Full text: Arbeiter-Jugend - 6.1914 (6)

Arbeiter -Jugend 
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der König kam, langjam, zaudernd und mit Widerſtreben; er 
mußie Fommen oder die Zeit wäre im Sturm über ihn hinweg 
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7 Auch fein Nachfolger, König Iriedrich Wilhelm IV., glaubte, 
den Forderungen de3 Volkes Trotz bieten zu können. Heftigen Wider- 
iand jekte er dem Verlangen des Bürgertums nach einer Ver- 
faſſung, nach Mitwirkung bei der Geſetzgebung entgegen, einem 
Verlangen, das dem wirtſchaftlichen; Aufſhwung dieſer Klaſſe ent- 
jprang. Er verſtieg fich fogar zu der Aeußerung, er werde „nun 
und nimmermehr zugeben, daß fich zwiſchen unſeren Herrgott im 
Himanel und dieſes Land ein beſ<riebene38 Blatt, aleich- 
jam al3 eine zweite Vorjehung eindränge, um un38 mit feinen 
Paragraphen zu regieren und dur ſie die alte heilige Treue zuu 
erfeßen“. (Unter dem „beſchriebenen Blatt“ meinte er die Ver- 
faſſung3urfunde.) Die Entwidelung Eehrte ſich nicht an den Zorn 
des König8; die gewaltigen Märzſtürme de38 Jahres 1848 um- 
brauſten da8 Haupt de8 König38 und ſeiner Ratgeber, und: dem 
3wange der Verhältniſſe mußte er gehorchen. 
So könnten wir bei vielen „großen“ Fürſten, wenn wir 
ihr Lebensäöwertf mit fritiſchem Auge betrachten, finden, daß von 
ihrer Größe wenia übrig bleibt, daß e3 zumeiſt kleinliche, rük- 
itundige und gewalttätige Menſchen „waren, die ihrem vorwäri3- 
ſtrebenden Volke kein Führer und Wegweiſer, ſondern eher ein 
Semmnis3 waren. - 
IYaicht Fürſten find es, die die Weltgeſchihte veherricen und 
die großen Kämpfe der Menſchheit führen, ſondern das Ringen 
der Menſchen um beſjere38 Brot iſt e3, wa38 den großen 
Epochen der Geſchichte ihr Gepräge aibt. Die unterdrücte Menſch- 
beit Ffäampft gegen ihre Bedrücker. So war e8 im Altertum, im 
Veittelalter, und ſo iſt es auch heute. In jahrhundertelangem 
Ringen vberfuchen die bedrücten Menſchen, da8 Jo<4 ihrer Be- 
drüder abzuſchütteln und ſich Licht, Luft und Freiheit zu ver- 
fIcaffen. Unſer Jahrhundert wird aus8gefüllt von dem, Kampfe 
der Arbeiterklaſſe gegen die berrichende Geſelichaft. Dieſer 
Kampf braucht ſich nict immer in. gewalttätigen Formen zu voll- 
ziehen; aber er reißt alle3 in ſeinen Bann. Die Arbeiterklaſſe 1iſt 
felbſt ein Kind der “Entwickelung. Sie erſtand mit der Einführung 
der Maſchine in3 Wirtſc<haft3leben, und mit der Entwickelung des 
WMaſchinenbetriebes zum alles beherrſchenden Großbetriebe ent- 
wickelte auch ſie ſich zu einer immer größeren und mäctigeren 
Klaſſe. AShre hiſtoriſche Aufgabe iſt e8, der Menſ<beit eine beſſere 
Exiſtenz zu erkämpfen; die Herſtellung aller Güter, die Be- 
friedigung aller menſchlichen Bedürfniſſe fo zu regeln, daß jedem 
da8 zufommt, worauf er al8 Menſ<, gleichberechtigt mit den 
anderen, Anſpruch erheben darf. 
Dieſes Ziel wird erreicht werden, ob ſich Jürſten und „große“ 
Männer Sagegen auflehnen oder nicht. Unſere Aufgabe muß es 
jein, nach Kräften dazu beizutragen, daß die Entwickelung, die zu 
dieſum Ziele führt, ſich möglichſt glatt und raſch vollzieht. 
Richard Weimann. 
Zukunft. 
Von Martin Dreſcher. 
Ein Buch der Könige iſt die Geſchichte 
Der Völker bis auf digen Tag geweſen. 
Auf blutgeiränkien Blättern ſtehn zu leſen 
Erobrernamen, Hof- und Kriegsvberichte. 
Einſt aber ſteigt die Menge zu Gerichie 
Und fegt die Mäcßt'gen aus mit ſcharfem Beſen, 
Dann hebt, vom Dru Des Herrentums genejen, 
Die Welt ſich ſtolz empor zu hellem Lichte. 
Schon glüht voll Kraft ein mutiges Geſchlecht 
Für eine Freiheit, gleiches GlüFf und Recht, 
Und feine Macht kann dieſe Gluten dämpfen. 
. In ihnen fiirbt einſt jeder Völkerzwijſt. 
Heil dir, daß du ein Spätgeborner bijt, 
Den Einheitskampf der Menſchheit mitzufämpfen! 
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Lieit Pfeil und Bogen. 
Von Hans von Siüſji. 
4& Hon ſeit undentlicßen Zeiten und faſt überall auf Erden, mit 
D vSſuySnabhme von Auſtralien, iſt der Pfeilbogen eine Saiupt- 
waife der Naturvölker. Er it jo alt, daß er ji im "Qauf 
der Jahrbunderttauj ende faſt über den ganzen Crdval verre ten 
[onnte. Die Erfindung des Bogens war für die meni<lad 
affentecmnif jo werivoll, daß ihr an Bedeuaung eigentlich 1 UL 
a die der TFeuerwaff2 gleichfo mmt. Wann und ws9 ſie feil: .. 
zum erſtenmal gemacht worden iſt, das iſt heute noc“ cin Raäaitel 
und wird e8 wohl auch immer bleiben. Vielleicht, daß die 
Schwungkraft eines ſeitwärts gebogenen Vaumitämmens d 
Urmenſchen auf den Bogen als Frafterzeuger aufmerkjam gemacht 
hat. Holz war wenigſien3, wie einwandfrei angenommen werden 
fann, das Ausgangsmaierial, denn heute no< wird Holz 1i1d 
Vambu3 überall auf Erden zur Herſtellung des Kfeilbogenzs am 
meiſten verwendet. 
Neben dem einfachen Bogen, der aus einem einzigen S3 
oder Rohr mit großer Sorgfalt zugerichtet wird, aqab cs 1<>v1 
Belg ei höhere T Forin, den aulammengelegten T Bogen. Liu 
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Vritte itefs und, viE und „möglich rT unelaftiſch | (abs aber nas 
der Seite zu abflacht ind fehr dunn wird. u 2. Stab 
verden außen in langwieriger, jorgfälliger Arbeit mehrere Lagen 
naſſer Sehnenfajern aufgeklebt, die na dem Trodnen dem Boge: 
große Feitigkeit und doc) wieder elaſtijge Nacgiebigfeit ver- 
 
 
* 
zurücd, zur beruflichen Ausbildung ceine3 Scriftſteller38 ſci ein Hoch- 
ihulſiudium nicht vonnöten! -- 
In der Neichstagsſizung am 22. Mai 1912 brachten die Abgeordneten 
Heinrich Schulz, Dr. Frank u. a. meine Angelegenheit zur Sprache -- 
unc ohne ſichtbaren Srfolg. Dor Kriegsminiſter nämlich „ſtellte 
reit“, vaß ich vorveſtraſt ſei, daß ich fein Unbeſcholtenheit3zeugnis bei- 
bringen könne und auch nich? von der Zivilbehörde (dem Oberpräfſidiunt 
in Pots dam) von der Pflicht der Beibringung eines folchen entbunden 
worden fei, und daß mir DdesShalb auf Grund der Wehrordnungs- 
beſtimmungen der Berochtigung3ſ<ein nicht erteilt werden könne. Der 
Herr verſchanzte ſich alfo hinter der „Zivilbehörde“! Daß er ſehr wohl 
die Erteilung des Bercechtigungsſ<eines an mich anordnen konnte, geht 
aus einem anderen, in meinem Beſiße befindlichen Schreiben de3 Krieg8- 
miniſteriums Dervor. Der Herr wollte eben nicht! 
Kurze Zeit nach Diejer Neichstagsſikung war die Generalmuſterung, 
auf der i< -- zu meinem größten Grſtaunen = ohne jede Unterſuchung 
um ein Jahr zurüdgeſeBt wurde. Jeßt ſchien mir meine Ge= 
ſchichte wahrhaftig zur Komödie zu werden. Aber das Schönſte kam 
nog! Anfang Januar 1913 wurde eincs 
zirtf8fommando in Berlin bei. meinem Vater angefragt, ob ich mich wohl 
zu einer außerterminlichen Muſterung ſtellen würde und, wenn ja, ob 
iQ ſofort fommen könnte. Natürlich madte ich mich unverzüglich auf 
den Weg, höchſt geſpannt der Dinge, die da fommen ſollten. Jc< wurde 
einem Militärarzt zur Unterſuchung Übergeben, der ſich ſehr erſtaunt 
bei mir nach dem Grunde dieſer ungewöhnlichen Muſterung erkundigte. 
Doch antwortete an meiner Statt ein Offizier, das geſchähe „auf An = 
ordnung von oben!“. Nach der Unterſuchung wurde ich dem -- 
Landſturm ohne Waffe zugeteilt! 
„Markwürdig!“" würde Unkel Bräſig ſagen. J<h war paff. Und 
nod) heute zergrüble ich meinen Schädel darüber, auf Grund welcher 
geſeßlichen Beſtimmungen ich. ſo plößlich aller Sorge und Not enthoben 
Tages telephoniſc; vom Be= 
 
 
ward. Ob man fürctete, ih würde als gerichtlich a 2 
bewußter“ Sozialdemokrat das Yiegiment verpeſien, Dem 1) zur „aus 
bildung“ Übergeben worden wäar2? Lder hat die Miliiärb218 1) 
mit mir Faß und Maus ſpielen wollen und mich, das Mäuszlei in, weil's 3 
ihr T<ließlich unbequem wurde, zuleßt laufen laſten? Daß abcr ails 
ſtändige Menſchen -- und als ſoiche wollen ja wobl die Tona angebenen 
in den von mir angerufenen Inſtanzen gelten -- cinem Webenmenichen 
nur aus Spaß, rein aus Jux, die ſchwerſten ſeeliſwen Qualen bereion 
könnten, iſt doch wohl kaum anzunehmen. Jedenfalls: wenn man mid 
und andere Leiden8genoſſen damit von unſerer proletarijchen Geſinnung 
hat furicren wollen -- dann hat man fich gründlich verrechnet! -- 
Mir find, al3 die oben geſchilderten Begebenbeiten zuerſt bLofannt 
wurden, cine Neivbe von Briefen zugegangen, die von heſtigjten ÜWus= 
drücen gegen die preußiſche „Kultur“ wimmelten. Unter den Bricfa 
ſ<reibern waren manche, die aus ihrem Beruf wußten, wieviel 
moraliſch wirklich unreife und minderwertige Individuen unangefochten 
alljährlich ihr Abiturientenexamen machen dürfen. Freilich jind das 
immer Leute, die nicht in „perſönlichen Beziehungen“ zu einem ſozials 
demokratiſchen Vater ſtehen. -- 
Auch die Erregung, die über die Art meiner Behandlu ng in den 
ſozialdemokratiſchen und auch viclen bürgerlichen Blättern zutage ira, 
zeigte deutlich, wie Nichtvoreingenommene von ſolchem Verfahren 
denfen. Nur eine einzige Zeitung -- die „Rbheiniſc<-Weſifäliſche 
Zeitung“ in Eſſen =-- hatte den Mut, auszuſprehen, mir ſei ſchon recht 
geſchehen. Sie mag ſich ſagen laſſen, daß die ganze prolctarijche 
Jugendbewegung aus ſolchen „hoffnung3vollen Sprößlingen“, wie ich 
einer ſein ſoll, beſteht. =- Und unſere Jugendbewegung wird ſich auch 
den Plaß an der Sonne erkämpfen, der ihr gebührt! In Kämpfen 1i1t 
ſie entſtanden, in Kämpfen wird ſie fortarbeiten an der geiſtigen und 
jittlichen Hebung der in kapitaliſtiſcher Fron ſeufzenden Proletarier 
jugend. Und troß Kampf und Anfeindung wird ſie ſich dur<ſegen!
	        
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