großen Manner,
ſind nach ihrer Auffaſſung nichts geſezmäßig Entjtandenes, jondern
reine Zufall3produkte: ohne Chriſtus kein Chriſtentum, ohne
Luther feine Reformation, ohne Wilhelm 1. und Bi8mar> kein
Deutſc<es Reich, ohne Marx und Laſſalle kein SezialiSmus. Die
folgenſhwerſten Umwälzungen auf geiſtigem und politi, chem Ge-
biete wären alſo von dem zufälligen Daſein diefer paar Manner
abhängig, und ohne ſic, ja ohne jeden cinzelnen von ihnen, wäre
der Zuſtand der heutigen Kulturwelt ganz anders, als er in
W dirtlichteit iſt.
Da3 iſt, aller Flauſen entkleidet, die idealiſtiſche Ge Ichichts-
auffaſ ſung; fo wird heute die Entwickelung der Menſchheit in
den gelehrten Werken der Geſchicht3profeſſoren dargeſtellt, ſo wird
ſie vor allem den Kindern in der Schule eingebläut. Was3 Marz
und Engel8 an die Stelle dieſes weltgeſchichtlichen Jrrwahnes€
geſeßt haben, davon in einem zweiten Artifel. --- -=- ---