Full text: Arbeiter-Jugend - 6.1914 (6)

16 | Arbeiter-Jugend 
 
 
ſr 
Das „lebendige“ Maſtodon. 
Die merkwürdigite Quftgeſchihte von Paul S<eerbari. 
€) € m 12. November 1912 war der alte 
g rtut5st und ſandte mir plößlich folgendes Telegramm: 
 
Und das8 ſind natürliche Luftballons =- aus der EiSzeit. 
Sie nicht vom Stuhl. Wir haben drei Stü gefangen. 
ganz leer. Aber im dritten befindet ſich = e3 1 
ein Heines Maſtodon. Drei Meter lang iſt da3 leine Tier. 
viel größer als ein Elefant. 
lebt. Da3 erſte lebendige Maſtodon auf unſerer Erde im ZWaNZIg- ; 
7 
Baron Münchhauſen] in N wech] elt in der Nahrung adb. 
D/E „Hier ſoeben die koloſſalſte Entde>ung gemacht. Seit vielen,“ 
vielen Jahrtauſenden befinden ſich Luftballons in der Erdlü EE "NSchauervolles. 
Nicht « , wie groß er war. 
Und das drolligſte iſt: das Tierchen 4 eine Spur des Gaſes zu entde>en iſt, das den Ballon oben hielt. 
Aber -- 
in China. 
iwas das alles zu jich genommen hat! Wir ſind hier mitten 
Viel Lolt iſt immerzu hier und macht Das Zitr Un- 
ruhig. Wenn da8 Tier nicht immerzu freſſen würde, war's wohl 
gefährlich. Verſchiedene Tierärzte jind hier zur Stelle. Man 
Aber -- wenn das ſo weitergeht, jo 
"iſt das Tier in Jahresfriſt ſo groß, daß es nicht mehr Plaß auf 
dieſer Erde hätte. Ich bitte, Expedition auszurüſten. Mir ſchwant 
Münchhanjen.“ 
Jekt hatten wir die neue Adreſſe und wir telegraphierten nun 
„Sitten um Angabe, woraus der Luftballonſtoff beſtand und 
Ferner bitten wir um Nachricht, ob mch<t noch 
Zwei find « umgehend an den Baron dieſes: 
iſt wirklich wahr --j% 
Ferner bitten wir um Aufklärung, in welcher Höhe die drei EiSzeit- 
x ballons entdedt wurden. Und ſodann um Angabe, wie das HeLr- 
Tier nicht alles auf den Kopf ſtellt, ſo weiß ich tat] ächlich nicht, was | zunterbringen der drei Ballons zur Erdoberfläche bewerkſtelligt 
noh mehr pa) ſieren joll. Teilen Sie dieſe Neuigkeit gleich allen Zei- wurde. Expedition geht heute ab. Die Direktion der A. 5 “ 
tungen mit 111d -auc< der Allgemeinen Geſcllichaft für Luftozeano- A Dieſes Telegramm wurde nicht beantwortet. Unfere De- 
jien Jahrhundert der <riftlichen Zeitrechnung! Wenn das kleine ' 
graphic. Berufen Sie ſich nur auf die Glaubwürdigkeit meines 
anertannien Namens. 
alter „Baron Münchhauſen.“ 
| Das Telegramm koſtete ſehr viel Geld. 
Und, ich lächelte auch. 
- Wa8 war nun zu tun? 
I< ſandte einen Waſchzettel an alle Zeitungen Curopa3 „undi 
begab mich ins Bureau der Allgemeinen Geſellſchaft für Luft- 
ozeanographice. Dort wollte man dem Baron ſofort den Ehren- 
doktortitel verleihen. I< aber riet ab. I< jagte, wir müßten! doch ' 
erſt das Weitere erfahren. Denn -- ſo tm auch alle3 gehalten 
war -- R war doch nicht unmöglich, daß ſich der bekannte, nun 
ſjchon 185 Jahre alte Baron mal einen kleinen Scherz leiſtete, denn . 
die Sache erſchien uns doc< allen wie ein Märchen. Wo kam denn ;: 
das Maßſtodon her? Und im Luftballon drinnen ſollte e3 ſich Jahr- : 
tauſende vhindurc< lebcnd erhalten haben -- ohne Nahrung? 
Wir telegraphierten demnach an den alten Baron gleich das 
Nachſtehende: 
„Beim beſien Willen nicht ſo ohne weiteres 
lebte das Maj iodon? 
Der Poſtbote lächelte. 
zu glauben. Wovon ' 
jich das Unglaubliche bewahrheiten ſollte. 
für L.“ | 
Die Antwort licß nicht lange auf ſich warter 
- "Sie lautete: 
Die Direktion der A. G. 
- „Wovon das Maj jiovon jo lange, lange Zeit gelebt hat? Ja! 
Die verdünnte Luft, in der x 
Das | 
-- das möchten wir aud) gern wiſſen. 
das Majtiodon lebte, iſt ſofort bei der Deffnung entwichen. 
Veaj -iodon lebt und hat eine Badewanne mit friſchen Lachſen, einen 
zwci Meticr langen Spickaal und zweihundert Bratwürſte bereit3 
aufgefreſjen. Jezßt ſieht ſic< das kleine Tier lebhaft und freundlich 
mit den Augen blinzelnd nach mehr um. Und unſer Vorrat muß N 
erneuert werden. Dic Stoßzähne ſind über einen Meter lang. ' 
Sonſt ijt das Tierchen ganz friedlich. Haut dunkelbraun und gar 
nicht faltig wie bei einem Elefanten. Die Ohren verändern ihre 
Farbe, ſind zumeiſt dunkelviolett, ſehen aber auch zuweilen orange- 
farbig aus. Wir fahren heute no< mit dem Tier nach ſüdlicher 
gelegenen Gegenden, werden von dort aus gleich Näheres berichten. 
Wir fürchten nur, daß das Tier ſehr raſch wachſen wird. Und dann 
dürfte doc< die Ernährung eine3 derartigen vorſintflutlichen Mon- 
ſtrums8 mit Schwierigkeiten verfnüpft ſeim. VohachlungSol | 
Münchanjen.“ 
-“ „Da lachten wir alle recht herzlich. 
„7 Aber =- die Geſchichte für einfach aus der Luft gegriffen zu 
halten, dazu hatten wir doch nicht den Mut; der Name Münch- 
vaufen flößte uns doch allen zu großen Reſpekt ein. | 
.. 3“ RYebhaft bedauerte ich, daß wir über die Form de3 Luftballon3 
-- “bei jonders über die Beſchaffenheit der Ballonhülle Näheres nicht 
erfahren konnten. 
des Ergreifens dieſes fabelhaften, uralten Ballons jehr erfreut. 
“Nun mußten wir uns in Geduld faſſen. Und das iſt bekannt-“ 
ieh Zeine Kleinigkeit. | 
“Zwei Tage und zwei N ächte vergingen, ohne daß wir eine : wei“ 
„' 
tete N Se ergielten. > ; 7 II * a "| A 
. &S rannte jede zweite St nde uA. für L. % 2 u 
« Mand alles war vergeblich/? „m EN /Y- "x 8 8. 
Da =- endlich =- der erſehnte 3 Telcgraphenbote 4.75 1 
-„=Er wurde beinahe zerriſſen vor Ungeduld. 
gramm lief Gefahgaebenfalls zerriſſen zu werden. 
jhließlich nog alles gut ab. Münchhauſen telegraphierte: 
- „Die Wachstumsmöglichkeiten ſind in den lekten zwei Tagen 
“pe ichen begannen ſich zu kreuzen. 
Heute iſt eben alles möglich. I< bin Ihr ; ö 
emtnttet 
% , 00) nicht alle Tage. 
opfere mein ganzes Vermögen und meinen ganzen Kredit. 
Und -- wie ſieht denn der Iaturballon aus? - 
Bitte mmgeßend Nachricht. Wir iter jofort Expedition aus, wenn“ Aufregung. 
Siherm Veeerce3ſpiegel gefangen. 
"da ſie uns ploöglich höher 3ogen. 
Auch hätte uns eine Bemerkung über die ? rtf ſintflutlichen Tieres doch. 
5 ; von zu vielen Gohlrüben plößlich am Herzſchlage verendet. 
Doch es ging 
Münchhauſen drahtete danach: 
„Das Unglück wird immer größer. Da3 kleine Tier iſt jeht 
„ IOon fünf Meter lang. Die Ruſſen, die hier ſind, haben - be 
[3 Ichlofy en, das Tier zu toten. JS) wider! eBße mid) dem Darbariſcher 
'' Vorgehen mit allen Kräften. Aber id fürchte, ſie werden nicht 
jiark genug jein. Bitten Sie umgehend die Kaijer und Könige 
* von ganz Europa, bier cin Machtwort zu ſprechen. Wir müſſen 
' doh ſehen, wa3 aus der ganzen Geſchichte wird. So was paſſiert 
Wir werden nicht jobald ein neue38 lebendiges 
Maſtodon entdecken. Bitten Sie die Direktoren der zoologiſchen 
' Gärten um Unterſtüßung. Laſſen Sic Viillionen aufbringen. 5< 
Dieſe 
Ruſſen find ein zu barbariſche3 Volk. Sie verdienen die Prügel, 
"ie Hie jonjt befommen, durchaus. Da38 ſind ja alles die reinen 
“Henkers8knechte. Bieten Sie auf, wa38 Sie können. Hier 1jt 1ede 
“ Minute Milliarden wert. Schon iſt das Tier fünfeinhalb Vtetcr 
fang. Die Ruſſen werden immer rabiater. Sie laden ſ<*on die 
- Gewehre. I< flehe Sie an, ſofort dem Kaijer von Rußland zu 
' telegraphieren. Ich bin außer mir. Ihr aer Münchhauſen.“ 
Dieſes Telegramm verfezte uns natürlich in einc ungeheure 
Und in Kürze jeidten wir ſoviel Telegramme ab, daß unfert 
: gef jamten Ausgaben für Depeſchen im den lezten drei Tagen 11n8- 
„. Sejamt 35 000 Wark betrugen. 
un kam auch Aniwort auf unfere Depeſche von dem alten 
Varon, ſie lautete: 
„Die Ballons wurden oben in der Luft ungefähr 7000 WMeter 
unterbringen war unmöoglidy), 
Wir aljo, ſone entſchloſſen, 
//Ichnitten alle drei Ballon3 auf. Im dritten fanden wir das ver- 
gnügte Majſtodon, das jekt den Tod vor Augen ſieht. Z< babe 
den Ruſſen allen Whisky gegeben, den ich auftreiben konnte. Aber 
„DIE Gerls können ja ſo ſchrecklich viel vertragen. Die drei Ballons 
7 "waren übrigens durch Schlinggewächſe aneinandergefettet. Durch 
; eine Unvorſichtigfeit des 
| erſten Steuermanns ging die ganze 
Ballonhülle leider über Bord. Nur das kleine Maſtodon blieb bei 
zuns und verurſachte, daß wir mit unheimlicher Geſ<windigtkeit 
“hinunterſanken und bei Irkut3k landeten. Tun Sie bloß, was in 
ibren Kräften ſteht. 
4 werden dabei immer 'blutgieriger. 
Die Ruſſen trinken wie die Tollen. Aber ſie 
Wenn ich das Weaſtodon nur 
; fortichaffen könnte. I<h kann mich doch mit dieſen Gerls nicht 
3 Ichießen. Außerdem würde hier die Gewalt alles vernichten. Helfen 
Sie Ihrem alten Baron VMünchhauſen.' 
„? Run wußten wir alles. 
3 Gleichzeitig ahnten wir aber auch, wie alles enden wiirde. 
Der Baron iſt ein ſtarker Mann. 
7 0 Aber -- wie Follte er gegen berauſchte Ruſſen aufkommen? 
1 * Außerdem -- eine Gefahr ſtet in dem Weiterfüttern des vor- 
Allerdings: Hundert Meter könnte cs 
; Ichon lang werden. 
Aber -- kann's nicht no<€ bedeutend länger werden? 
Dieſe Frage wurde durch das nächſte und letzte Telegramm 
„leider -- leider -- endgültig beantwortet. 
Münchhauſen drahtete: 
„Kleines Tier ſieben Meter lang geworden und dann infolge 
Die 
Ruſſen ſind ſehr vergnügt. Die meiſten ſchlafen ſhon. I< ſorge 
Und das Tele- /: dafür, daß das Maſtodon dem Berliner Naturhiſtoriſc<en Muſeum 
“1 überwieſen wird. E35 muß in Spiritu3 eingeſegt, „verdenſ> Armes 
? / feines Tier! | FA: | 
Der alte Münchhauſen. KX NT 
Das iſt in aller Kürze die Geſchichte, die a GIER 
ufgeregt 
anz rapide geſtiegen eßt iſt das Tierchen ſchon vier Meter lang / what --- wohl die merkwürdigſte Luftgeſchichte.' 4 / . 
Verantwortlich für die Redaktion: Karl Korn. -- Verlag: Fr. Ebert (Zentralſtelle für die arbeitende Jugend Deutſchland38). -- Dru>: Vorwärt3 Vuchdru>erei u. Derlags- 
. anſtalt Paul Singer & Co. Sämtlich in. Berlin. | | ummmn 
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