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Arbeiter- Jugend
ei
=
"alle Abflußkanäle verſtopft werden. Das geht nun ſo zu: die
elaſtiſche Haut der beiden Würſte iſt auf der einander zugekehrten
Seite verdi>ät. Die Folge iſt, daß dieſe Seite, wenn der Dru
im Innern anſ<willt, weniger au3gedehnt wird als die äußere,
die dem Dru> geringeren Widerſtand entgegenſezen kann, und
daß die Zelle ſich in der Weiſe krümmt, daß die verdickie Seite
die Höhlung, die niht verdi>te die Wölbung bildet, wie man es
ſi ganz hübſch kar maden fann, wenn man in einen derartig
verdi>dten Schlauch aus Gummi elaſtikum, wie man ſie als Spiel-
zeug au? Volksfeſten und Meſſen häufig findet, kräftig Luft hinein-
bläſt. Infolge dieſer Krümmung weichen die Schließzellen in der
Mitte auseinander und öffnen den Spalt bei Saftfülle, ſtre>en
ſich wieder gerade bei Waſſermangel, indem ſie ihn ſchließen, und
virfen ſo als Selbiſtregulator der Verdunſtungsmenge.
Die Einrichtung der Spaltöffnungen, an der zwei Zellen be-
teiligt ſind, führt uns von den Zellen hinüber zur Betrachtung der
Bedürfniſſe und Baugrundgeſeße, welche die Gliederung des ganzen
Pflanzenkörpers und die Anordnung ſeiner Teile beherrſchen.
(Schluß folgt.)
=
Wie ein Paſtor über das Keſſelkfreiben auf
tie freie jugend urfeiit.
“Don der „Kieler Zeitung“ findet ſic ein Auffſaß des liberalen Theo«
BB logen Baſtor Karl Schröder über die proletariſche Jugendbewes-
7 gung, dem hier einige Bemerkungen gewidmet werden ſollen.
Paſtor Schröder meint, daß die Freude des Bürgertums über die
auf Grund der Entſ<eidung des Oberverwaltungs3gerichts in Sachen der
Berliner freien Jugendorganiſation zu erwartende allgemeine Auſ-
löſung der freien Jugendorganiſationen in Preußen lkeine8wegs8 bes
rechtigt fei. Vielmehr hält er „die Maßregel für verfehlt", ja, das
Vorgehen der preußiſchen Polizei für. „außerordentlich bedauerlich“, weil
darin eine Grſc<hwerung der Jugendarbeit überhaupt zu erbliden ſei.
Der Herr Paſtor iſt ſich klar darüber, daß die polizeiliche Maßregel
ſicher nicht zum Ziele führen werde, denn es werde ſich leicht eine Form
finden, die mit dem Vereins8geſes im Einklang ſteht. „Dann,“ heißt es
weiter, „ſtehen all die unterdrüdten Organiſationen, nun nach dem
Geſe3 des Märtyrertums8 mit doppelter Anziehungs8kraft ausgeſtattet,
wieder auf, und man muß ſie doch gewähren laſſen.“
Vielleicht hat dem Herrn Paſtor hier die Geſchichte des Chriſten-
tum3 vorgeſchwebt. Der Herr Vertreter de3 „modernen Chriſtentums“
bat jedenfalls auch aus der Geſchichte der modernen Arbeiterbewegung
gelernt, wenn er weiter ſchreibt:
„G3 verrät eine ſchle<te Pſychologie, daß man junge Menſchen
durc< äußere Mactmittel auzeinandertreiben will; man ſchließt ſie
nur um ſo feſter zuijammen. Und Shaden hat nicht die proletariſche
Jugendbewegung, ſondern die Staatsidee, welche in dieſen Köpfen ſo
wie ſo ſc<on mit den Begriffen von Willkür und Unterdrüdung ver-
bunden ift.“
Sehr richtig, Herr Paſtor Schröder, die Jugendbewegung wird ſtark
werden im Kampfe mit den reaktionären Staats8gewalten, und hätten
Sie da3 proletariſche Daſein am eigenen Leibe verſpürt, dann wären
Ihnen Willkür und Unterdrückung nicht nur „Begriffe“, ſondern Tat-
ſachen. Die neueſte Gewaltmaßregel der preußiſchen Polizei iſt ja nur
ein Glied in der langen Kette der Verfolgungen, mit denen die organi»
fierle Arbeiterklaſſe geheßt wird.
„Zum andern“, heißt e38 in dem Artikel weiter, „ſperrt man die
proletariſche Jugendbewegung auf dieſe Weiſe von der bürgerlichen
gewaltſam ab, indem man die eine verfolgt, die andere begünſtigt.
Ran fann den radifalen Führern der Sozialdemokratie keinen größe»
ren Gefallen tun. Denn da2 iſt e3 eben, was auc< ſie wollen.“
Dieſe leßtere Behauptung des Herrn Paſtor iſt ſo unzutreffend,
daß ſie einer Antwort nicht bedarf. Schon allein die Tatſache, daß die
Arbeiterſchaft oft unter großen Opfern alle Rec<t3mittel ergreift, um
die Angriffe der Polizei und Juſtiz abzuſchlagen, ſtraft den Herrn
Rügen.
Vom Standpunkt eines die heutige „Ordnung“ der Dinge verteidi-
aenden Paſtor3 verſtehen wir auch die folgenden Ausführungen, die
alfo lauten:
„Die proletariſche Jugendbewegung hat ihre unleugbaren Jödeale,
Gewiß, Jdeale beſonderer Art. Sie ſind antiſtaatlih, wenn man den
gegenwärtigen Staat ins Auge faßt. Sie ſtreben auf eine andere,
ſozialiſtiſche Geſtaltung der Geſellſchaft. Sie ſind unterchriſtlich, ſo»
fern fie die Umnebelung der Gehirne mit religiöſen Vorſtellungen
befämpfen und kindlich und oberflächlich genug meinen, daß denkende,
jirebende, junge Arbeiter über Religion erhaben ſeien.“
Wir meinen, mit einem amtierenden Geiſtlichen über religiöſe Anz
ſhauungen zu ſtreiten, wäre ein zweeloſes Beginnen. Uebrigens,
warum oll gerade dem „Volke“ die Religion erhalten bleiben?
Der Herr Paſtor Schröder will aber auch objektiv ſcheinen und ſo
ſchreibt er denn:
„Aber die freien Jugendorganiſationen haben ihre Jdeale trg
alledem. Da3 kann nur leugnen, wer nichts von ihnen weiß. E:
organiſieren eine Jugend, die bis dahin noc< unerreicht und in Gefahr
völliger Verwilderung war. Sie tun das mit Recht, weil die Arbeiter.
ſchaft in der Tat die erſte Pflicht und die größte Macht gegenüber
ihrer eigenen Jugend hat. Sie kämpfen energiſch gegen die Schund.
literatur (wobei fie nur leider viel antireligisjen Schund überfehen)
gegen Stumpffinn und Roheit für Aufklärung und Bildung. Jöeagſe
aber kann man nicht bekämpfen mit Polizeigewalt, ſondern nur dur
Darbictung oder Vertiefung der Jdeale. Man darf das Vorhandens
nicht verneinen, ſondern nur läutern und fördern, ſoweit man das für
notig halt. Viele, die ſelbſt in der Jugendarbeit ſtehen, werden das
für nötig halten. Aber dieſer Kampf für da3 höhere (? D. B.) Ideal
wird uns erſ<wert, wenn wir nicht unter gleichen Bedingungen
ſtreiten. E3 kann den „bürgerlichen“ Jugendbeitrebungen gar nict
Schlimmeres paſſieren, al38 wenn ſie die Sonne von oben einſeitig be.
ſtrahlt, während die Gegner der Sturm umtsöit.“
Der Herr Paſtor macht dann no<Ö einige Bemerkungen Über den
angeblichen Terrorismus8, den die Jugendlichen gegenüber ihren Wert.
ſtattkollegen anwenden, um dieſe in die Freie Jugendorganiſation zu
„nötigen“; ebenſo findet er es „kläglich“, wenn der ſozialdemokratiice
Vater ſein Kind dort einzutreten „zwingt“. Demgegenüber ſei nur
bemerkt, daß der Herr Paſtor ſich doch einmal die Zuſammenkünfte der
„zwang3weiſe" organiſierten Jugendlichen anſehen möge, wir glauben,
daß er dann al3 ehrlicher Mann ſeine Behauptung revidieren müßte,
Andererſeit3 fennen wir aber die Fäden, mit denen der Herr Paitor
Schröder ſeine Scükßlinge umſponnen hat, aus verſchiedenen An.
läſſen. Die LoSreißung au38 der paſtoralen Vormundſchaft bedeutet
dort für den Jugendlichen, daß er brotlo8 gemacht und hinausgeitozen
wird in die weite Welt. DaS ſind die „Jdeale“ <briſtlicher Grziehnung!
Vebrigens8 ſind wir dem Herrn Paſtor Schröder dankbar, daß er öffent
lim den Grundſaß vertriti: „freie Bahn für alle!“
Auch für uns iſt es keinen Augenbli> zweifelhaft, „auf wel&er
Seite dann die größere Freiheit und die ſtärkere erziehliche Krafi zu
Finden ſein werden“. P. Riſtau.
Jugendkonferenz für Sc<les8wig-Holſtein.
Am 23. Oktober fand in Neumünſter eine Konferenz der
ſchle3wig-holſteiniſgen Jugendausſ<hüſſe ſtatt. AFAnweſend waren
62 Delegierte und Gäſte, darunter zwanzig Jugendliche. Dem vom
Vorſizenden der Zentralſtelle für Schle8wig-Holſtein, GE. Adlerxr- iel,
erſtatteten- Bericht über die Jugendbewegung in dex Provinz entned:nen
wir folgendes:
Die Bewegung iſt im Bezirk Schleswig-Holſtein im weſentlichen
im Sinne der Nürnberger Reſolution aus8gebaut. Die finanziellen
Grundlagen der einzelnen Ausſchüſſe ſind ſehr verſchieden. Nur ſechs
Ausſchüſſe wirtſchaften nach einem geordneten Voranſchlag. An Gelde-
mitteln wurden aufgebracht: für die Jugendau3ſchüſſe in der Provinz
5293,86 Mk., in Hamburg 3679,50 Mk. und in Lübe> 590,02 Mk., inz-
geſamt 9563,38. Mk. An AusSgaben batten zu verzeichnen: die Provinz
4166,52 Mk., Hamburg (nur für ein halbes Jahr) 1829,95 MX., Lüvc>
540,02 M?k., in8geſamt 6536,49 MX.
1523,66 Mk., Literatur 1110,98 Mk., Spiele 579,40 Mk., Vor:räge
470,80 Mk., Theater 157,30 Mk. Jugerdheime, d. H. ſtet3 zur Verfüctung
ſtehende Lokale ſind vorhanden in Hamburg, Prees und Neumüniier.
In den meiſten anderen Orten ſind nur Räume vorhanden, die zu be-
ſtimmten Zeiten zugänglich ſind. Geſellſchaft3ſpiele und Leſetiſche, auf
denen Zeitſchriften, Gewerkſchaft3- und Unterhaltungs8blätter uſw. aus-
liegen, find faſt in allen Lokalen dorhanden. Vorträge wurden gehaiicn:
in der Provinz 158, in Lübe> 20, zuſammen 178; in Hamburg beteitigie
man ſi<ß an den Vorträgen der Arbeiterbildungs8zentrale. Cvonſy
nahmen die Jugendlichen in Kiel und Flen3burg teil an den Veranrital-
tungen der Bildung3au38ſ<hüſſe. Leſezirkel wurden organiſiert in Kiel,
Nends8burg, Sto>el38dorf, Hamburg und Lüve>. Für Turn- und Sviel-
gelegenheit war in 11 Orten, außerdem auch no< in Hamburg, geſorgt.
In Lübe> iſt nur Spielbetrieb vorgeſehen. Wanderfahrten fanden ſtatt
in der Proving 69, in Hamburg 24, in Lübe> 12, zuſammen 105,
Jugendſc<huB wurde betrieben in Elmshorn, Jühehoe, Kiel, Olde5loe,
Nends8burg. In Lübe> beginnt man damit, und in Hamburg wird der
Jugendſ<uß von einer anderen Stelle aus beſorgt.
Jugendorganiſationen beſtehen ſechs in der Propinz und
zwar in Elm3horn, Jhehoe, Kiel, Neumünſter, Preeß und Rendsvurg,.
In Hamburg beſteht der Jugendbund, der freiwillige Beiträge erüebt,
In Bredſtedt, Flensburg, Nienſtedten-Blankeneſe, Oldes3loe, Schle32wig,
EStoc>el3dorf und Lübe> exiſtieren loſe Zuſammenſ<lüſſe von
Abonnenten. Die Zahl der organiſierten Jugendlichen beträgt tn der
Rrovinz 1164 (darunter 50 weibliche), in Hamburg und den angeſhloſſt-
nen preußiſchen Orten 1300, in Lübe> 223. Gewerkſc<aftliche Jugend»
ſektionen beſtehen in Kiel (Lithographen), Flen3Sburg (Maurer), Hams-
Ddurg (Transportarbeiter und Lithographen), Lübe> (Transpoxtarbeiter,
Lithographen, Töpfer und Maler). Abonnenten der „Arbeiter-Jugend
waren am 1. Auguſt 1910 vorhanden in der Proving und Lübe> 1372,
am 1. September 1909 1053. Außerdem verteilt Hamburg für die ihm
angeſchloſſenen preußiſchen Orte 368 Gxemplare der „Arbeiter-Jugend
und 2000 ſeiner eigenen Zeitung.
Die Tätigkeit de3 Zentralausſhuſſe3, der von der Kieler Jugend-
kommiſſion gebildet wird, beſteht, wie Brecour- Kiel berichtet, darin,
Hiervon entfallen auf Lokalmicie |