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Arbeiter-JIugend
kannt zu machen, wurde am 7. März v. J. eine öffentliche Verſamm-
lung mit einem die Bildungsbeſtrebungen der Arbeiterjugend be-
treffenden Vortrage einberufen. Dieſe Verſammlung führte ſofort zur -
Gründung eine8 Arbeiterjugendbunde8, dem 30 Mitglieder beitraten.
Au3 den 30 Mitgliedern ſind. dann im Laufe des erſten Verein3jahres .
172.geworden, darunter 11 weibliche ;. nicht mitgerechnet ſind 18 weitere
Mitglieder, die inzwiſchen in ihre Gewerkſchaft8verbände übergetreten -
ſind. Der Monatsbeitrag beträgt 10 Pfg. E3 finden. regelmäßige
MonatS3verſammlungen mit anſchließenden geſelligen Veranſtaltungen
ſtatt.
Verſammlungen werden durchſchnittlich von 60 Jugendlichen beſucht,
das ſind reichlich 35 Prog. z; der Geiſt unter den Jugendlichen iſt bis
jeht vorzüglich. . Zu bemerken iſt ferner, daß die Jugendlichen zu allen
BildungSsveranſtaltungen der Arbeiterſchaft freien Zutritt haben. Dieſe
Einrichtung hat ſich ſehr bewährt. ' |
ziemlich reichhaltige Bibliothek zur Verfügung, die demnächſt eine
erhebliche Erweiterung erfahren wird. Die „Arbeiter-Jugend“ wird ſei
dem 1. April in 200 Gxemplaren bezogen. m . '
In Brake iſt eine Jugendorganiſation im Entſtehen begriffen;
Beitrag wird hier nicht erhoben. Zuſammenkünfte finden alle 4 Wochen
ſtatt. Die „Arbeiter-Jugend“ wird in 20 Exemplaren geleſen, |
„Eine ſehr gute Entwieklung hat die Organiſation in Delmen-.
ho r ft genommen; ſie zählt 127 Mitglieder, meiſt Fabrikarbeiter, dar-
unter 35 Weibliche.
ſammenkünfte ſtatt.
10--13 weibliche, angegeben.
Wirt erhält Lokalmiete. Der Monatsbeitrag beträgt 20 Pfg. für
männliche, 10 Pfg. für weiblihe Mitglieder. Die Mitglieder können
die Zentralbibliothe?k benußen und haben zu allen Bildungsveran-
ſtaltungen freien Zutritt. Die „Arbeiter-Jugend“ wird von ſämtlichen
Jugendlichen gehalten. =
Regelmäßig jeden Donnerstag finden die Zu-
Die Beſucherzahl wird auf 30-70, darunter
In Emden beſteht eine Organiſation mit etwa 40 Mitgliedern:
Hier iſt in leßter Zeit eine gewiſſe Stagnation eingetreten; hoffentlich
gelingt es bald, ſie zu beſeitigen.
- BVerhältnismäßig gut ſcheint ſich die Jugendbewegung in dem
"Heinen Ort Leer zu entwi>eln. Der Organiſation gehören 35 Mit--
-'alieder anz; die regelmäßigen Zuſammenkünfte, die unter guter Leitung
ſtehen, werden von. 20--25 Jugendlithen beſucht.
auch hier die „Arbeiter-Jugend“- eifrig abonniert. - .
Dasſelbe iſt von Oldenburg zu ſagen. Hier beſtanden erſt loſe -
Zuſammenkünfte. Vor etwa einem Vierteljahre iſt man zur -Bildung
einer Organiſation geſchritten. Der Leiter ſchreibt: „Die loſen Zu-
ſammenkünfte wurden aber ſehr ungleich beſucht und es konnte zur
eigentlichen Bildung3- und Aufklärungsarbeit nicht geſchritten werden.
Man ſah ſich de8halb veranlaßt, zur feſten Jugendorganiſation über-
zugehen.“ Zeven Sonntag finden Zuſammenkünfte, verbunden mit
Spiel, Geſang, Vorträgen, Unterhaltung unter Leitung von Erwachſenen
ſtatt; jeden Monat Verſammlungen. Die Organiſation zählt augen-
bliklich dort 29 männliche, 4 weibliche Mitglieder. Der Beſuch der Zu-
ſammenkünfte iſt 13-22, Die „Arbeiter-Jugend“ wird in 40 Exem-
plaren gehalten. Den Mitgliedern ſteht außerdem eine Handbibliothek,
ferner die Zentralbibliothek zur Benußung frei; desgleichen der Ein- -
tritt zu den Veranſtaltungen der Arbeiterſchaft, ſoweit ſie von JInter-
eſſe für die Jugendlichen ſind. NEN . -
Schließlich iſt auch in Varel eine Organiſation im Entſtehen .be-
griffen. Die „Arbeiter-Jugend“ hat hier 40 Abonnenten
Zum Schluß ſei noc< bemerkt, daß allenthalben die Jugendlichen
auch fortgeſeßt auf die verderblihen Schäden und Wirkungen des Alko-.
hol8 hingewieſen werden; ferner wird ihnen Solidarität, Kollegialität
Und der
Saß, mit welchem der Leiter aus Oldenburgſ einen Bericht ſchließt,
kann ganz allgemeine Anwendung auf unjere jungen Organiſationen
„Die jungen Arbeiter unſrer Organiſation
und das Gefühl der engſten Zuſammengehörigkeit gelehrt.
finden!
unterſcheiden ſich durch geſittetes Betragen und
Taktgefühl ſchon wefentlich von den uns fernſtehen-
denjugendlichen Arbeitern. An-die Organiſation8-
arbeit gehen ſie mit Luft und Liebe. Die Leitun'g
in den Verſammlungen iſt eine vorzügliche“
Ad. Schulz-Bant.
Nn NIERE Auch ein Lehrlingsheim. | Zn
Die Scloßfabrik und Eiſengießerei Dormann u. Co. in Wald bei
Solingen hat in dieſem Winter ein. Lehrling3heim eingerichtet, für
da3 ſie die bürgerliche Preſſe allenthalben Reklame machen. läßt. Sie
läßt es. preiſen als eine ſegensreiche ſoziale Schöpfung der Neuzeit,
die rec<ht eifrige Nachahmung verdiene. Das Lehrlingsheim ſoll be-
ſtimmt ſein, den von auswärts Tommenden jungen Leuten- „das auf
Chriſtentum und Patrioti3mus beruhende Elternhaus“ zu erſeßen..
Es „ſoll ſolhen Bewerbern zugute kommen, deren Eltern daran ge-
legen iſt, ihre Söhne in ein dauernde8, über die Lehrzeit hinau8-
- gehendes, ſicheres und lohnendes Arbeitsverhältnis einzuführen, in
“welchem die Knaben vom Eintritt in die Lehre ab einer Beihilfe zu
ihrer Unterhaltung nicht mehr bedürfen, im Gegenteil von vornherein
- mehr verdienen, als ihr Beitrag zu den Koſten des Heims . . . beträgt“.
„Neben der AuSsbildung, welche die Lehrlinge in ihrem Beruf erhalten,
foll das Lehrlingöheim vornehmlich dazu dienen, brauchbare und
tüchtige Männer heranzubilden, aus welchem Grunde auch auf
Jede Verſammlung iſt mit einem Vortrage verbunden. Zm
Sommer werden Wanderungen und Spiele im Freien arrangiert. Die.
Der Organiſation ſteht ferner eine -
. . dreijährige Lehrzeit einrichten !
Getränfe werden nicht verabreicht, der -.
Selbſtredend wird.
'Klein-2
- benußt.
.. Erkrankungsfälle feſt; er mußte ſogar für einen Bögling
I| ZA Die Gegner an der Arbeit. = ZA
ZZ -
körperliche Pflege, ſittliche Weitererziehung ſowie
"Fortbildung der Lehrlinge Bedacht genommen wird.“
Mit vielverheißenden Verſprechungen wird aljo nicht gekargt, und
ſo iſt es verſtändlich, daß ſich bereits mehrere Väter bezw. Vormünder
fanden, die ver Firma ihre Söhne oder Mündel zur „Ausbildung und
rziehung“ übergaben. - Die Arbeiterſchaft von Wald aber wußte ſofort,
daß es ſic< hier um ein Manvöver- handelte, um von auswärts billige
“und willige, durch Kontrakt gefeſſelte jugendliche Arbeiter zu erhalten,
Die Wobhlfahrtsreklame einer Firma, der vor kurzem erſt noch ein-
Juriſt, ein. preußiſcher Amtsrichter, die Ausnuzung de8 Buchſtaben-
und Paragraphenrechtes zur Schikanierung der Arbeiter vorwarf, klang
den Walder Arbeitern recht ſonderbar in. die Ohren. Und als
ſie in einer öffentlichen Verſammlung über das Weſen dieſes „Lehr-
lingö38heims3“ aufgeklärt wurden, fanden ſie ihre ſchlimmſten Be--
. fürchtungen beſtätigt.
Cs wurde - nämlich. feſtgeſtellt, daß die Arbeit diejer Firma zum
Teil als Heimarbeit von Bauhandwerkern während der Zeit ihrer
- Arbeitsloſigfeit und von Kindern vom achten Lebensjahre an aus- '
- geführt wird. Sie iſt ganz mechaniſch und erfordert keinerlei Lehrzeit,
ſondern nur die Herausbildung einer gewiſſen Handfertigkeit, die ſich
ſehr jc<nell einſtellt. Und für dieſe Tätigkeit- wil die Firma eine
Was die jungen Leute nebenher beim.
Konjtruieren von Kunſtſchlöſſern und dergleichen lernen können, kommt
kaum in Betracht, denn die Tätigkeit der Firma auf dieſem Gebiet
iſt verſchwindend gering. = | DIe
- Geradezu ungeheuerlich aber iſt die Entlohnung, die die Firma
gewähren will. Sie zahlt „mindeſten3“: im erſten Lehrjahre täglich.
1 Mk., im zweiten 1,10 Mk. und im dritten 1,295 Mk. Davon ſollen
die „Lehrlinge“ für ihren Aufenthalt im Heim tägli< 75, 85 bezw.
100 Pfennig bezahlen. Es iſt klar, daß von den reſtierenden
25 Pfennigen die Koſten für Kleidung und die vielfachen kleinen täg-
lichen Bedürfniſſe nicht gede>t werden können. Es iſt alſs nicht richtig,
wenn. die Firma behauptet, die jungen Leute könnten ſich ſelbſt unter- .
halten. Daß die Firma jemal38 mehr als die Mindeſtlohnſäße bezahlen
wird, iſt ausgeſchloſſen, höchſtens richtet ſie ein umfangreiches Ueber-
ſtundenſyjtem ein, um „die körperliche Entwidelung der jungen Leute
zu. fördern“, | = |
Dieſe „Wohlſahrtseinrichtung“ für“ die jungen Arbeiter dient alſo
nur dazu, -ein verwerfliche8 Ausbeutungsſyſtem zu bemänteln. E3
wird Sache der Walder Arbeiterſchaft ſein, die ſchöne Rechnung der
Herren „Arbeiterfreunde“ zuſchanden zu machen. Die Leſer der
„Arbeiter-Jugend“ aber mögen hieraus- wieder einmal erſehen, was“
ſie von dem ſo viel geprieſenen Wohlfahrtseinrichtungen der Unter-
nehmer zu halten haben. . | HL K.-
- Aus einem katholiſchen Fürſorgeheim/
- Da38 katholiſche Fürſorgeerziehung38heim Sankt -JoſephSſtift in
immern bei Darmſtadt mißbraucht, wie die neueſte
Nummer des Fabrikarbeiterorgans feſtſtellt, die dort erzogenen jungen .
Menſchen in ſcheußli<her Weiſe. Die. der „Fürſorge“ des Stift8 An-
vertrauten werden. ſtändig zum Einpa>en von giftigen Farbſtoffen
Nac< dem Rezept der ſpaniſchen katholiſchen Erziehungs- -
anſtalten iſt das Inſtitut zu einer Art Fabrik oder Fabrikfiliale: um-
gewandelt. Das ganze Jahr hindurch werden Büchſen und Doſen für
das Chemikalienwerk Grie8heim am Main fäbriziert, da-
zwiſchen für den Militärfiskus einige tauſend Doſen. Der -
beſjiſche Staat leiſtet für jeden Zögling, der in dieſer Fürſorgefabrik
drei Jahre gelernt hat, an das JInjtitut 300 Mk. Seit Jahresfriſt iſt
' man dazu übergegangen, die Doſen gleich im Stift de8 heiligen Joſeph
mit der giftigen Fuchſinfarbe zu füllen! Das Werk ſendet Farbe und -
Anzüge für die- Zöglinge. So werden wöchentlich 100 bis 120 Zentner
Fuchſin verwogen, gefüllt und verpa>dt. In dem Inſtitut ſind 160 Zög-
linge, zum Teil noc< unter 14 Jahren, untergebracht; davon gelten
. 30 Zöglinge als Lehrlinge anderer Gewerbeabteilungen der Fürſorge-
fabrik. Der Arzt jtellte ſchon auf Grund der giftigen Arbeit „erfolgte
as BDe--
ſhäftigungsverbot ausſprechen. Nur half das Verbot-dieſem nichts, er
mußte auch weiterhin die für ihn verderbliche Arbeit verrichten. Das
Inſtitut iſt rein katholiſch, die Erziehungsbrüder werden extra aus
Frankreich verſchrieben. SEEN . . „„.
"Hoffentlich macht nun, wo die Dinge endlich einmal an die Oeffent-
lichkeit kommen, die beſſiſche Gewerbeinſpektion dem unglaublichen Ge--
ſc<äft8gebaren. dieſer frommen Brüder ein ſchnelles Ende. Solche
.« Ausbeutung der Fürſorgezöglinge iſt ein zum Himmel ſchreiendes Un-
rec<t, da8 beſonder38 abſtoßend und empörend wirkt, wenn es unter
frommem. De>mantel den Ruf: „Laſſet die Kindlein zu mir kommen“
in widerlichjier Weije verhöhnt.
Mißlungener Jugendfang. - .
Die Fortbildungsſchulen ſollen bekanntlich jeht, wo der Polizei-
knüppel vielfach verſagt, die proletariſche Jugend mit Zue>erbrot von der
freien Jugendbewegung fernzuhalten ſuchen. Das erſte Reſultat auf
dieſem Gebiete liegt bereit38 vor. Es8 bedeutet einen glänzenden Fehl-
ſchlag dieſer Verſuche. Die Leitung der Fortbildungsſ<hule in Sc<öne-
berg gründete unlängſt einen Turnverein für ihre Schüler. Jm An-
fang betrug die Mitgliederzahl 50, ſie ſank indeſſen gar bald auf 30
herab. Die Leitung, die den Verſuch als geſcheitert bezeichnet, führt
den Rückgang auf das mangelnde Intereſſe der Schüler für die Turneret -
zurüf. Auch glaubt ſie, daß Werkſtatt und Häuslichkeit nicht das
genügende Verſtändnis für die Leibezübungen zeigen. Wir wiſſen es
beſſer, worin der Grund für die Abneigung der Jugendlichen. gegen dieſe.
Art Turnerei zu ſuchen iſt. Die Jugend merkt eben die Abſicht, und fie
wird verſtimmt. Sie weiß, daß alle dieſe Verſuche bloß den „Zwe