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ihnen, ſeine nec>kiſ<e Innigkeit und lei)
feines muſifaliſchen Gefühl.
Arbeiter- Jugend
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Herm
9i3 man mit Hilfe der Beiſpiele genau weiß, wa8 Beugung ift,
was ein Tätigkeit3wort, was die Duldeform oder die Ungewiß-
heit8Sform bedeutet, das iſt notwendig. Iſt dieſe Sicherheit erreicht,
jarf man auch flugs bis Seite 97 überſchlagen und braucht dort
vorerſt wieder nur die Erklärung ver grammatiſchen Ausdrüce,
vie ſich auf die Saßlehre- bezichen, lernen. Was iſt eine Bel-
fügung, was eine Umſtands8beſtimmung, was verſteht man unter
SFaßausSiage, Wunſchſaß oder indirekter Erganzung uſw. Sat fich
cr Fleiß mit Schweiß ſo in etwa fec<s Stunden (6 mal 1! Nicht
«hoa 1 mal 6!) dur dieſe Seiten 3 bis 16 und 97 bis 113 durch-
gefreſſen, dann mag man das Buch -- fortlegen, bi8 man es
ßraudt. Wenn man kein fauler Dachs iſt, braucht man es aber
gald: bei jedem Bericht, bei jedem Vortrag, bei jedem Brief!
xawohl! Und nun, fo von Fall zu Jall, geht das eigentliche
Studium im Lernbuch erſt eigentlich an; denn was bisher gejc<hab,
903 diente lediglic< dazu, ſich in deim Buch zurechtfinden zu fonnen
md das Nachſchlagen und Nac<hforichen zu erlernen. Von nun
an foll es aber 19 zugehen mit dem Lernen:
Da ſikßt zum Beiſpiel einer und ſoll in einem Protokoll auf eine
vernünftige, Lare, einfache und dabei ſprachlich richtige Art zum
Au8dru> bringen, daß: 1. A. geſprochen hat; 2. lang und gründ
lich geſprocßen hat; 3. die leßte Verſammlung dur< die Polizet
aufgelöſt worden iſt (hat er geſagt); 4. deShalb der Verſamm-
[ungs8zwe> durch Veröffentlichung durch den Dru erreicht werden
muß (hat er geſagt). Da ſtellen ſich nun beim Verſuch der ZU-
jammenfügüng eines Saßes bald allerlei Schwierigkeiten heraus.
Heißt e3: in einer langer gründlichen Rede, oder: in einer langen
jründlichen Rede? Das lekte könnie wohl ſtimmen, aber ſicher iſt
ficher, und wenn =- warum? = Aus den Vorſtudien weiß man,
da3 es ſich um die Beugung beigefügter Clgen-
ihaft38worte handelt, alſo auffchlagen S 46 Seite 80 und
folgende! Da ſteht38: Seite 83, 2. Abſas. Dazu die Fußnote Nr. 2.
lind hat man das nun verſtanden und ge lernt, dann: Uebung
nach den Beiſpielen des 8 47.
tun weiter!
Wie heißt3: daß die Polizei die Verſammlung aufgelöſt hat
oder „habe“, und: der Verfammlungs3zwe> müſſe over „müßte“
erreicht werden? =- Der Vorgelübte wird herausfinden, daß es
ich hier um Ausfageſäße in der indirekten Rede im allgemeinen
und über den Gebrauc< der Ausfageweiſe im beſonderen handelt
und wird die Paragraphen 74, 76, G, (8 und 79 zu Rate ziehen.
Zeite 125, leßter Abſaß, Seite 126, oben zweiter Abſaß, Seite 127
geben Aufſ<luß, aus der Beiſpieliammlung wird das 19. al35 das
zutreffende für den auszudrückenden Wunſch des Redners erfannt
werden, und die Einprägung des kurzen Abſchnittes über die
indirekte Rede wird die allgemeine Fügung nicht nur des eben zu
formenden Saße8, ſondern auch die zukünftigen Säße erleichtern.
Durc< dieſe Methode der Selbſtbelchrung von Fall zu Fall,
die vor ein bißchen Plage (Nachdenken und Einprägen) nicht
zurücſchrecden darf, wird man bei jeder neuen Aufgabe Neues
lernen, und das Buch Roen8gens, mit dem man ſo nac und nach
immer vertrauter wird, bleibt dann ein nüßlicher, treuer Freund
md Berater, von dem der fonſeaquente Benutzer nach ein paar
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Monaten ſc<on wird anerkennen müſſen: Donnerwetter, eine ganze
Menge hab ich daraus gelernt! 0. K.
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Büder für die Jugend.
O5kar Wöhrle. Die frühen Lieder. Verlag J. Schnader, Stutt-
gart 1914.
Der Dichter dez Bal damus, jener friſch-derben Wanderburſchen-
und Fremdenlegionärs3geſchichte, die jeder junge Arbeiter geleſen haben
jollte, hat nun auch feine „frühen Lieder“ der Oeffentlichkeit übergeben.
Wollt ihr wiſſen, was c<te, feine Lyrik 11:12 Dann ſ<lagt das Büch-
lein auf! Wunders genug iſt darin. Wie dem Durtjtigen ein friſcher
Trunk Waſſer3 aus der Felſenquelle ſ<me>t, ſo haben uns Dieſe Lieder
gemundet, E32 iſt die licbe, einfache Klarheit des alten VolksliedS in
'e Schwermut, vor allem aber
Geſungen ſollten fie werden, Melodien
dazu ſollten wir haben. -
Aber es iſt nocß mehr in dieſem Büchlein. Es ſind Töne da, dic
rühren an die Geheimniſſe und Quellen allen - Lebens. Mit leiſen
Bangen wirit der Dichter die Frage auf: Wozu ich wohl geleuchiet hab?
--“ Ticf aus dem Erleben des notgetriebenen Urbeiters heraus ſind
Gedichte wie „Der einzige Ton" oder „So mander mich richtet“. Auch
hier klingt immer wieder die Frage vor nach dem Sinn dieſes Daſeins.
Wer weiß Aniwort?
„So eng dieſer Kreis,
So dunkel das Leben,
Daß Feiner von uns
Um fein Königtum weiß.“
Mit der Einberufung zum Militar I<Oließt das
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Antwort geben in ungemein ſchöner, echt poetijher Form Die beiden
lehtem Gedichte des Bande3. -- Die volle Aehre will wieder zur Wurzet?
„Gntrückt der grünen Grde
Geht fie mit frommem Sinn
Zu einem neuen „Werde!“
In gläubiger S<önheit hin.“
Das iſt unfere8 Lebens Sinn und Zwe: Daß wir Frucht tragen, die
weiter wirkt in neuem Leben und Werden. |
Wir wiſſen das leßte Ziel des Weltgeſbehens nicht. Höchſtens, daß
wir cs dunkel ahnen. Wir wiſſen aber, daß wir wirkende Glieder ſind
einer großen Entwidlung, die aufwärts führt aus Dunkel und Barbarei
zur Sonne und edlem Menſchentum.
Etwa3 von der hohen Lebensphiloſophie Goethes, von der jprach-
lichen Muſik und dem innigen Naturgefühl eines Cduard Mörike 113 in
dieſem früheren Textilarbeiter Wöhrle. Aber auch die dem modernen
Arbeiter eigene herbe Kraft. Viellcicht gibt Wöhrle uns bald Gelegen-
keit, auch eine Sammlung ſeiner Arbeitergedichte im engeren Sinn an
dicicx Stelle zu empfehlen.
Wie alle gute Poeſie, iſt Wöhrle3 Lyrik wundervoll geeignet, das
Gemüzgsleben der Jugend zu vertiefen und zu veredeln. Es jind ichon
lange nicht mehr j9 zarte, in Humor und Grnit [ſo reine Lieboslicder
oeichrieben worden. Die ſc<öne Lebendigkeit der Naturpoeſie, das von
leichter Schivermut umwobene Srübein und Forſchen nach dem tieferen
Sinn alle8 Sein3, das Liedermäßige, Melodiſche der Form -=- aües
das muß dieſe Gedichte unſerer geiſtig erwachten Proleiarierjugens lieb
machen. G. Hoernle.
X
Otto Krille: „Unter dem Joch“. Geſchichte einex Jugend. Dertin,
Egon Fleiſchel u. Co. Pr. 3 Vil.
Dor Dichter des „ſtilſen Buches“, auf das wir unlängſt hinweiſoti
fonnten, bat jeßt jeine Jugenögeſchicgte in Buchform Betäusgebradt.
Manchem mag ſich ja, noch bevor er die Letftüre begonnen, die Frage
aufdrängen, ob es angebracht iſt, in dem Aitor eines Wordenden, in
dem Krille jekt doch noch immer ficht, ſchon an die teilweiſe Herau3gabe
ſeinex Memviren zu gehen. Troßdem aber fönnen wir die vorliegon35t
Jugcndbeichte de3 Proletarierdichters mit aufrichtiger Freude HCgrÜßei.
denn ſein Buch iit fchlict und ehrlich geſchrieben und nici mit 1ogialcr
Weohleidigkeit und düſterer ElendSsmalorci bei?mwvert.
Frille3 Buch gliedert fic in drei ſcharf voneinander getronnio Tete:
Die erſte Kindheit behandelt der eine, das Leben in der Soldaieninaven-
Grzießung2anſftalt und in der Unteroffiziervorſichule Der andorg, Dit
Nöte des jugendlichen Fabrifarbeiters der driite. In Not und Slend
geboren, muß er durc Net und Glend feinen Weg zur perſönliche?
Freihoit wandern. Um das Leven einer Armenbausfamilie ranfen 1einc
erſfien Grinnerungen. Mitzachtung ſozial Beſiergeweürer und irafſen
NusSbeutung ſeiner ſchiver arbeitenden Muxcter und der gleich Dieter 1:
Sklavendienſt des ländlichen KapitaliSmus fronenvden Geſchwiiier Um
vüſtern ihm die Bilder ſeiner erſten Kindorjahrs. Dann geht es hin
in das militäriſche Joch. Verlogenheit und geinivtender Drill ens
die für alle3 Schöne empfänglichen Sinne des jungen, allmädiich 3
Porſönlicfeit erwachenden Menſchen ein. Übe fie tvien feinen Liz
hunger und ſeinen Freihceitsdurſt nicht as. Mit jedem WLELICHDEN. Taue
fühlt ex, der ſogar einmal einen crfolglojfen Fluciveriuc) nacht, 11
unglüclicher in der verbaßten Umgebung. Endlich IcGlugt ic Siund2
der Freibeit: er ift für den UnteroffiziexSderuf nicht gecignet. Nur
geht es ins Leben hinaus. Nacheinander vorjucht nim Kriſe ais
Schreiber, Spuler, Arveiier in einer Hutfabril, Maritthelfer iiw. Un
überall umfängt ihn das gleiche Glend, peitſcht ihn die gleiche Not. Die
Ausſichtsloſigfeit ſeines Proletarierlebens hämmert iom, der Jon itt
ganz jungen Jahren manches Gute vom Sozializmus gebört, dic Pflicn
des Klaſſenkampfes ein: Krille wird Sozialdemotrat, beſucht vegeiſert
die Verſammlungen, in denen Bebel, Liebknecht U. a. ſprechen, betätigt
fich in Bildungsvereinen, lieſt ſozialdemokratijche Bücher, Zeitungen Und
Zeitſchriften. | ! IECX
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Nebenbei erwacht immer ſärker der Dichter in ihm, 20x
fich idon in ganz jungen Jahren in gelegentlichen Verſuchen kundgetan.
Buch, das auch die
„Jugenderinnerxungen“ Krilles enthält, die vor einigen Jahren in Diejen
Blättern zum Abdruck gelangt jiud.
Doch nicht dieſe proletariſche Jugendgejchichte an Unv für NO
c3, die feſſelt. Sic iſt jo typiſch in ihrer Art, daß ſie auch von manchom
anderen erlcbt und erzählt ſein könnte. Was uns an dieſer Boichto
zwingt, das Buch nic<t früher aus der Hand zu legen, als bis wir cs
zu Ende geleſen haben, it di2 Perſönlichkeit, die aus den Zeilen ipricht.
Wir ſehen einen Menſchen wachſen und ſich in jeinen ihm angeborenet:
Geiſte8gaben entfalten, obwohl Not und Zwang, Niedertracht und Bo-
vrücdung nie von ſeinem Lebenspfade weichen. Sein ſtarrer Jungentros
geht ſchließlich doch als Sieger hervor, veni ex hütet ihm das Heiligtum
ſeiner Scele: ſeine veiche Gmpfänglichfeit für alles Edle, Schduc Un
Gute. Und daneben ſpielt noch ein zweiter, beachtenswerter Zug in dem
Loben dicſes viel und hart herumgeiſtoßzenen Proletarierkindes: einc
rührende Licbe zu ſciner in allen Cebenänöten aufrecht ſichenden
Mutter. ,
In ſchlichter, und gerade deShalb uns um 12 tiefer ergreifender
Sprache ſchildert uns Krille den Leiden3weg ſeiner Jugend. Gar
mancher wird de3halb aus ſeinem Buche lernen, zumal es vielen äbn=
lich ergangen ſcin wird; Eltern und Grziehern fann es nur ans
gelegentlich als Lektüre empfohlen werden; der jugendliche Arbeiter
Tchließlich wird in ihm nicht nur einen guten und geeigneten Unter-
haltungsſtoff finden, ſondern auch manchen beachtenäwerten Fingerzeig
dafür, welche Wege cr zu wandeln hat, wenn cr cin feibltbewußter,
freier und aufrechter Mann werden will. L. L.