Full text: Arbeiter-Jugend - 6.1914 (6)

Arbeiter -Zugend | 15 
 
 
Auch der innere Auf bau 963 Menichen, das Skelett umd die 
inneren Organe, "timmen mit dem der menjſdgenähnlichen Affen 
im weſentlichen jüberein. „Diejelben zweihundert Knochen, in de 
gleichen Anordnung und „ Oujammenjegung bilden INNnerte 
Fnochengerüſt; dief jelben Dre [Ounvert V2uskeln bewirfen die Be- 
wegungen; die] nIben rubven von Ganglienzellen jeßen den 
kunſtvollen Wunderbau Des Gehirns zuſammen; dastelbe vier- 
fammrige Herz ijt das zentrale Pumpwerk des Blutkre Stauſs, Die- 
ieiben 32 Zähne bilden in der aleichen Anordnung das Ge913 
Dieſelben Speichel-, Leber- und Darmdrüſen vermitteln die Ver- 
SQL: dieſelben Organe der Fortpflanzung ermöglichen die Er- 
haltung des Geſchlechts.“ 
Gegner des Entwidelungsgedai nfens haben auf Unterſchiede 
in der Bez ahnung und in der Zahl der YItipven binge- 
wieſen. Gewif 3 1it es auffallend, daß dic Affen rieſige E&zähne 
veſien und daB die Mahlzähne ver ihnen nach hinten zu an 
Große zunehmen. Aber die gewaltigen Cdzah ne jind eine JUnge 
Erwerbung der Affen, in der Jugend find fie kaum ausgeprägt; 
iind der We eisheits 3 zuhn, Der anſcheinend in der Menſc<h eit in 
raſchem Beric 5winden begriffen iſt, läßt auch bein: O Orang e eine Rück- 
bildung erfennen und variiert (d. b. zeigt wechſelnde ormen) ganz 
außerordentlich innerhalb der WVenſchenrajje und bei den einzelnen 
Vienjſhen: ba 1D fommt er überhaupt ht mehr zum Durch- 
bruch, bald iſt er, wie beim Aunſtralneger, ſcon früh und recht 
jrarf entwidelt: DIe Auftralneger zeige n jogar bisweitlſen Spuren 
cines entwidelung35geſichichtlich noch älteren Bad&zahns hinter dem 
WeiSheit8zahmn. Die Anzahl der Rippen beträgt normal bein 
Menſchen zwölf, bei den menic<henähnlichen Affen meiſt dreizehn. 
Aber eine dreizehnte, biSweilen ſogar eine vierzehnte Rippe it 
wiederholt auch beim WMenj<en beobachtet worden, und unter den 
Affen zeigt eine Orangart regelmäßig nur zwölf, der Gibbon 
durchgängig vierzehn Iippen; aljo auch hier ſind die Extreme, die 
anßerften Gegenſäße, durch zahlreiche ebergänge miteinander OCT 
bunden. 
Jedoch das wichtigſie, der Schadel, die Wirbeljäuaulce, 
DIC Glicedm aßenfnod<hen? Der Affe, mit geringer Schädel- 
hohe, jtarf nach vorn vorſpringendem Over- und Untertiefer, GIN- 
fach gefrämmtem Rückgrat, langen Armen und kurzen Beinen; 
dagegen der Wenſch: zurüctretende Schrauzenpartie, mächtiger 
Schadel, V-förmig gekrümmte Wirbeljäule, kurze Arme und lange 
Baine! Woher dieſer Unterſchied? 
Machen wir uns zunächſt einmal klar, wozu die Knochen 
dienen und wodurc< ihre Form beſtimint iſt. Knochen jind Schuß- 
ind Stüßeinrichtungen De3 Görpers, ind 1hre Sort entſpricht 
dent Zug und Druck vornehmlich der an ihnen entlanglanfenden 
oder an ihnen befeſtigte mn Muskeln. Danach muß es ſofort cin- 
jeuchten, daß em Klettertier iwie der Affe, das fich mit den Armen 
von Aſt zu Aft ſc<wingt, längere Arme hat, während bein auf- 
recht "Hreitenden Gebtier, dem WMenichen, die Beinfnochen eint 
Trößere Länge aufweiſ en. Innerhalb der Menſchheit jelbft aibt 
cs wieder beträchtliche Unterſchiede: die Japaner haben infolge 
das 
ihrer fauernden Lebensweije ſehr iurze Beins, Wüſten- 11m 
Steppenvolker fehr lange, wie die Auftralier, die tagelange Viarche 
machen 1, Un die notwendige Nahrung zu agewinnein. Der folgen- 
icmDertte Unterſchied zwiichen Menich und Affe liegt aber in der 
igenartigen S-formigen Krümmung des menſchlichen Rütgrats, 
na Togenannten bohlen Kreuz. Da3 hohle Kreuz, deſjen mut- 
maßliche Entſtehung an anderer Stelle erörtert werden foll, cer- 
„mögl icht erſt en aufrechten Gang des Menfc<hon, war mittelbar 
die Urſa fache fir den gewaltigen Vorſprung, den die meniſc>liche 
Intelligenz gegenüber der tieriſchen gewonnen vat. 
Die Affen vewegen- ſich durchgängig auf allen Vieren, in den 
Bämninen und auf der Erde; nur ausnahmsweijſe nehmen ſic ge- 
legentlich eine aufrechte Stell ung Gin. Ihre Korpergeſtalt ent- 
pri! daher dam Baut des Vierfüßler3: das Rücgrat, vas ſick) 
die Pfeiler der Vorder- und Hinterbeine ſtüßt, iſt vdrüdenbogen- 
er nig gewölbt. Dabei hängt aber der Kopf jerunter jein Tragen 
bedingt eine beſondere Arbeitsleittung; mächtige Muskeln, die als 
Sintaßfläche maſſige Knochen brauchen, laufen lber das mit aller- 
hand Wülſten und Vorſprüngen verſehene Schädeldach hinweg 
ind find an Knochenfortſäten des Rückgrat8 befeſtigt, den ſogce- 
nannten Dornfortſäßen. Beim aufrechten Gang des Men chen 
balanciert dagegen der Kopf frei auf der Wirbelſäule, nur durc" 
dic Halsmuskeln im Gleichgewicht gehalten. Während die Kopf- 
tragemusteln beim Affen das Schädeldach zuſammendrücden und 
jo das Gehirn in ſeiner Entwickelung hemmen, fällt die] es H111- 
derni8 beim Menſ<en weg: der Schädel vermag ſich nach allen 
Seiten aUS3udehnen. 
Auch die Entwikelung der Sprache ſicht mit der Kopf-, 
als mit der Körperhaltung in engem Zuſammenhang. Der beint 
Vierfüßler herabhängende Kopf läßt den Kehlkopf und vie ſtimmnmi- 
gebenden Muskeln und Bänder nicht zur Entfaltung fommen: DEr 
aufrechte Gang war die Vorbedingung zur Entſtehung einer arti- 
rl ierten Sprache. Damit erledigt ſißh auc< da3 lächerliche An- 
jinnen, daß man einem Affen erſt einmal das Sprechen beibringen 
müſße, ehe man von einer Verwandticßaft mit dem Menichen 
pr -echen fönne. 
Wan hat aus dem Umfang des Gehirn83 einen Sßhliuß zu 
zicben geſucht auf den Stand der geiſtigen Fahigfeiten, und Hat, 
Daran anfnüpfend, behauptet, daß die Kluft, die zwiſchen dem 
Schädolfaſſung3vermögen der menichenähnlichen Affen und dem 
dcs Weenſchen beſtieht, nicht zu überörücen ſei. Der Gorilla hat 
einen Sdqadelinhalt von höchſtens 600 Kubifzentimeter, der 
“ropaer von durc<ichnittlich 1500. Aber die Schädel vorzeit- 
ber Weenithen und menic<henähnlicher Weſen weijen, wie wir 
ater no) erfahren werden, ein viel geringere3 Saiungsver : 
ogen auf; Böſfer, die Heute noch auf niederer Kulturſtufe ſichen 
bejiken cinen fleineren Schädelinnenraum als die Kultu roölfer; 
und innerhalb eine3 Volke3 ſind jelbit bei normalen Schädeln 
Schw; anfungen zwiſchen 800 und 1950 Kubitzentimeter beobachtet 
worden. Die Cniwickelung des Menich<hengehirns it eben noch 
nicht abgeichloſen. Broca wie3 nach, daB Schäde! aus Wariſer 
Gräbern de8 19. Jahrhunderis größer waren als jolche de3 
12. Jahrhundort8; fie ſtanden im Verhälinis 1454 : 1426. Das 
Gehirn 1eibit iſt ſowohl in den Windungen als auch in der arauen 
Gehirn rinde bei Menſchen und Menſc>enaffen gleich gebaut; die 
arößere Einfachheit der Windungen teilt das Affengehirn mit 
dem des menichlichen Weibe8. Und nur zwei beſondere Geoehirn- 
zentren jind dem Menſchen allein eigentümlich, die für Sprechen 
und Lejen; das leßtere ? Zentrum hat fich zudem erſt innerhalb der 
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Bogei Greif. 
Mein Flieger, mein kühner, wo gebis bert 
„Hody) über die Wolfen, ſ<öne Gönnerin 
böber als böchjte Alpenipigzen 
ſof mein Fahrzeugs durchs Weltbiau bli Sen. 
Vogel Greif Heißt dein Tahrzeug? „3 
heut | oll er den Sieg mir greifen. 
hin? 
44 
202-2405. 
ogei Gro; 
x» + 
Du Kühner, du Siolzer, dann nimm mich n ät: 
Und fie jprang in den Siß mit ſtraffem 
Jur an ihrer Bruſt das Blumenſträußgen 
zittierie wie ein geſfangnes Mäuschen, 
als fie fich lachend den Wetterpe!3 
um die ſchlanfen Hüjien legte. 
Es riif. 
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„Du Kühne, du Schöne, wirf weg den „Stranß: 
leicht fliegt ein Biumenblätthen herau 
ein einziges Blättchen ins Jlugwerk verſch: 1Gen 
foſtet uns beiden Kopf und Kragen.“ 
Und während der Vogel GSreif fnratiernd tiicg. 
fobolzte der Sirauß in ein Spornfeid. 
Viertauſend Meter ſtieg er und mehr, 
eiſig freiſjie das Weltblau um ſie H 
aus ſtürzenden Wolken in fjaujſendem Bogen 
tiegen fie lachend, lachend, Und „ſog 
bis die Erde ein fernes Fabe lar 
: Vogel Greif -- da ftodie das 
Da ſioäte das Lachen; nur's Steuer noc< klang. 
ſchrill das Steuer im Gleitflug-Sturmgeiang. 
Durch ſauſende Wolken in ſtürzendem Bogen 
glitten ſie fkeuchend, keugend, und flogen, 
bis die Erde ſchon faſt wieder Erde war: 
Vogel, greif! Da knacte das Sieuer. 
Wie vor zwanzig Minuten der Blumenſtrauß 
fobolzten ſie aus dem Wra> hinaus, 
hinaus, umklammert in..wirbeindem Kreiſe 
mit fliegenden Haaren zur lezten Reiſe; 
du Kühner! du Kühner! klangs geiſterleiſz 
auf ins eitige Weliblau. 
Und als man ſie fand, er atmete noch, 
im Todesfiebertraum ſah er hoh, 
hoch über die Wolken. und hauchte: ſiegen -- 
morgen werden wir höher fliegen -- 
morgen -- 
höher -- -- ' Rich. Dehmel.
	        
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